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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

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III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
Dasjenige in einer Fabrik zu Ota bei Yokohama, wo man vor 12
Jahren 50 Personen beschäftigte, um Vasen, Theedosen, flache Teller
und verschiedene andere Gegenstände aus Kupfer mit Zellenschmelz
zu versehen, möge hier als Beispiel dienen.

Die fertigen Gefässe werden oben mit einem nach innen und aussen
übergreifenden Messingrand versehen, und mit einem angelötheten
messingernen Boden nebst Rand und Füssen unten. Man zeichnet die
Verzierungen, und zwar in der Regel nach Vorlagen, mit Bleiweiss-
firniss vor. Der Arbeiter bedeckt hierauf die Vorlage mit einer durch-
sichtigen Glasplatte und setzt auf derselben die Zellen, welche Um-
risse von Blumentheilen, Blättern, Federn etc. oder auch von den
Figuren darstellen, die als allgemeines Flächenornament dienen
sollen, zu dem gegebenen Bilde zusammen und zwar mit schmalen
Messingstreifen, die entweder schon gegossen waren, oder die er selbst
mit Hülfe einer Drahtzange je nach Bedürfniss biegt. Um ihnen in
letzterem Fall die Elasticität zu nehmen, müssen sie vorher geglüht
werden. Hat er auf diese Weise die Figuren, z. B. eine Blüthe oder
ein Netz von Maschen zusammengestellt, wobei die Metallstreifen
natürlich auf ihre eine Schmalseite zu stehen kommen, so findet die
Uebertragung auf die entsprechende Zeichnung an dem zu emailierenden
Gegenstande statt. Das Befestigungsmittel, eine Art Salepschleim,
liefern die Biyaku-gu oder Wurzelknollen einer Orchidee, Shuran
(Bletia hyacinthina R. Br.) genannt. *) Sie werden auf rauher Haihaut
(Same-no-kawa) zerrieben und mit kochendem Wasser in eine dick-
klebrige Flüssigkeit verwandelt. Man bestreicht mit dieser mittelst
eines Pinsels die vorgezeichneten Stellen und setzt die Zellenwände
darauf. Nach dem Trocknen haften sie so fest an der Unterlage,
dass nun zum Aufschmelzen des Lothes geschritten werden kann.

Dieses Ro (Loth) stellt einen grauen Körper dar, welchen man
durch Zusammenschmelzen von 8 Teilen Messing, 7 Teilen Zinn
und 10 Teilen Zink erhält. Beim Gebrauch setzt man 10 Teilen
dieser pulverisierten Legierung 3 Teile Borax und so viel Wasser zu,
dass eine breiige Masse entsteht, mit der man die Berührungsstellen
der Cloisons mit dem Excipienten bestreicht. Hierauf erwärmt man
die Gegenstände über gelindem Kohlenfeuer, wobei das Loth bald

*) Diese Orchisart, die sich durch prächtig rothe Blüthen auszeichnet, fand
ich im südlichen Japan einmal in grosser Menge auf einer unbebauten Hügelseite.
Sie kam schon 1802 nach England und scheint mit Epidendrum tuberosum Lour.
(Lour. flora cochinchinensis pg. 639) identisch zu sein, von welcher der Verfasser
angibt, dass sie in Gärten von China und Cochinchina cultiviert werde.

III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
Dasjenige in einer Fabrik zu Ôta bei Yokohama, wo man vor 12
Jahren 50 Personen beschäftigte, um Vasen, Theedosen, flache Teller
und verschiedene andere Gegenstände aus Kupfer mit Zellenschmelz
zu versehen, möge hier als Beispiel dienen.

Die fertigen Gefässe werden oben mit einem nach innen und aussen
übergreifenden Messingrand versehen, und mit einem angelötheten
messingernen Boden nebst Rand und Füssen unten. Man zeichnet die
Verzierungen, und zwar in der Regel nach Vorlagen, mit Bleiweiss-
firniss vor. Der Arbeiter bedeckt hierauf die Vorlage mit einer durch-
sichtigen Glasplatte und setzt auf derselben die Zellen, welche Um-
risse von Blumentheilen, Blättern, Federn etc. oder auch von den
Figuren darstellen, die als allgemeines Flächenornament dienen
sollen, zu dem gegebenen Bilde zusammen und zwar mit schmalen
Messingstreifen, die entweder schon gegossen waren, oder die er selbst
mit Hülfe einer Drahtzange je nach Bedürfniss biegt. Um ihnen in
letzterem Fall die Elasticität zu nehmen, müssen sie vorher geglüht
werden. Hat er auf diese Weise die Figuren, z. B. eine Blüthe oder
ein Netz von Maschen zusammengestellt, wobei die Metallstreifen
natürlich auf ihre eine Schmalseite zu stehen kommen, so findet die
Uebertragung auf die entsprechende Zeichnung an dem zu emailierenden
Gegenstande statt. Das Befestigungsmittel, eine Art Salepschleim,
liefern die Biyaku-gu oder Wurzelknollen einer Orchidee, Shuran
(Bletia hyacinthina R. Br.) genannt. *) Sie werden auf rauher Haihaut
(Same-no-kawa) zerrieben und mit kochendem Wasser in eine dick-
klebrige Flüssigkeit verwandelt. Man bestreicht mit dieser mittelst
eines Pinsels die vorgezeichneten Stellen und setzt die Zellenwände
darauf. Nach dem Trocknen haften sie so fest an der Unterlage,
dass nun zum Aufschmelzen des Lothes geschritten werden kann.

Dieses Rô (Loth) stellt einen grauen Körper dar, welchen man
durch Zusammenschmelzen von 8 Teilen Messing, 7 Teilen Zinn
und 10 Teilen Zink erhält. Beim Gebrauch setzt man 10 Teilen
dieser pulverisierten Legierung 3 Teile Borax und so viel Wasser zu,
dass eine breiige Masse entsteht, mit der man die Berührungsstellen
der Cloisons mit dem Excipienten bestreicht. Hierauf erwärmt man
die Gegenstände über gelindem Kohlenfeuer, wobei das Loth bald

*) Diese Orchisart, die sich durch prächtig rothe Blüthen auszeichnet, fand
ich im südlichen Japan einmal in grosser Menge auf einer unbebauten Hügelseite.
Sie kam schon 1802 nach England und scheint mit Epidendrum tuberosum Lour.
(Lour. flora cochinchinensis pg. 639) identisch zu sein, von welcher der Verfasser
angibt, dass sie in Gärten von China und Cochinchina cultiviert werde.
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[588/0646] III. Kunstgewerbe und Verwandtes. Dasjenige in einer Fabrik zu Ôta bei Yokohama, wo man vor 12 Jahren 50 Personen beschäftigte, um Vasen, Theedosen, flache Teller und verschiedene andere Gegenstände aus Kupfer mit Zellenschmelz zu versehen, möge hier als Beispiel dienen. Die fertigen Gefässe werden oben mit einem nach innen und aussen übergreifenden Messingrand versehen, und mit einem angelötheten messingernen Boden nebst Rand und Füssen unten. Man zeichnet die Verzierungen, und zwar in der Regel nach Vorlagen, mit Bleiweiss- firniss vor. Der Arbeiter bedeckt hierauf die Vorlage mit einer durch- sichtigen Glasplatte und setzt auf derselben die Zellen, welche Um- risse von Blumentheilen, Blättern, Federn etc. oder auch von den Figuren darstellen, die als allgemeines Flächenornament dienen sollen, zu dem gegebenen Bilde zusammen und zwar mit schmalen Messingstreifen, die entweder schon gegossen waren, oder die er selbst mit Hülfe einer Drahtzange je nach Bedürfniss biegt. Um ihnen in letzterem Fall die Elasticität zu nehmen, müssen sie vorher geglüht werden. Hat er auf diese Weise die Figuren, z. B. eine Blüthe oder ein Netz von Maschen zusammengestellt, wobei die Metallstreifen natürlich auf ihre eine Schmalseite zu stehen kommen, so findet die Uebertragung auf die entsprechende Zeichnung an dem zu emailierenden Gegenstande statt. Das Befestigungsmittel, eine Art Salepschleim, liefern die Biyaku-gu oder Wurzelknollen einer Orchidee, Shuran (Bletia hyacinthina R. Br.) genannt. *) Sie werden auf rauher Haihaut (Same-no-kawa) zerrieben und mit kochendem Wasser in eine dick- klebrige Flüssigkeit verwandelt. Man bestreicht mit dieser mittelst eines Pinsels die vorgezeichneten Stellen und setzt die Zellenwände darauf. Nach dem Trocknen haften sie so fest an der Unterlage, dass nun zum Aufschmelzen des Lothes geschritten werden kann. Dieses Rô (Loth) stellt einen grauen Körper dar, welchen man durch Zusammenschmelzen von 8 Teilen Messing, 7 Teilen Zinn und 10 Teilen Zink erhält. Beim Gebrauch setzt man 10 Teilen dieser pulverisierten Legierung 3 Teile Borax und so viel Wasser zu, dass eine breiige Masse entsteht, mit der man die Berührungsstellen der Cloisons mit dem Excipienten bestreicht. Hierauf erwärmt man die Gegenstände über gelindem Kohlenfeuer, wobei das Loth bald *) Diese Orchisart, die sich durch prächtig rothe Blüthen auszeichnet, fand ich im südlichen Japan einmal in grosser Menge auf einer unbebauten Hügelseite. Sie kam schon 1802 nach England und scheint mit Epidendrum tuberosum Lour. (Lour. flora cochinchinensis pg. 639) identisch zu sein, von welcher der Verfasser angibt, dass sie in Gärten von China und Cochinchina cultiviert werde.

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 588. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/646>, abgerufen am 24.11.2024.