breiig dicken Schleim aus den Knollen der Bletia hyacinthina, kein Loth oder Ro. Nach dem Trocknen des Bindemittels werden die Zellen ganz so mit den breiigen Emailfarben gefüllt, wie sonst. Auch hier schmilzt man die einzelnen, lufttrocknen Farben nicht für sich, sondern alle auf einmal ein, und hat desshalb durch verschiedene Mengen Flussmittel, wie sie Uebung und Erfahrung lehrten, die Mischungen so herzustellen, dass das Schmelzen aller bei gleicher Hitze möglich wird. Durch das Schwinden der Emailmasse beim Ein- brennen und das Entweichen von Luftbläschen entstehen auch hier Risse, Löcher und Gruben, welche zunächst ausgefüllt werden müssen. Hieran schliesst sich ein zweiter Brand; dann folgt das erste Ab- schleifen, ein nochmaliges Nachfüllen und ein drittes Brennen, dem sich oft noch ein viertes anreiht.
Bei dem Awata-yaki verknüpft man in besonders wirksamer Weise polychrome Malerei mit Verzierung durch verschiedenfarbigen Zellenschmelz. Die für erstere bestimmten Partieen der Gefässe bilden scharfbegrenzte Medaillons von verschiedener Gestalt und Grösse, welche in der Regel etwa 1 mm tiefer liegen. Auf dem kupfernen Becher (Tafel XXIV) ist diese Decorationsweise nachgeahmt, doch so ab- geändert worden, wie es die Beschaffenheit der Unterlage erheischte. Wir erblicken da ein Medaillon, welches von einer grossen breit- wandigen Messingzelle umrahmt und mit weisser Emailfarbe gefüllt wurde. Auf diese Emailunterlage hat der Decorateur sodann mit grüner und blauer Muffelfarbe, sowie Gold das Farbenbild aufgetragen und eingebrannt. Hier ist also die Herstellung des Zellenschmelzes der Aus- schmückung des Medaillons mit Päonie und fliegendem Schmetterling vorausgegangen.
In Nagoya hat man nicht blos den Zellenschmelz auf Kupfer zu- erst entwickelt, sondern ist vor etwa 20 Jahren auch in der Ueber- tragung des Verfahrens auf Thonwaaren als Wegweiser Kioto voran- gegangen. Porzellanvasen aus Seto werden in ihm aber noch auf eine andere eigenthümliche Weise verziert, die man als Nuri-shippo oder Shippo-urushi bezeichnet. Es ist eine besondere Form der Aus- schmückung von Thonwaaren durch Lackmalerei. Wie bei Toki- shippo wird ein Netz von Messingzellen hergestellt; doch dient dabei als Befestigungsmittel nicht Biyaku-gu, sondern ein Gemisch von Kleister mit Seshime-urushi. Zur Ausfüllung der Zellen wendet man statt Schmelzfarben die bekannten Grundierungsmittel für Lackarbeit, einen Brei aus Tonoko und Wasser und darauf das Sabi, oder Tonoko mit Seshime vermengt, an. Das Abschleifen nach dem Trocknen er- folgt mit einem Sandstein, dem Omura-do, dann Anstrich mit Seshime
9. Emailindustrie.
breiig dicken Schleim aus den Knollen der Bletia hyacinthina, kein Loth oder Rô. Nach dem Trocknen des Bindemittels werden die Zellen ganz so mit den breiigen Emailfarben gefüllt, wie sonst. Auch hier schmilzt man die einzelnen, lufttrocknen Farben nicht für sich, sondern alle auf einmal ein, und hat desshalb durch verschiedene Mengen Flussmittel, wie sie Uebung und Erfahrung lehrten, die Mischungen so herzustellen, dass das Schmelzen aller bei gleicher Hitze möglich wird. Durch das Schwinden der Emailmasse beim Ein- brennen und das Entweichen von Luftbläschen entstehen auch hier Risse, Löcher und Gruben, welche zunächst ausgefüllt werden müssen. Hieran schliesst sich ein zweiter Brand; dann folgt das erste Ab- schleifen, ein nochmaliges Nachfüllen und ein drittes Brennen, dem sich oft noch ein viertes anreiht.
Bei dem Awata-yaki verknüpft man in besonders wirksamer Weise polychrome Malerei mit Verzierung durch verschiedenfarbigen Zellenschmelz. Die für erstere bestimmten Partieen der Gefässe bilden scharfbegrenzte Medaillons von verschiedener Gestalt und Grösse, welche in der Regel etwa 1 mm tiefer liegen. Auf dem kupfernen Becher (Tafel XXIV) ist diese Decorationsweise nachgeahmt, doch so ab- geändert worden, wie es die Beschaffenheit der Unterlage erheischte. Wir erblicken da ein Medaillon, welches von einer grossen breit- wandigen Messingzelle umrahmt und mit weisser Emailfarbe gefüllt wurde. Auf diese Emailunterlage hat der Decorateur sodann mit grüner und blauer Muffelfarbe, sowie Gold das Farbenbild aufgetragen und eingebrannt. Hier ist also die Herstellung des Zellenschmelzes der Aus- schmückung des Medaillons mit Päonie und fliegendem Schmetterling vorausgegangen.
In Nagoya hat man nicht blos den Zellenschmelz auf Kupfer zu- erst entwickelt, sondern ist vor etwa 20 Jahren auch in der Ueber- tragung des Verfahrens auf Thonwaaren als Wegweiser Kiôto voran- gegangen. Porzellanvasen aus Seto werden in ihm aber noch auf eine andere eigenthümliche Weise verziert, die man als Nuri-shippô oder Shippô-urushi bezeichnet. Es ist eine besondere Form der Aus- schmückung von Thonwaaren durch Lackmalerei. Wie bei Toki- shippô wird ein Netz von Messingzellen hergestellt; doch dient dabei als Befestigungsmittel nicht Biyaku-gu, sondern ein Gemisch von Kleister mit Seshime-urushi. Zur Ausfüllung der Zellen wendet man statt Schmelzfarben die bekannten Grundierungsmittel für Lackarbeit, einen Brei aus Tonoko und Wasser und darauf das Sabi, oder Tonoko mit Seshime vermengt, an. Das Abschleifen nach dem Trocknen er- folgt mit einem Sandstein, dem Omura-do, dann Anstrich mit Seshime
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9. Emailindustrie.
breiig dicken Schleim aus den Knollen der Bletia hyacinthina, kein
Loth oder Rô. Nach dem Trocknen des Bindemittels werden die
Zellen ganz so mit den breiigen Emailfarben gefüllt, wie sonst. Auch
hier schmilzt man die einzelnen, lufttrocknen Farben nicht für sich,
sondern alle auf einmal ein, und hat desshalb durch verschiedene
Mengen Flussmittel, wie sie Uebung und Erfahrung lehrten, die
Mischungen so herzustellen, dass das Schmelzen aller bei gleicher
Hitze möglich wird. Durch das Schwinden der Emailmasse beim Ein-
brennen und das Entweichen von Luftbläschen entstehen auch hier
Risse, Löcher und Gruben, welche zunächst ausgefüllt werden müssen.
Hieran schliesst sich ein zweiter Brand; dann folgt das erste Ab-
schleifen, ein nochmaliges Nachfüllen und ein drittes Brennen, dem
sich oft noch ein viertes anreiht.
Bei dem Awata-yaki verknüpft man in besonders wirksamer
Weise polychrome Malerei mit Verzierung durch verschiedenfarbigen
Zellenschmelz. Die für erstere bestimmten Partieen der Gefässe bilden
scharfbegrenzte Medaillons von verschiedener Gestalt und Grösse,
welche in der Regel etwa 1 mm tiefer liegen. Auf dem kupfernen
Becher (Tafel XXIV) ist diese Decorationsweise nachgeahmt, doch so ab-
geändert worden, wie es die Beschaffenheit der Unterlage erheischte.
Wir erblicken da ein Medaillon, welches von einer grossen breit-
wandigen Messingzelle umrahmt und mit weisser Emailfarbe gefüllt
wurde. Auf diese Emailunterlage hat der Decorateur sodann mit grüner
und blauer Muffelfarbe, sowie Gold das Farbenbild aufgetragen und
eingebrannt. Hier ist also die Herstellung des Zellenschmelzes der Aus-
schmückung des Medaillons mit Päonie und fliegendem Schmetterling
vorausgegangen.
In Nagoya hat man nicht blos den Zellenschmelz auf Kupfer zu-
erst entwickelt, sondern ist vor etwa 20 Jahren auch in der Ueber-
tragung des Verfahrens auf Thonwaaren als Wegweiser Kiôto voran-
gegangen. Porzellanvasen aus Seto werden in ihm aber noch auf eine
andere eigenthümliche Weise verziert, die man als Nuri-shippô oder
Shippô-urushi bezeichnet. Es ist eine besondere Form der Aus-
schmückung von Thonwaaren durch Lackmalerei. Wie bei Toki-
shippô wird ein Netz von Messingzellen hergestellt; doch dient dabei
als Befestigungsmittel nicht Biyaku-gu, sondern ein Gemisch von
Kleister mit Seshime-urushi. Zur Ausfüllung der Zellen wendet man
statt Schmelzfarben die bekannten Grundierungsmittel für Lackarbeit,
einen Brei aus Tonoko und Wasser und darauf das Sabi, oder Tonoko
mit Seshime vermengt, an. Das Abschleifen nach dem Trocknen er-
folgt mit einem Sandstein, dem Omura-do, dann Anstrich mit Seshime
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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 591. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/649>, abgerufen am 24.11.2024.
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