Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721.de sinden/ auff die Zeit/ wan uns Hülffe noht seyn wird/ Hobr. 4. v. 16. Einrede der Papisten. I. Es werden doch offtermahls durch das Wörtlein Gabe oder Gnade die Gaben des H. Geistes verstanden: als da S. Paulus spricht I. Cor. 12. v. 4. Es seynd mancherley Gaben: aber es ist ein Geist. Derowegen so kan das Wörtlein Gnade den Verstand nicht haben/ daß es nur solle ausschliessen allen Verdienst der Wercken. Antwort. S. Paulus am obangezogenen Ort handelt nicht von der Rechtfertigung des Menschen: sondern nur von den mancherley Gaben des Heil. Geistes/ die er unter den Christen wircket. Reymet sich also dieser Einwurff nicht zu unserem Vorhaben. II. Spricht doch S. Joannes cap. I. v. 16. Von seiner Fülle haben wir alle genommen Gnade um Gnade/ das ist: wie es die Catholische Theologie auslegt/ die vorhergehende oder anlockende Gnade/ die begleitende Gnade/ die nachfolgende Gnade/ die heiligmachende Gnade: welche in den Catholischen Schulen genennet werden gratia praeveniens; oder excitans, gratia concomitans, gratia subseqvens, gratia lanctificans, oder habitualis, oder gratum faciens &c. Ist derowegen die Lehr der Evangelischen unrecht/ welche da sagen/ daß durch das Wörtlein Gnade bey der Rechtfertigung des Menschen nur ausgeschlossen werde das Verdienst der Wercken. Antwort. Dis ist ein schönes Register alter Gnaden: und laugnen wir die vorhergehende oder anlockende Gnade (welche bestehet in göttlicher Erleuchtung des Verstands und Antrieb des Willens) wie auch die begleitende und nachfolgende Gnade (wodurch der Mensch zur Vollziehung des Guten von GOtt geholffen wird) gantz und gar nicht/ wan man nur nicht / auf Papistisch/ darauff stehet/ daß durch die Wercke/ welche durch diese Gnaden angeführt und begleitet werden/ wir die Rechtfertigung oder auch die himmlische glorie verdienen: dan solches hat in Gottes Wort keinen Grund. Was aber die heyligmachende oder rechtfertigende Gnade als eine von GOtt eingegossene qualität und übernatürlichen Zieraht der Seelen betrifft/ so ist selbige nur ein Gedicht der müssigen und phantastischen Papisten/ und gehört sie nur unter die Glaubens-Fratzen des Concilii zu Trident sess. 6. cap. 7. Und kan auch der obangezogene Spruch Joannis c. I. v. 16. den Papisten zu ihrem Vorhaben nichts beytragen; dan Joannes hält alda gegen einander die Gnade und das Verdienst der Wercken/ das Gesetz so durch Mosen gegeben/ und die Gnade die durch Christum worden/ und will nur kurtz sagen: Dieweilen der Sohn Gottes in höchster Gnade ist bey seinem himmlischen Vater/ derohalben ist der Vater auch uns von wegen seines Sohns/ an den wir glauben/ sehr gnädig und günstig. Wie reymet sich dis auf die eingegossene heylig-machende Gnade der Papisten? III. Schreibt doch S. Paulus Eph. 2. v. 8. Aus Gnaden seyd ihr selig worden durch den Glauben/ und dasselbige nicht aus such: dan GOttes Gabe ist es/ nicht aus den Wercken / auf daß sich nicht iemand rühme. Weilen dan die Gnade wodurch der Mensch selig wird/ eine Gabe GOttes wird genennet/ so wird durch das Wörtlein/ Gnade/ nicht bloß aus geschlossen das Verdienst der Wercken: sondern dar durch verstanden eine eingegossene qualität der rechtfertigenden Gnade. Antwort. S. Paulus am gemelten Ort handelt von des Menschen Seligkeit/ mit Vermelden / daß dieselbige seye ein lauter Gnaden-Werck so da nicht herrühre von einigem unsern Verdienst und Würdigkeit: sondern daß uns Gott de sinden/ auff die Zeit/ wan uns Hülffe noht seyn wird/ Hobr. 4. v. 16. Einrede der Papisten. I. Es werden doch offtermahls durch das Wörtlein Gabe oder Gnade die Gaben des H. Geistes verstanden: als da S. Paulus spricht I. Cor. 12. v. 4. Es seynd mancherley Gaben: aber es ist ein Geist. Derowegen so kan das Wörtlein Gnade den Verstand nicht haben/ daß es nur solle ausschliessen allen Verdienst der Wercken. Antwort. S. Paulus am obangezogenen Ort handelt nicht von der Rechtfertigung des Menschen: sondern nur von den mancherley Gaben des Heil. Geistes/ die er unter den Christen wircket. Reymet sich also dieser Einwurff nicht zu unserem Vorhaben. II. Spricht doch S. Joannes cap. I. v. 16. Von seiner Fülle haben wir alle genommen Gnade um Gnade/ das ist: wie es die Catholische Theologie auslegt/ die vorhergehende oder anlockende Gnade/ die begleitende Gnade/ die nachfolgende Gnade/ die heiligmachende Gnade: welche in den Catholischen Schulen genennet werden gratia praeveniens; oder excitans, gratia concomitans, gratia subseqvens, gratia lanctificans, oder habitualis, oder gratum faciens &c. Ist derowegen die Lehr der Evangelischen unrecht/ welche da sagen/ daß durch das Wörtlein Gnade bey der Rechtfertigung des Menschen nur ausgeschlossen werde das Verdienst der Wercken. Antwort. Dis ist ein schönes Register alter Gnaden: und laugnen wir die vorhergehende oder anlockende Gnade (welche bestehet in göttlicher Erleuchtung des Verstands und Antrieb des Willens) wie auch die begleitende und nachfolgende Gnade (wodurch der Mensch zur Vollziehung des Guten von GOtt geholffen wird) gantz und gar nicht/ wan man nur nicht / auf Papistisch/ darauff stehet/ daß durch die Wercke/ welche durch diese Gnaden angeführt und begleitet werden/ wir die Rechtfertigung oder auch die himmlische glorie verdienen: dan solches hat in Gottes Wort keinen Grund. Was aber die heyligmachende oder rechtfertigende Gnade als eine von GOtt eingegossene qualität und übernatürlichen Zieraht der Seelen betrifft/ so ist selbige nur ein Gedicht der müssigen und phantastischen Papisten/ und gehört sie nur unter die Glaubens-Fratzen des Concilii zu Trident sess. 6. cap. 7. Und kan auch der obangezogene Spruch Joannis c. I. v. 16. den Papisten zu ihrem Vorhaben nichts beytragen; dan Joannes hält alda gegen einander die Gnade und das Verdienst der Wercken/ das Gesetz so durch Mosen gegeben/ und die Gnade die durch Christum worden/ und will nur kurtz sagen: Dieweilen der Sohn Gottes in höchster Gnade ist bey seinem himmlischen Vater/ derohalben ist der Vater auch uns von wegen seines Sohns/ an den wir glauben/ sehr gnädig und günstig. Wie reymet sich dis auf die eingegossene heylig-machende Gnade der Papisten? III. Schreibt doch S. Paulus Eph. 2. v. 8. Aus Gnaden seyd ihr selig worden durch den Glauben/ und dasselbige nicht aus such: dan GOttes Gabe ist es/ nicht aus den Wercken / auf daß sich nicht iemand rühme. Weilen dan die Gnade wodurch der Mensch selig wird/ eine Gabe GOttes wird genennet/ so wird durch das Wörtlein/ Gnade/ nicht bloß aus geschlossen das Verdienst der Wercken: sondern dar durch verstanden eine eingegossene qualität der rechtfertigenden Gnade. Antwort. S. Paulus am gemelten Ort handelt von des Menschen Seligkeit/ mit Vermelden / daß dieselbige seye ein lauter Gnaden-Werck so da nicht herrühre von einigem unsern Verdienst und Würdigkeit: sondern daß uns Gott <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0165" n="145"/> de sinden/ auff die Zeit/ wan uns Hülffe noht seyn wird/ Hobr. 4. v. 16.</p> <p>Einrede der Papisten.</p> <p>I. Es werden doch offtermahls durch das Wörtlein Gabe oder Gnade die Gaben des H. Geistes verstanden: als da S. Paulus spricht I. Cor. 12. v. 4. Es seynd mancherley Gaben: aber es ist ein Geist. Derowegen so kan das Wörtlein Gnade den Verstand nicht haben/ daß es nur solle ausschliessen allen Verdienst der Wercken.</p> <p>Antwort. S. Paulus am obangezogenen Ort handelt nicht von der Rechtfertigung des Menschen: sondern nur von den mancherley Gaben des Heil. Geistes/ die er unter den Christen wircket. Reymet sich also dieser Einwurff nicht zu unserem Vorhaben.</p> <p>II. Spricht doch S. Joannes cap. I. v. 16. Von seiner Fülle haben wir alle genommen Gnade um Gnade/ das ist: wie es die Catholische Theologie auslegt/ die vorhergehende oder anlockende Gnade/ die begleitende Gnade/ die nachfolgende Gnade/ die heiligmachende Gnade: welche in den Catholischen Schulen genennet werden gratia praeveniens; oder excitans, gratia concomitans, gratia subseqvens, gratia lanctificans, oder habitualis, oder gratum faciens &c. Ist derowegen die Lehr der Evangelischen unrecht/ welche da sagen/ daß durch das Wörtlein Gnade bey der Rechtfertigung des Menschen nur ausgeschlossen werde das Verdienst der Wercken.</p> <p>Antwort. Dis ist ein schönes Register alter Gnaden: und laugnen wir die vorhergehende oder anlockende Gnade (welche bestehet in göttlicher Erleuchtung des Verstands und Antrieb des Willens) wie auch die begleitende und nachfolgende Gnade (wodurch der Mensch zur Vollziehung des Guten von GOtt geholffen wird) gantz und gar nicht/ wan man nur nicht / auf Papistisch/ darauff stehet/ daß durch die Wercke/ welche durch diese Gnaden angeführt und begleitet werden/ wir die Rechtfertigung oder auch die himmlische glorie verdienen: dan solches hat in Gottes Wort keinen Grund. Was aber die heyligmachende oder rechtfertigende Gnade als eine von GOtt eingegossene qualität und übernatürlichen Zieraht der Seelen betrifft/ so ist selbige nur ein Gedicht der müssigen und phantastischen Papisten/ und gehört sie nur unter die Glaubens-Fratzen des Concilii zu Trident sess. 6. cap. 7. Und kan auch der obangezogene Spruch Joannis c. I. v. 16. den Papisten zu ihrem Vorhaben nichts beytragen; dan Joannes hält alda gegen einander die Gnade und das Verdienst der Wercken/ das Gesetz so durch Mosen gegeben/ und die Gnade die durch Christum worden/ und will nur kurtz sagen: Dieweilen der Sohn Gottes in höchster Gnade ist bey seinem himmlischen Vater/ derohalben ist der Vater auch uns von wegen seines Sohns/ an den wir glauben/ sehr gnädig und günstig. Wie reymet sich dis auf die eingegossene heylig-machende Gnade der Papisten?</p> <p>III. Schreibt doch S. Paulus Eph. 2. v. 8. Aus Gnaden seyd ihr selig worden durch den Glauben/ und dasselbige nicht aus such: dan GOttes Gabe ist es/ nicht aus den Wercken / auf daß sich nicht iemand rühme. Weilen dan die Gnade wodurch der Mensch selig wird/ eine Gabe GOttes wird genennet/ so wird durch das Wörtlein/ Gnade/ nicht bloß aus geschlossen das Verdienst der Wercken: sondern dar durch verstanden eine eingegossene qualität der rechtfertigenden Gnade.</p> <p>Antwort. S. Paulus am gemelten Ort handelt von des Menschen Seligkeit/ mit Vermelden / daß dieselbige seye ein lauter Gnaden-Werck so da nicht herrühre von einigem unsern Verdienst und Würdigkeit: sondern daß uns Gott </p> </div> </body> </text> </TEI> [145/0165]
de sinden/ auff die Zeit/ wan uns Hülffe noht seyn wird/ Hobr. 4. v. 16.
Einrede der Papisten.
I. Es werden doch offtermahls durch das Wörtlein Gabe oder Gnade die Gaben des H. Geistes verstanden: als da S. Paulus spricht I. Cor. 12. v. 4. Es seynd mancherley Gaben: aber es ist ein Geist. Derowegen so kan das Wörtlein Gnade den Verstand nicht haben/ daß es nur solle ausschliessen allen Verdienst der Wercken.
Antwort. S. Paulus am obangezogenen Ort handelt nicht von der Rechtfertigung des Menschen: sondern nur von den mancherley Gaben des Heil. Geistes/ die er unter den Christen wircket. Reymet sich also dieser Einwurff nicht zu unserem Vorhaben.
II. Spricht doch S. Joannes cap. I. v. 16. Von seiner Fülle haben wir alle genommen Gnade um Gnade/ das ist: wie es die Catholische Theologie auslegt/ die vorhergehende oder anlockende Gnade/ die begleitende Gnade/ die nachfolgende Gnade/ die heiligmachende Gnade: welche in den Catholischen Schulen genennet werden gratia praeveniens; oder excitans, gratia concomitans, gratia subseqvens, gratia lanctificans, oder habitualis, oder gratum faciens &c. Ist derowegen die Lehr der Evangelischen unrecht/ welche da sagen/ daß durch das Wörtlein Gnade bey der Rechtfertigung des Menschen nur ausgeschlossen werde das Verdienst der Wercken.
Antwort. Dis ist ein schönes Register alter Gnaden: und laugnen wir die vorhergehende oder anlockende Gnade (welche bestehet in göttlicher Erleuchtung des Verstands und Antrieb des Willens) wie auch die begleitende und nachfolgende Gnade (wodurch der Mensch zur Vollziehung des Guten von GOtt geholffen wird) gantz und gar nicht/ wan man nur nicht / auf Papistisch/ darauff stehet/ daß durch die Wercke/ welche durch diese Gnaden angeführt und begleitet werden/ wir die Rechtfertigung oder auch die himmlische glorie verdienen: dan solches hat in Gottes Wort keinen Grund. Was aber die heyligmachende oder rechtfertigende Gnade als eine von GOtt eingegossene qualität und übernatürlichen Zieraht der Seelen betrifft/ so ist selbige nur ein Gedicht der müssigen und phantastischen Papisten/ und gehört sie nur unter die Glaubens-Fratzen des Concilii zu Trident sess. 6. cap. 7. Und kan auch der obangezogene Spruch Joannis c. I. v. 16. den Papisten zu ihrem Vorhaben nichts beytragen; dan Joannes hält alda gegen einander die Gnade und das Verdienst der Wercken/ das Gesetz so durch Mosen gegeben/ und die Gnade die durch Christum worden/ und will nur kurtz sagen: Dieweilen der Sohn Gottes in höchster Gnade ist bey seinem himmlischen Vater/ derohalben ist der Vater auch uns von wegen seines Sohns/ an den wir glauben/ sehr gnädig und günstig. Wie reymet sich dis auf die eingegossene heylig-machende Gnade der Papisten?
III. Schreibt doch S. Paulus Eph. 2. v. 8. Aus Gnaden seyd ihr selig worden durch den Glauben/ und dasselbige nicht aus such: dan GOttes Gabe ist es/ nicht aus den Wercken / auf daß sich nicht iemand rühme. Weilen dan die Gnade wodurch der Mensch selig wird/ eine Gabe GOttes wird genennet/ so wird durch das Wörtlein/ Gnade/ nicht bloß aus geschlossen das Verdienst der Wercken: sondern dar durch verstanden eine eingegossene qualität der rechtfertigenden Gnade.
Antwort. S. Paulus am gemelten Ort handelt von des Menschen Seligkeit/ mit Vermelden / daß dieselbige seye ein lauter Gnaden-Werck so da nicht herrühre von einigem unsern Verdienst und Würdigkeit: sondern daß uns Gott
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Theatrum-Literatur der Frühen Neuzeit: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI.
(2013-11-26T12:54:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-11-26T12:54:31Z)
Arne Binder: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription.
(2013-11-26T12:54:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |