Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

aus lauter Gnaden und Barmhertzigkeit selig mache. Meldet also Paulus noch nicht das geringste von einer qualität der eingegossenen Gnade.

IV. Sagt doch Paulus in der Epistel zun Hebreern cap. 13. v. 9. Es ist ein köstlich Ding daß das Hertz fest werde/ welches geschicht durch die Gnade/ nicht durch Speisen/ davon keinen Nutz haben so damit umgehen. Weilen dan nun das Hertz soll befestiget werden durch die Gnade/ so muß durch die Gnade nicht die Ausschliessung des Menschen-Verdienst: sondern die ins Hertz des Menschen von GOtt eingegossene qualität der heilig-machenden Gnaden verstanden werden.

Antwort. Im gemelten Spruch will nur S. Paulus mißrahten das ungegründete nichtige Vertrauen auf die Wercke: da nemlich etliche mit dem Unterscheid etlicher gewissen Speisen / nach Art der Papisten/ prangeten/ und ihre Seligkeit darinnen suchen wolten; so will er demnach nur anzeigen/ wir sollen vielmehr dahin trachten/ daß wir einen gnädigen barmhertzigen GOtt haben: dan das gäbe einen beständigen festen Trost des Hertzens/ und unser Hertz werde dardurch fest gemacht. Weiß also Paulus überall/ wo er sich des Wörtleins Gnade gebraucht/ nicht das geringste von der eingegossenen qualität der Papistischen Gnade.

Die zweyte Frage.

Was dan eigentlich in göttlicher Schrifft heisse das Wörtlein rechtfertigen oder gerechtmachen/ justificare, und ob der Mensch gerechtfertiget werde durch eine von GOtt eingegossen qualität/ oder aber bloß durch die zugerechnete Gerechtigkeit Christi?

DIe Papisten sagen/ das seye unsere Rechtfertigung oder Gerechtigkeit für GOtt/ wan GOtt durch eine eingegossene Gabe oder qualität aus einem Ungerechten einen Gerechten machet/ und derselbige also gerechtfertigte Mensch durch diese eingegossene Gabe gleichfals geadelte und in ein übernatürliche Würdigkeit erhobene Wercke thut. Wir aber sprechen: es heisse das Wörtlein Rechtfertigung/ gerechtmachen/ justificatio, justificare, nichts anders/ als von Sünden aus Gnaden um Christi willen loßsprechen: also daß die Sünden einem um Christi willen nicht zugerechnet/ sondern nachgelassen werden; hingegen ihm werde zugerechnet die Gerechtigkeit Christi/ und solches beweisen wir also:

Erstlich: das Wort justificare, gerechtmachen/ ist ein vocabulum forense, das fürs Gericht gehöret/ und heisset von der angestellten Klag und Verdammnüß loß und ledig sprechen. Also spricht GOtt Esa. 5. v. 23. Wehe denen die den Gottlosen rechtsprechen / vae qvi justificant im pium. Und Salomon spricht prov. 17. v. 15. Wer den Gottlosen rechtspricht/ und den Gerechten verdammet/ die seynd beyde dem HErrn ein Greuel; Qui justificat impium, & qui condemnat justum, abominabilis est uter[unleserliches Material] apud Deum. Und dis ist auch anderswo die Art zu reden in göttlicher Schrifft. So werden wir dan für Gottes Gericht als arme beklagte für gestellet/ und durch das Gesetz angeklaget wegen der Sünden / da wird unser Gewissen als ein Zeuge wider uns eingeführt; es gibt uns aber ein gar böses Zeugnüß: da wäre nun anders nichts übrig/ als der ewige Tod. Aber was thut der gütige GOtt? Er spricht uns da loß von unsern Sündern und

aus lauter Gnaden und Barmhertzigkeit selig mache. Meldet also Paulus noch nicht das geringste von einer qualität der eingegossenen Gnade.

IV. Sagt doch Paulus in der Epistel zun Hebreern cap. 13. v. 9. Es ist ein köstlich Ding daß das Hertz fest werde/ welches geschicht durch die Gnade/ nicht durch Speisen/ davon keinen Nutz haben so damit umgehen. Weilen dan nun das Hertz soll befestiget werden durch die Gnade/ so muß durch die Gnade nicht die Ausschliessung des Menschen-Verdienst: sondern die ins Hertz des Menschen von GOtt eingegossene qualität der heilig-machenden Gnaden verstanden werden.

Antwort. Im gemelten Spruch will nur S. Paulus mißrahten das ungegründete nichtige Vertrauen auf die Wercke: da nemlich etliche mit dem Unterscheid etlicher gewissen Speisen / nach Art der Papisten/ prangeten/ und ihre Seligkeit darinnen suchen wolten; so will er demnach nur anzeigen/ wir sollen vielmehr dahin trachten/ daß wir einen gnädigen barmhertzigen GOtt haben: dan das gäbe einen beständigen festen Trost des Hertzens/ und unser Hertz werde dardurch fest gemacht. Weiß also Paulus überall/ wo er sich des Wörtleins Gnade gebraucht/ nicht das geringste von der eingegossenen qualität der Papistischen Gnade.

Die zweyte Frage.

Was dan eigentlich in göttlicher Schrifft heisse das Wörtlein rechtfertigen oder gerechtmachen/ justificare, und ob der Mensch gerechtfertiget werde durch eine von GOtt eingegossen qualität/ oder aber bloß durch die zugerechnete Gerechtigkeit Christi?

DIe Papisten sagen/ das seye unsere Rechtfertigung oder Gerechtigkeit für GOtt/ wan GOtt durch eine eingegossene Gabe oder qualität aus einem Ungerechten einen Gerechten machet/ und derselbige also gerechtfertigte Mensch durch diese eingegossene Gabe gleichfals geadelte und in ein übernatürliche Würdigkeit erhobene Wercke thut. Wir aber sprechen: es heisse das Wörtlein Rechtfertigung/ gerechtmachen/ justificatio, justificare, nichts anders/ als von Sünden aus Gnaden um Christi willen loßsprechen: also daß die Sünden einem um Christi willen nicht zugerechnet/ sondern nachgelassen werden; hingegen ihm werde zugerechnet die Gerechtigkeit Christi/ und solches beweisen wir also:

Erstlich: das Wort justificare, gerechtmachen/ ist ein vocabulum forense, das fürs Gericht gehöret/ und heisset von der angestellten Klag und Verdammnüß loß und ledig sprechen. Also spricht GOtt Esa. 5. v. 23. Wehe denen die den Gottlosen rechtsprechen / vae qvi justificant im pium. Und Salomon spricht prov. 17. v. 15. Wer den Gottlosen rechtspricht/ und den Gerechten verdammet/ die seynd beyde dem HErrn ein Greuel; Qui justificat impium, & qui condemnat justum, abominabilis est uter[unleserliches Material] apud Deum. Und dis ist auch anderswo die Art zu reden in göttlicher Schrifft. So werden wir dan für Gottes Gericht als arme beklagte für gestellet/ und durch das Gesetz angeklaget wegen der Sünden / da wird unser Gewissen als ein Zeuge wider uns eingeführt; es gibt uns aber ein gar böses Zeugnüß: da wäre nun anders nichts übrig/ als der ewige Tod. Aber was thut der gütige GOtt? Er spricht uns da loß von unsern Sündern und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0166" n="146"/>
aus lauter Gnaden und Barmhertzigkeit selig mache. Meldet also Paulus noch nicht das            geringste von einer qualität der eingegossenen Gnade.</p>
        <p>IV. Sagt doch Paulus in der Epistel zun Hebreern cap. 13. v. 9. Es ist ein köstlich Ding            daß das Hertz fest werde/ welches geschicht durch die Gnade/ nicht durch Speisen/ davon            keinen Nutz haben so damit umgehen. Weilen dan nun das Hertz soll befestiget werden durch            die Gnade/ so muß durch die Gnade nicht die Ausschliessung des Menschen-Verdienst:            sondern die ins Hertz des Menschen von GOtt eingegossene qualität der heilig-machenden            Gnaden verstanden werden.</p>
        <p>Antwort. Im gemelten Spruch will nur S. Paulus mißrahten das ungegründete nichtige            Vertrauen auf die Wercke: da nemlich etliche mit dem Unterscheid etlicher gewissen Speisen           / nach Art der Papisten/ prangeten/ und ihre Seligkeit darinnen suchen wolten; so will            er demnach nur anzeigen/ wir sollen vielmehr dahin trachten/ daß wir einen gnädigen            barmhertzigen GOtt haben: dan das gäbe einen beständigen festen Trost des Hertzens/ und            unser Hertz werde dardurch fest gemacht. Weiß also Paulus überall/ wo er sich des            Wörtleins Gnade gebraucht/ nicht das geringste von der eingegossenen qualität der            Papistischen Gnade.</p>
        <p>Die zweyte Frage.</p>
        <p>Was dan eigentlich in göttlicher Schrifft heisse das Wörtlein rechtfertigen oder            gerechtmachen/ justificare, und ob der Mensch gerechtfertiget werde durch eine von GOtt            eingegossen qualität/ oder aber bloß durch die zugerechnete Gerechtigkeit Christi?</p>
        <p>DIe Papisten sagen/ das seye unsere Rechtfertigung oder Gerechtigkeit für GOtt/ wan            GOtt durch eine eingegossene Gabe oder qualität aus einem Ungerechten einen Gerechten            machet/ und derselbige also gerechtfertigte Mensch durch diese eingegossene Gabe            gleichfals geadelte und in ein übernatürliche Würdigkeit erhobene Wercke thut. Wir aber            sprechen: es heisse das Wörtlein Rechtfertigung/ gerechtmachen/ justificatio,            justificare, nichts anders/ als von Sünden aus Gnaden um Christi willen loßsprechen: also            daß die Sünden einem um Christi willen nicht zugerechnet/ sondern nachgelassen werden;            hingegen ihm werde zugerechnet die Gerechtigkeit Christi/ und solches beweisen wir            also:</p>
        <p>Erstlich: das Wort justificare, gerechtmachen/ ist ein vocabulum forense, das fürs            Gericht gehöret/ und heisset von der angestellten Klag und Verdammnüß loß und ledig            sprechen. Also spricht GOtt Esa. 5. v. 23. Wehe denen die den Gottlosen rechtsprechen /            vae qvi justificant im pium. Und Salomon spricht prov. 17. v. 15. Wer den Gottlosen            rechtspricht/ und den Gerechten verdammet/ die seynd beyde dem HErrn ein Greuel; Qui            justificat impium, &amp; qui condemnat justum, abominabilis est uter<gap reason="illegible"/> apud Deum. Und dis            ist auch anderswo die Art zu reden in göttlicher Schrifft. So werden wir dan für Gottes            Gericht als arme beklagte für gestellet/ und durch das Gesetz angeklaget wegen der Sünden           / da wird unser Gewissen als ein Zeuge wider uns eingeführt; es gibt uns aber ein gar            böses Zeugnüß: da wäre nun anders nichts übrig/ als der ewige Tod. Aber was thut der            gütige GOtt? Er spricht uns da loß von unsern Sündern und
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[146/0166] aus lauter Gnaden und Barmhertzigkeit selig mache. Meldet also Paulus noch nicht das geringste von einer qualität der eingegossenen Gnade. IV. Sagt doch Paulus in der Epistel zun Hebreern cap. 13. v. 9. Es ist ein köstlich Ding daß das Hertz fest werde/ welches geschicht durch die Gnade/ nicht durch Speisen/ davon keinen Nutz haben so damit umgehen. Weilen dan nun das Hertz soll befestiget werden durch die Gnade/ so muß durch die Gnade nicht die Ausschliessung des Menschen-Verdienst: sondern die ins Hertz des Menschen von GOtt eingegossene qualität der heilig-machenden Gnaden verstanden werden. Antwort. Im gemelten Spruch will nur S. Paulus mißrahten das ungegründete nichtige Vertrauen auf die Wercke: da nemlich etliche mit dem Unterscheid etlicher gewissen Speisen / nach Art der Papisten/ prangeten/ und ihre Seligkeit darinnen suchen wolten; so will er demnach nur anzeigen/ wir sollen vielmehr dahin trachten/ daß wir einen gnädigen barmhertzigen GOtt haben: dan das gäbe einen beständigen festen Trost des Hertzens/ und unser Hertz werde dardurch fest gemacht. Weiß also Paulus überall/ wo er sich des Wörtleins Gnade gebraucht/ nicht das geringste von der eingegossenen qualität der Papistischen Gnade. Die zweyte Frage. Was dan eigentlich in göttlicher Schrifft heisse das Wörtlein rechtfertigen oder gerechtmachen/ justificare, und ob der Mensch gerechtfertiget werde durch eine von GOtt eingegossen qualität/ oder aber bloß durch die zugerechnete Gerechtigkeit Christi? DIe Papisten sagen/ das seye unsere Rechtfertigung oder Gerechtigkeit für GOtt/ wan GOtt durch eine eingegossene Gabe oder qualität aus einem Ungerechten einen Gerechten machet/ und derselbige also gerechtfertigte Mensch durch diese eingegossene Gabe gleichfals geadelte und in ein übernatürliche Würdigkeit erhobene Wercke thut. Wir aber sprechen: es heisse das Wörtlein Rechtfertigung/ gerechtmachen/ justificatio, justificare, nichts anders/ als von Sünden aus Gnaden um Christi willen loßsprechen: also daß die Sünden einem um Christi willen nicht zugerechnet/ sondern nachgelassen werden; hingegen ihm werde zugerechnet die Gerechtigkeit Christi/ und solches beweisen wir also: Erstlich: das Wort justificare, gerechtmachen/ ist ein vocabulum forense, das fürs Gericht gehöret/ und heisset von der angestellten Klag und Verdammnüß loß und ledig sprechen. Also spricht GOtt Esa. 5. v. 23. Wehe denen die den Gottlosen rechtsprechen / vae qvi justificant im pium. Und Salomon spricht prov. 17. v. 15. Wer den Gottlosen rechtspricht/ und den Gerechten verdammet/ die seynd beyde dem HErrn ein Greuel; Qui justificat impium, & qui condemnat justum, abominabilis est uter_ apud Deum. Und dis ist auch anderswo die Art zu reden in göttlicher Schrifft. So werden wir dan für Gottes Gericht als arme beklagte für gestellet/ und durch das Gesetz angeklaget wegen der Sünden / da wird unser Gewissen als ein Zeuge wider uns eingeführt; es gibt uns aber ein gar böses Zeugnüß: da wäre nun anders nichts übrig/ als der ewige Tod. Aber was thut der gütige GOtt? Er spricht uns da loß von unsern Sündern und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theatrum-Literatur der Frühen Neuzeit: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-11-26T12:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-11-26T12:54:31Z)
Arne Binder: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-11-26T12:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rempen_schaubuehne_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rempen_schaubuehne_1721/166
Zitationshilfe: Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rempen_schaubuehne_1721/166>, abgerufen am 21.11.2024.