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Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721.

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Kinder-köpff heraus: Welche grausame Niederlage der unschüldigen Kinder als der Pabst vernommen hat/ und erfahren/ daß sie aus heimlicher Hurerey und Ehebruch der Pfaffen wäre entstanden/ hat er alsobald sein decret widerruffen/ und seine begangene Missethat mit würdigen Früchten der Buß ausgesöhnet. Diß aber kan unmöglich der Warheit gemäß seyn: Dann wie wolten in so kurtzer Zeit die Pfaffen sechs tausend Kinder-Köpff zuwegen bringen?

Antwort. So laßt es dann hundert weniger gewesen seyn: So bleibens doch noch fünff tausend neun hundert.

Die sechste Frage.

Ob die Ordens-Personen ihre vermeinte Wercke der übermaes anderen Leuten/ welche um Geld und Gut/ und anderer zeitlichen Wohlthaten/ sich bey selbigen verdienet gemacht/ können lassen zu theil werden/ und solchen darmit in den Himmel helffen?

DIs halten wir billich für eine erschreckliche Gotts-Lästerung/ ja eine verdammte und verfluchte Hoffart/ da ein Mensch ihm also viel zuschreibet/ daß er GOtt mehr gebe/ als er ihm schuldig ist/ und der Schatz seiner Verdiensten sich auch auf andere könne erstrecken. Dann

Erstlich: wird dardurch Christi Leyden/ Bezahlung/ und vollkommenere Gehorsam/ den er für uns geleistet/ zum höchsten verlästert/ in dem der Mensch/ so alles sein Vermögen von GOtt hat/ und ihm alle seine gute Wercke tausendfältig schuldig ist/ und seine eigene Seeligkeit blos der Gnaden Christi zumessen muß/ sich rühmen darff/ er verdiene nicht allein den Himmel für sich/ sondern auch für andere: Welches eben so ungereimt ist / als wann ein Bettler/ so vom reichen Herren tausend Ducaten empfähet/ und darfür danck saget/ ihm vermessentlich einbilden würde/ er habe mit seiner geringen Dancksagung nicht nur die tausend Ducaten für sich/ sondern auch noch tausend andere für seinen guten Freund dem Herrn abverdienet.

Zweytens: so spricht auch S. Paulus, das ein jeder für sich selbst/ und nicht für andere / werde GOtt Rechenschafft geben. Rom. 14. v. 12.

Drittens: Kan doch ein Bruder nicht den andern erlösen/ noch GOtt Jemand versöhnen: dann es kostet zu viel ihre Seele zu erlösen. Ps. 49, 8.

Vierdtens: Es würde hierdurch Gottes Gnade in die eusserste Verachtung gerahten/ auch GOTT einem ungerechten Richter gleich gehalten werden/ wann er um Geld/ Gut/ und zeitliche Wohlthaten/ frembdes Verdienst einem anderen wolte zumessen/ und die Armen den Kürtzern ziehen müsten/ als welche die Wercke der Ubermaes der Ordens-geistlichen nicht können durch Gelt und Gutthaten zu wege bringen: da doch Christus selbsten das Evangelium / und die Verkündigung seiner Gnaden/ den Armen geprediget hat. Matt. II. v. 5.

Einrede der Papisten.

I. Es ist aber in einem jeden guten Wercke einer frommen Ordens-Person eine unterschiedliche Wirckung und Krafft: dann in demselbigen befindet sich die Krafft für die Sünden gnug zu thun/ die Krafft etwas von GOtt zu erhalten/ die Krafft die heiligmachende Gnade Gottes in eigener Seele zu vermehren/ vis satisfactiva, impetrativa, augmentativa gratiae sanctificantis. Nun aber können die fromme Ordens-geistlichen/ die ja nicht viel fündigen/ und folgens keiner Gnugthuung für ihre Sünden vonnöhten haben / die Krafft der Gnugthuung in ihren Wercken anderen appliciren und zueig-

Kinder-köpff heraus: Welche grausame Niederlage der unschüldigen Kinder als der Pabst vernommen hat/ und erfahren/ daß sie aus heimlicher Hurerey und Ehebruch der Pfaffen wäre entstanden/ hat er alsobald sein decret widerruffen/ und seine begangene Missethat mit würdigen Früchten der Buß ausgesöhnet. Diß aber kan unmöglich der Warheit gemäß seyn: Dann wie wolten in so kurtzer Zeit die Pfaffen sechs tausend Kinder-Köpff zuwegen bringen?

Antwort. So laßt es dann hundert weniger gewesen seyn: So bleibens doch noch fünff tausend neun hundert.

Die sechste Frage.

Ob die Ordens-Personen ihre vermeinte Wercke der übermaes anderen Leuten/ welche um Geld und Gut/ und anderer zeitlichen Wohlthaten/ sich bey selbigen verdienet gemacht/ können lassen zu theil werden/ und solchen darmit in den Himmel helffen?

DIs halten wir billich für eine erschreckliche Gotts-Lästerung/ ja eine verdammte und verfluchte Hoffart/ da ein Mensch ihm also viel zuschreibet/ daß er GOtt mehr gebe/ als er ihm schuldig ist/ und der Schatz seiner Verdiensten sich auch auf andere könne erstrecken. Dann

Erstlich: wird dardurch Christi Leyden/ Bezahlung/ und vollkommenere Gehorsam/ den er für uns geleistet/ zum höchsten verlästert/ in dem der Mensch/ so alles sein Vermögen von GOtt hat/ und ihm alle seine gute Wercke tausendfältig schuldig ist/ und seine eigene Seeligkeit blos der Gnaden Christi zumessen muß/ sich rühmen darff/ er verdiene nicht allein den Himmel für sich/ sondern auch für andere: Welches eben so ungereimt ist / als wann ein Bettler/ so vom reichen Herren tausend Ducaten empfähet/ und darfür danck saget/ ihm vermessentlich einbilden würde/ er habe mit seiner geringen Dancksagung nicht nur die tausend Ducaten für sich/ sondern auch noch tausend andere für seinen guten Freund dem Herrn abverdienet.

Zweytens: so spricht auch S. Paulus, das ein jeder für sich selbst/ und nicht für andere / werde GOtt Rechenschafft geben. Rom. 14. v. 12.

Drittens: Kan doch ein Bruder nicht den andern erlösen/ noch GOtt Jemand versöhnen: dann es kostet zu viel ihre Seele zu erlösen. Ps. 49, 8.

Vierdtens: Es würde hierdurch Gottes Gnade in die eusserste Verachtung gerahten/ auch GOTT einem ungerechten Richter gleich gehalten werden/ wann er um Geld/ Gut/ und zeitliche Wohlthaten/ frembdes Verdienst einem anderen wolte zumessen/ und die Armen den Kürtzern ziehen müsten/ als welche die Wercke der Ubermaes der Ordens-geistlichen nicht können durch Gelt und Gutthaten zu wege bringen: da doch Christus selbsten das Evangelium / und die Verkündigung seiner Gnaden/ den Armen geprediget hat. Matt. II. v. 5.

Einrede der Papisten.

I. Es ist aber in einem jeden guten Wercke einer frommen Ordens-Person eine unterschiedliche Wirckung und Krafft: dann in demselbigen befindet sich die Krafft für die Sünden gnug zu thun/ die Krafft etwas von GOtt zu erhalten/ die Krafft die heiligmachende Gnade Gottes in eigener Seele zu vermehren/ vis satisfactiva, impetrativa, augmentativa gratiae sanctificantis. Nun aber können die fromme Ordens-geistlichen/ die ja nicht viel fündigen/ und folgens keiner Gnugthuung für ihre Sünden vonnöhten haben / die Krafft der Gnugthuung in ihren Wercken anderen appliciren und zueig-

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        <p>Zweytens: so spricht auch S. Paulus, das ein jeder für sich selbst/ und nicht für andere           / werde GOtt Rechenschafft geben. Rom. 14. v. 12.</p>
        <p>Drittens: Kan doch ein Bruder nicht den andern erlösen/ noch GOtt Jemand versöhnen: dann            es kostet zu viel ihre Seele zu erlösen. Ps. 49, 8.</p>
        <p>Vierdtens: Es würde hierdurch Gottes Gnade in die eusserste Verachtung gerahten/ auch            GOTT einem ungerechten Richter gleich gehalten werden/ wann er um Geld/ Gut/ und            zeitliche Wohlthaten/ frembdes Verdienst einem anderen wolte zumessen/ und die Armen den            Kürtzern ziehen müsten/ als welche die Wercke der Ubermaes der Ordens-geistlichen nicht            können durch Gelt und Gutthaten zu wege bringen: da doch Christus selbsten das Evangelium           / und die Verkündigung seiner Gnaden/ den Armen geprediget hat. Matt. II. v. 5.</p>
        <p>Einrede der Papisten.</p>
        <p>I. Es ist aber in einem jeden guten Wercke einer frommen Ordens-Person eine            unterschiedliche Wirckung und Krafft: dann in demselbigen befindet sich die Krafft für die            Sünden gnug zu thun/ die Krafft etwas von GOtt zu erhalten/ die Krafft die            heiligmachende Gnade Gottes in eigener Seele zu vermehren/ vis satisfactiva, impetrativa,            augmentativa gratiae sanctificantis. Nun aber können die fromme Ordens-geistlichen/ die            ja nicht viel fündigen/ und folgens keiner Gnugthuung für ihre Sünden vonnöhten haben /            die Krafft der Gnugthuung in ihren Wercken anderen appliciren und zueig-
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[260/0280] Kinder-köpff heraus: Welche grausame Niederlage der unschüldigen Kinder als der Pabst vernommen hat/ und erfahren/ daß sie aus heimlicher Hurerey und Ehebruch der Pfaffen wäre entstanden/ hat er alsobald sein decret widerruffen/ und seine begangene Missethat mit würdigen Früchten der Buß ausgesöhnet. Diß aber kan unmöglich der Warheit gemäß seyn: Dann wie wolten in so kurtzer Zeit die Pfaffen sechs tausend Kinder-Köpff zuwegen bringen? Antwort. So laßt es dann hundert weniger gewesen seyn: So bleibens doch noch fünff tausend neun hundert. Die sechste Frage. Ob die Ordens-Personen ihre vermeinte Wercke der übermaes anderen Leuten/ welche um Geld und Gut/ und anderer zeitlichen Wohlthaten/ sich bey selbigen verdienet gemacht/ können lassen zu theil werden/ und solchen darmit in den Himmel helffen? DIs halten wir billich für eine erschreckliche Gotts-Lästerung/ ja eine verdammte und verfluchte Hoffart/ da ein Mensch ihm also viel zuschreibet/ daß er GOtt mehr gebe/ als er ihm schuldig ist/ und der Schatz seiner Verdiensten sich auch auf andere könne erstrecken. Dann Erstlich: wird dardurch Christi Leyden/ Bezahlung/ und vollkommenere Gehorsam/ den er für uns geleistet/ zum höchsten verlästert/ in dem der Mensch/ so alles sein Vermögen von GOtt hat/ und ihm alle seine gute Wercke tausendfältig schuldig ist/ und seine eigene Seeligkeit blos der Gnaden Christi zumessen muß/ sich rühmen darff/ er verdiene nicht allein den Himmel für sich/ sondern auch für andere: Welches eben so ungereimt ist / als wann ein Bettler/ so vom reichen Herren tausend Ducaten empfähet/ und darfür danck saget/ ihm vermessentlich einbilden würde/ er habe mit seiner geringen Dancksagung nicht nur die tausend Ducaten für sich/ sondern auch noch tausend andere für seinen guten Freund dem Herrn abverdienet. Zweytens: so spricht auch S. Paulus, das ein jeder für sich selbst/ und nicht für andere / werde GOtt Rechenschafft geben. Rom. 14. v. 12. Drittens: Kan doch ein Bruder nicht den andern erlösen/ noch GOtt Jemand versöhnen: dann es kostet zu viel ihre Seele zu erlösen. Ps. 49, 8. Vierdtens: Es würde hierdurch Gottes Gnade in die eusserste Verachtung gerahten/ auch GOTT einem ungerechten Richter gleich gehalten werden/ wann er um Geld/ Gut/ und zeitliche Wohlthaten/ frembdes Verdienst einem anderen wolte zumessen/ und die Armen den Kürtzern ziehen müsten/ als welche die Wercke der Ubermaes der Ordens-geistlichen nicht können durch Gelt und Gutthaten zu wege bringen: da doch Christus selbsten das Evangelium / und die Verkündigung seiner Gnaden/ den Armen geprediget hat. Matt. II. v. 5. Einrede der Papisten. I. Es ist aber in einem jeden guten Wercke einer frommen Ordens-Person eine unterschiedliche Wirckung und Krafft: dann in demselbigen befindet sich die Krafft für die Sünden gnug zu thun/ die Krafft etwas von GOtt zu erhalten/ die Krafft die heiligmachende Gnade Gottes in eigener Seele zu vermehren/ vis satisfactiva, impetrativa, augmentativa gratiae sanctificantis. Nun aber können die fromme Ordens-geistlichen/ die ja nicht viel fündigen/ und folgens keiner Gnugthuung für ihre Sünden vonnöhten haben / die Krafft der Gnugthuung in ihren Wercken anderen appliciren und zueig-

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Zitationshilfe: Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rempen_schaubuehne_1721/280>, abgerufen am 22.11.2024.