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Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721.

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und Folter gezogen werden. Im übrigen/ was das Richter-Amt und Urtheil des Priesters anbetrifft/ so mag der Priester urtheilen der Mensch sey ein armer Sünder/ und GOtt hingegen barmhertzig/ und die Verdienste Christi unendlich/ und demnach den Reu-tragenden Sünder trösten und im seeligmachenden Glauben stärcken und befestigen: von einem andern Urtheil und Richter-Amt eines Priesters weiß die Schrifft nichts. Uberdas ist es lächerlich/ daß die Päbstische Pfaffen so hart tringen auf die umständliche Erzählung der Sünden/ als könten sie sonsten kein rechtes Urtheil fassen von dem Unterscheid der schweren und geringern Sünden/ da doch ihre Theologi selbsten mannigmahl nicht wissen zwischen den groben und geringern Sünden zu unterscheiden; zum Exempel/ sie wissen nicht/ wann die Materie eines Diebstahls/ der Ehr-Abschneidung/ des unerbahren Anrührens/ der Aergernüß &c. sich in den Schrancken einer kleinen oder läßlichen Sünden verhalten/ oder aber zur Grösse einer schweren Sünde sich belauffen: dann etliche bey p. Adamo Busenbaum l. 3. tr. v. c. I. dub. 2. halten darfür/ zur schweren Sünde eines groben Diebstahls seye gnug/ wann einer stehle den achten Theil von einem Rthlr./ andere erfordern den vierdten Theil/ andere den halben Theil/ andere einen oder zwey Gulden/ andere sogar hundert Gülden/ andere einen Taglohn eines fleißigen Arbeiters/ andere so viel als gehört einen Tag zur nothwendigen Unterhalt eines ehrlichen Bürgers &c. Drum dann Vasqvez, Layman, Bonacina, Medina &c. unverholen gestehen/ hievon wisse kein Päbstischer Theologus eine eigentliche warhafftige Regul zu geben. Thun also die Pfaffen unrecht/ daß sie die arme Leute zwingen ihnen zu offenbahren/ und ihrem Urtheil zu unterwerffen die Grösse oder Geringigkeit ihrer Sünden / so doch die Pfaften selbsten nicht verstehen noch zu unterscheiden wissen.

XVI. Cs kan aber ein Beicht-Vatter von einem der sich nur insgemein für einen armen Sünder bekennet/ und darauf die Absolution begehret/ leichtlich betrogen und ihm die Absolution gleichsam abgestohlen werden: drum soll man ja billig auf die Ohren-Beicht der Beicht-Kinder tringen.

Antwort. Kan doch das Beicht-Kind seinen Beicht-Vatter eben so wohl auch in der Ohren-Beicht betriegen/ und ihm seine Sünde mit denen Umständen enthalten. Ist also allhier das beste Mittel nicht die Ohren-Beicht/ sondern die scharffe Vermahnung und bedräuliche Erinnerung/ daß/ obschon ein solcher Sünder die Diener Göttliches Worts mit seiner Heucheley betriegen/ und also thuen die Absolution abstehlen könne/ er doch die Augen des scharffsichtigen GOttes nicht betriegen könne/ als welcher Nieren und Hertzen prüfet/ und aller Menschen Gedancken durchgründet/ und die Unbußfertigen zu seiner Zeit mit seiner Straff heimsuchen und überfallen wird.

XVII. Spricht doch Christus: Welchen ihr die Sünde erlasset/ denen seynd sie erlassen / und welchen ihr sie behaltet/ denen seynd sie hehalten. Joh. 20. v. 23. Item: Was ihr auf Erden binden werdet/ das soll im Himmel gebunden seyn/ und was ihr auf Erden lösen werdet/ soll auch im Himmel loß seyn Matth. 18. v. 18. Wie kan aber ein Beicht-Vatter wissen welche Sünde er behalten oder binden/ oder aber erlassen oder lösen solle/ wann ihm diese nicht werden nahmhafft gemacht? ist also nochmals die Ohren-Beicht aus jetzt erregter Ursach gantz nothwendig.

Antwort. Ihr macht viel redens von Erlassung und Lösung/ Behaltung und Bindung der Sünden/ und dannoch was diese Erlassung und Behaltung/ Lösung und Bindung der Sünden seye/ und worinnen sie bestehe/ darum fechtet ihr noch in eurer Theologie unter euch selbst mit verwirrtem Zwyspalt: dann ob schon

und Folter gezogen werden. Im übrigen/ was das Richter-Amt und Urtheil des Priesters anbetrifft/ so mag der Priester urtheilen der Mensch sey ein armer Sünder/ und GOtt hingegen barmhertzig/ und die Verdienste Christi unendlich/ und demnach den Reu-tragenden Sünder trösten und im seeligmachenden Glauben stärcken und befestigen: von einem andern Urtheil und Richter-Amt eines Priesters weiß die Schrifft nichts. Uberdas ist es lächerlich/ daß die Päbstische Pfaffen so hart tringen auf die umständliche Erzählung der Sünden/ als könten sie sonsten kein rechtes Urtheil fassen von dem Unterscheid der schweren und geringern Sünden/ da doch ihre Theologi selbsten mannigmahl nicht wissen zwischen den groben und geringern Sünden zu unterscheiden; zum Exempel/ sie wissen nicht/ wann die Materie eines Diebstahls/ der Ehr-Abschneidung/ des unerbahren Anrührens/ der Aergernüß &c. sich in den Schrancken einer kleinen oder läßlichen Sünden verhalten/ oder aber zur Grösse einer schweren Sünde sich belauffen: dann etliche bey p. Adamo Busenbaum l. 3. tr. v. c. I. dub. 2. halten darfür/ zur schweren Sünde eines groben Diebstahls seye gnug/ wann einer stehle den achten Theil von einem Rthlr./ andere erfordern den vierdten Theil/ andere den halben Theil/ andere einen oder zwey Gulden/ andere sogar hundert Gülden/ andere einen Taglohn eines fleißigen Arbeiters/ andere so viel als gehört einen Tag zur nothwendigen Unterhalt eines ehrlichen Bürgers &c. Drum dann Vasqvez, Layman, Bonacina, Medina &c. unverholen gestehen/ hievon wisse kein Päbstischer Theologus eine eigentliche warhafftige Regul zu geben. Thun also die Pfaffen unrecht/ daß sie die arme Leute zwingen ihnen zu offenbahren/ und ihrem Urtheil zu unterwerffen die Grösse oder Geringigkeit ihrer Sünden / so doch die Pfaften selbsten nicht verstehen noch zu unterscheiden wissen.

XVI. Cs kan aber ein Beicht-Vatter von einem der sich nur insgemein für einen armen Sünder bekennet/ und darauf die Absolution begehret/ leichtlich betrogen und ihm die Absolution gleichsam abgestohlen werden: drum soll man ja billig auf die Ohren-Beicht der Beicht-Kinder tringen.

Antwort. Kan doch das Beicht-Kind seinen Beicht-Vatter eben so wohl auch in der Ohren-Beicht betriegen/ und ihm seine Sünde mit denen Umständen enthalten. Ist also allhier das beste Mittel nicht die Ohren-Beicht/ sondern die scharffe Vermahnung und bedräuliche Erinnerung/ daß/ obschon ein solcher Sünder die Diener Göttliches Worts mit seiner Heucheley betriegen/ und also thuen die Absolution abstehlen könne/ er doch die Augen des scharffsichtigen GOttes nicht betriegen könne/ als welcher Nieren und Hertzen prüfet/ und aller Menschen Gedancken durchgründet/ und die Unbußfertigen zu seiner Zeit mit seiner Straff heimsuchen und überfallen wird.

XVII. Spricht doch Christus: Welchen ihr die Sünde erlasset/ denen seynd sie erlassen / und welchen ihr sie behaltet/ denen seynd sie hehalten. Joh. 20. v. 23. Item: Was ihr auf Erden binden werdet/ das soll im Himmel gebunden seyn/ und was ihr auf Erden lösen werdet/ soll auch im Himmel loß seyn Matth. 18. v. 18. Wie kan aber ein Beicht-Vatter wissen welche Sünde er behalten oder binden/ oder aber erlassen oder lösen solle/ wann ihm diese nicht werden nahmhafft gemacht? ist also nochmals die Ohren-Beicht aus jetzt erregter Ursach gantz nothwendig.

Antwort. Ihr macht viel redens von Erlassung und Lösung/ Behaltung und Bindung der Sünden/ und dannoch was diese Erlassung und Behaltung/ Lösung und Bindung der Sünden seye/ und worinnen sie bestehe/ darum fechtet ihr noch in eurer Theologie unter euch selbst mit verwirrtem Zwyspalt: dann ob schon

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        <p>XVII. Spricht doch Christus: Welchen ihr die Sünde erlasset/ denen seynd sie erlassen /            und welchen ihr sie behaltet/ denen seynd sie hehalten. Joh. 20. v. 23. Item: Was ihr auf            Erden binden werdet/ das soll im Himmel gebunden seyn/ und was ihr auf Erden lösen            werdet/ soll auch im Himmel loß seyn Matth. 18. v. 18. Wie kan aber ein Beicht-Vatter            wissen welche Sünde er behalten oder binden/ oder aber erlassen oder lösen solle/ wann            ihm diese nicht werden nahmhafft gemacht? ist also nochmals die Ohren-Beicht aus jetzt            erregter Ursach gantz nothwendig.</p>
        <p>Antwort. Ihr macht viel redens von Erlassung und Lösung/ Behaltung und Bindung der            Sünden/ und dannoch was diese Erlassung und Behaltung/ Lösung und Bindung der Sünden            seye/ und worinnen sie bestehe/ darum fechtet ihr noch in eurer Theologie unter euch            selbst mit verwirrtem Zwyspalt: dann ob schon
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[50/0350] und Folter gezogen werden. Im übrigen/ was das Richter-Amt und Urtheil des Priesters anbetrifft/ so mag der Priester urtheilen der Mensch sey ein armer Sünder/ und GOtt hingegen barmhertzig/ und die Verdienste Christi unendlich/ und demnach den Reu-tragenden Sünder trösten und im seeligmachenden Glauben stärcken und befestigen: von einem andern Urtheil und Richter-Amt eines Priesters weiß die Schrifft nichts. Uberdas ist es lächerlich/ daß die Päbstische Pfaffen so hart tringen auf die umständliche Erzählung der Sünden/ als könten sie sonsten kein rechtes Urtheil fassen von dem Unterscheid der schweren und geringern Sünden/ da doch ihre Theologi selbsten mannigmahl nicht wissen zwischen den groben und geringern Sünden zu unterscheiden; zum Exempel/ sie wissen nicht/ wann die Materie eines Diebstahls/ der Ehr-Abschneidung/ des unerbahren Anrührens/ der Aergernüß &c. sich in den Schrancken einer kleinen oder läßlichen Sünden verhalten/ oder aber zur Grösse einer schweren Sünde sich belauffen: dann etliche bey p. Adamo Busenbaum l. 3. tr. v. c. I. dub. 2. halten darfür/ zur schweren Sünde eines groben Diebstahls seye gnug/ wann einer stehle den achten Theil von einem Rthlr./ andere erfordern den vierdten Theil/ andere den halben Theil/ andere einen oder zwey Gulden/ andere sogar hundert Gülden/ andere einen Taglohn eines fleißigen Arbeiters/ andere so viel als gehört einen Tag zur nothwendigen Unterhalt eines ehrlichen Bürgers &c. Drum dann Vasqvez, Layman, Bonacina, Medina &c. unverholen gestehen/ hievon wisse kein Päbstischer Theologus eine eigentliche warhafftige Regul zu geben. Thun also die Pfaffen unrecht/ daß sie die arme Leute zwingen ihnen zu offenbahren/ und ihrem Urtheil zu unterwerffen die Grösse oder Geringigkeit ihrer Sünden / so doch die Pfaften selbsten nicht verstehen noch zu unterscheiden wissen. XVI. Cs kan aber ein Beicht-Vatter von einem der sich nur insgemein für einen armen Sünder bekennet/ und darauf die Absolution begehret/ leichtlich betrogen und ihm die Absolution gleichsam abgestohlen werden: drum soll man ja billig auf die Ohren-Beicht der Beicht-Kinder tringen. Antwort. Kan doch das Beicht-Kind seinen Beicht-Vatter eben so wohl auch in der Ohren-Beicht betriegen/ und ihm seine Sünde mit denen Umständen enthalten. Ist also allhier das beste Mittel nicht die Ohren-Beicht/ sondern die scharffe Vermahnung und bedräuliche Erinnerung/ daß/ obschon ein solcher Sünder die Diener Göttliches Worts mit seiner Heucheley betriegen/ und also thuen die Absolution abstehlen könne/ er doch die Augen des scharffsichtigen GOttes nicht betriegen könne/ als welcher Nieren und Hertzen prüfet/ und aller Menschen Gedancken durchgründet/ und die Unbußfertigen zu seiner Zeit mit seiner Straff heimsuchen und überfallen wird. XVII. Spricht doch Christus: Welchen ihr die Sünde erlasset/ denen seynd sie erlassen / und welchen ihr sie behaltet/ denen seynd sie hehalten. Joh. 20. v. 23. Item: Was ihr auf Erden binden werdet/ das soll im Himmel gebunden seyn/ und was ihr auf Erden lösen werdet/ soll auch im Himmel loß seyn Matth. 18. v. 18. Wie kan aber ein Beicht-Vatter wissen welche Sünde er behalten oder binden/ oder aber erlassen oder lösen solle/ wann ihm diese nicht werden nahmhafft gemacht? ist also nochmals die Ohren-Beicht aus jetzt erregter Ursach gantz nothwendig. Antwort. Ihr macht viel redens von Erlassung und Lösung/ Behaltung und Bindung der Sünden/ und dannoch was diese Erlassung und Behaltung/ Lösung und Bindung der Sünden seye/ und worinnen sie bestehe/ darum fechtet ihr noch in eurer Theologie unter euch selbst mit verwirrtem Zwyspalt: dann ob schon

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Zitationshilfe: Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rempen_schaubuehne_1721/350>, abgerufen am 22.11.2024.