Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785.

Bild:
<< vorherige Seite



daß man bey schönem Wetter und gutem Winde abse-
gelte, und als sie auf die offene See kamen, Victo-
rin und sein Sohn sich in die Luft erhoben und durch
ein an dem Mastbaum befestigtes Seil, das Schiff
regierten, wie bey den Alten Castor und Pollux; daß
sie durch dieses Mittel die kürzesten und bisher unbe-
kannten Wege fanden; daß, da sie sich keines Com-
passes bedienten, die Schiffsleute niemals wußten,
welchen Weg sie nähmen; daß einer von den drey
jungen Victorins, zuweilen auch Sophie nahe am
Wasser mit dem Senkbley in der Hand hinflogen,
um die Sandbänke und Felsen zu vermeiden, daß sie
nach einer dreymonatlichen Reise glücklich, das heißt
ohne Verlust obgleich nicht ohne Gefahr, auf der
Christineninsel anlangten, und davon den übrigen An-
bauern, die eben die erste Erndte gehalten, und die
ersten Kinder bekommen hatten, mit unbeschreiblichem
Entzücken empfangen wurden; daß sie beym Ausstei-
gen ans Land Christinen zur Königin ausriefen; daß
man einen Pallast und bequeme Häuser baute; daß
jedermann Hand aus Werk legte, das Feld bauete,
pflügte, jagte, Brodfrüchte sammlete und so weiter;
daß man auf dieser Jnsel die Gesetze des unbesteigli-
chen Berges einführte, die sehr gut allda sich er-
hielten, weil Victorin eine Art von Gleichheit be-
hauptete, troz seines Schwiegervaters, der anfangs
Adel, Barone, Grafen, Marquis und sogar Herzo-
ge und Ordensbänder eingeführt haben wollte, aber
bald sich zurechte weisen ließ; daß der Fiscalprocura-
tor auch auf Gerichtsbeamte drang; daß man zwar
etwas dem ähnliches, aber doch in vielen Stücken ab-

weichen-



daß man bey ſchoͤnem Wetter und gutem Winde abſe-
gelte, und als ſie auf die offene See kamen, Victo-
rin und ſein Sohn ſich in die Luft erhoben und durch
ein an dem Maſtbaum befeſtigtes Seil, das Schiff
regierten, wie bey den Alten Caſtor und Pollux; daß
ſie durch dieſes Mittel die kuͤrzeſten und bisher unbe-
kannten Wege fanden; daß, da ſie ſich keines Com-
paſſes bedienten, die Schiffsleute niemals wußten,
welchen Weg ſie naͤhmen; daß einer von den drey
jungen Victorins, zuweilen auch Sophie nahe am
Waſſer mit dem Senkbley in der Hand hinflogen,
um die Sandbaͤnke und Felſen zu vermeiden, daß ſie
nach einer dreymonatlichen Reiſe gluͤcklich, das heißt
ohne Verluſt obgleich nicht ohne Gefahr, auf der
Chriſtineninſel anlangten, und davon den uͤbrigen An-
bauern, die eben die erſte Erndte gehalten, und die
erſten Kinder bekommen hatten, mit unbeſchreiblichem
Entzuͤcken empfangen wurden; daß ſie beym Ausſtei-
gen ans Land Chriſtinen zur Koͤnigin ausriefen; daß
man einen Pallaſt und bequeme Haͤuſer baute; daß
jedermann Hand aus Werk legte, das Feld bauete,
pfluͤgte, jagte, Brodfruͤchte ſammlete und ſo weiter;
daß man auf dieſer Jnſel die Geſetze des unbeſteigli-
chen Berges einfuͤhrte, die ſehr gut allda ſich er-
hielten, weil Victorin eine Art von Gleichheit be-
hauptete, troz ſeines Schwiegervaters, der anfangs
Adel, Barone, Grafen, Marquis und ſogar Herzo-
ge und Ordensbaͤnder eingefuͤhrt haben wollte, aber
bald ſich zurechte weiſen ließ; daß der Fiſcalprocura-
tor auch auf Gerichtsbeamte drang; daß man zwar
etwas dem aͤhnliches, aber doch in vielen Stuͤcken ab-

weichen-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0136" n="128"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
daß man bey &#x017F;cho&#x0364;nem Wetter und gutem Winde ab&#x017F;e-<lb/>
gelte, und als &#x017F;ie auf die offene See kamen, Victo-<lb/>
rin und &#x017F;ein Sohn &#x017F;ich in die Luft erhoben und durch<lb/>
ein an dem Ma&#x017F;tbaum befe&#x017F;tigtes Seil, das Schiff<lb/>
regierten, wie bey den Alten Ca&#x017F;tor und Pollux; daß<lb/>
&#x017F;ie durch die&#x017F;es Mittel die ku&#x0364;rze&#x017F;ten und bisher unbe-<lb/>
kannten Wege fanden; daß, da &#x017F;ie &#x017F;ich keines Com-<lb/>
pa&#x017F;&#x017F;es bedienten, die Schiffsleute niemals wußten,<lb/>
welchen Weg &#x017F;ie na&#x0364;hmen; daß einer von den drey<lb/>
jungen Victorins, zuweilen auch Sophie nahe am<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er mit dem Senkbley in der Hand hinflogen,<lb/>
um die Sandba&#x0364;nke und Fel&#x017F;en zu vermeiden, daß &#x017F;ie<lb/>
nach einer dreymonatlichen Rei&#x017F;e glu&#x0364;cklich, das heißt<lb/>
ohne Verlu&#x017F;t obgleich nicht ohne Gefahr, auf der<lb/>
Chri&#x017F;tinenin&#x017F;el anlangten, und davon den u&#x0364;brigen An-<lb/>
bauern, die eben die er&#x017F;te Erndte gehalten, und die<lb/>
er&#x017F;ten Kinder bekommen hatten, mit unbe&#x017F;chreiblichem<lb/>
Entzu&#x0364;cken empfangen wurden; daß &#x017F;ie beym Aus&#x017F;tei-<lb/>
gen ans Land Chri&#x017F;tinen zur Ko&#x0364;nigin ausriefen; daß<lb/>
man einen Palla&#x017F;t und bequeme Ha&#x0364;u&#x017F;er baute; daß<lb/>
jedermann Hand aus Werk legte, das Feld bauete,<lb/>
pflu&#x0364;gte, jagte, Brodfru&#x0364;chte &#x017F;ammlete und &#x017F;o weiter;<lb/>
daß man auf die&#x017F;er Jn&#x017F;el die Ge&#x017F;etze des unbe&#x017F;teigli-<lb/>
chen Berges einfu&#x0364;hrte, die &#x017F;ehr gut allda &#x017F;ich er-<lb/>
hielten, weil Victorin eine Art von Gleichheit be-<lb/>
hauptete, troz &#x017F;eines Schwiegervaters, der anfangs<lb/>
Adel, Barone, Grafen, Marquis und &#x017F;ogar Herzo-<lb/>
ge und Ordensba&#x0364;nder eingefu&#x0364;hrt haben wollte, aber<lb/>
bald &#x017F;ich zurechte wei&#x017F;en ließ; daß der Fi&#x017F;calprocura-<lb/>
tor auch auf Gerichtsbeamte drang; daß man zwar<lb/>
etwas dem a&#x0364;hnliches, aber doch in vielen Stu&#x0364;cken ab-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">weichen-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[128/0136] daß man bey ſchoͤnem Wetter und gutem Winde abſe- gelte, und als ſie auf die offene See kamen, Victo- rin und ſein Sohn ſich in die Luft erhoben und durch ein an dem Maſtbaum befeſtigtes Seil, das Schiff regierten, wie bey den Alten Caſtor und Pollux; daß ſie durch dieſes Mittel die kuͤrzeſten und bisher unbe- kannten Wege fanden; daß, da ſie ſich keines Com- paſſes bedienten, die Schiffsleute niemals wußten, welchen Weg ſie naͤhmen; daß einer von den drey jungen Victorins, zuweilen auch Sophie nahe am Waſſer mit dem Senkbley in der Hand hinflogen, um die Sandbaͤnke und Felſen zu vermeiden, daß ſie nach einer dreymonatlichen Reiſe gluͤcklich, das heißt ohne Verluſt obgleich nicht ohne Gefahr, auf der Chriſtineninſel anlangten, und davon den uͤbrigen An- bauern, die eben die erſte Erndte gehalten, und die erſten Kinder bekommen hatten, mit unbeſchreiblichem Entzuͤcken empfangen wurden; daß ſie beym Ausſtei- gen ans Land Chriſtinen zur Koͤnigin ausriefen; daß man einen Pallaſt und bequeme Haͤuſer baute; daß jedermann Hand aus Werk legte, das Feld bauete, pfluͤgte, jagte, Brodfruͤchte ſammlete und ſo weiter; daß man auf dieſer Jnſel die Geſetze des unbeſteigli- chen Berges einfuͤhrte, die ſehr gut allda ſich er- hielten, weil Victorin eine Art von Gleichheit be- hauptete, troz ſeines Schwiegervaters, der anfangs Adel, Barone, Grafen, Marquis und ſogar Herzo- ge und Ordensbaͤnder eingefuͤhrt haben wollte, aber bald ſich zurechte weiſen ließ; daß der Fiſcalprocura- tor auch auf Gerichtsbeamte drang; daß man zwar etwas dem aͤhnliches, aber doch in vielen Stuͤcken ab- weichen-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/retif_mensch_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/retif_mensch_1785/136
Zitationshilfe: Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/retif_mensch_1785/136>, abgerufen am 21.11.2024.