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Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785.

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mische von Mensch und Elephant war. Sie staun-
ten darüber weniger, als wenn die ersten Wesen,
die sie sahen, also zusammengesetzt gewesen wären.
Sie konten sich nicht satt an ihnen sehen, und nah-
men sogar das Glas zu Hülfe, als ein kleiner
Elephantenmensch, um zu saugen, seine Mutter
aufweckte. Jndem diese die Augen öfnete, ward
sie den Hermantin neben sich gewahr. Vermöge
der grossen Schamhaftigkeit der Elephanten-Frau-
enzimmer, erröthete sie vor Scham und Zorn,
sich so nah betrachtet zu sehn, sie sog Wasser mit
ihrem Rüssel, und spie es auf den Neugierigen
mit einem Schrei, der den ganzen Haufen auf-
weckte. Durchaus naß wolte der arme Herman-
tin, zwar seine Flügel aufschwingen; aber das Was-
ser hatte sie so schwer und unbeweglich gemacht, daß
er nicht davon fliegen konte. Jndes kam einer von
den stärksten Elephantenmenschen auf ihn los, und
wolte ihn ergreifen: doch setzte das Triebwerk die
Flügel endlich in eine so starke Bewegung, daß
der Fliegende sich ein funfzig Fuß erheben konte.
Der Elephantenmensch, sowohl als alle seine Ge-
fährten, sogen daher Wasser ein, und spritzten es
nach ihm in die Luft, konten ihn aber nicht er-
reichen. Die übrigen Fliegenden schwangen sich,
nach dem Beispiel des Hermantin ebenfals in die
Höhe, worüber die dicken Bewohner der Elefan-
dite
(diesen Namen gaben die iungen Fliegenden
der Jnsel) nicht wenig erstaunten. Uebrigens lies-
sen sie diese Colossen Wasser speien, wie sie wol-
ten, durchgingen das Land, und fanden es an

den



miſche von Menſch und Elephant war. Sie ſtaun-
ten daruͤber weniger, als wenn die erſten Weſen,
die ſie ſahen, alſo zuſammengeſetzt geweſen waͤren.
Sie konten ſich nicht ſatt an ihnen ſehen, und nah-
men ſogar das Glas zu Huͤlfe, als ein kleiner
Elephantenmenſch, um zu ſaugen, ſeine Mutter
aufweckte. Jndem dieſe die Augen oͤfnete, ward
ſie den Hermantin neben ſich gewahr. Vermoͤge
der groſſen Schamhaftigkeit der Elephanten-Frau-
enzimmer, erroͤthete ſie vor Scham und Zorn,
ſich ſo nah betrachtet zu ſehn, ſie ſog Waſſer mit
ihrem Ruͤſſel, und ſpie es auf den Neugierigen
mit einem Schrei, der den ganzen Haufen auf-
weckte. Durchaus naß wolte der arme Herman-
tin, zwar ſeine Fluͤgel aufſchwingen; aber das Waſ-
ſer hatte ſie ſo ſchwer und unbeweglich gemacht, daß
er nicht davon fliegen konte. Jndes kam einer von
den ſtaͤrkſten Elephantenmenſchen auf ihn los, und
wolte ihn ergreifen: doch ſetzte das Triebwerk die
Fluͤgel endlich in eine ſo ſtarke Bewegung, daß
der Fliegende ſich ein funfzig Fuß erheben konte.
Der Elephantenmenſch, ſowohl als alle ſeine Ge-
faͤhrten, ſogen daher Waſſer ein, und ſpritzten es
nach ihm in die Luft, konten ihn aber nicht er-
reichen. Die uͤbrigen Fliegenden ſchwangen ſich,
nach dem Beiſpiel des Hermantin ebenfals in die
Hoͤhe, woruͤber die dicken Bewohner der Elefan-
dite
(dieſen Namen gaben die iungen Fliegenden
der Jnſel) nicht wenig erſtaunten. Uebrigens lieſ-
ſen ſie dieſe Coloſſen Waſſer ſpeien, wie ſie wol-
ten, durchgingen das Land, und fanden es an

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[250/0258] miſche von Menſch und Elephant war. Sie ſtaun- ten daruͤber weniger, als wenn die erſten Weſen, die ſie ſahen, alſo zuſammengeſetzt geweſen waͤren. Sie konten ſich nicht ſatt an ihnen ſehen, und nah- men ſogar das Glas zu Huͤlfe, als ein kleiner Elephantenmenſch, um zu ſaugen, ſeine Mutter aufweckte. Jndem dieſe die Augen oͤfnete, ward ſie den Hermantin neben ſich gewahr. Vermoͤge der groſſen Schamhaftigkeit der Elephanten-Frau- enzimmer, erroͤthete ſie vor Scham und Zorn, ſich ſo nah betrachtet zu ſehn, ſie ſog Waſſer mit ihrem Ruͤſſel, und ſpie es auf den Neugierigen mit einem Schrei, der den ganzen Haufen auf- weckte. Durchaus naß wolte der arme Herman- tin, zwar ſeine Fluͤgel aufſchwingen; aber das Waſ- ſer hatte ſie ſo ſchwer und unbeweglich gemacht, daß er nicht davon fliegen konte. Jndes kam einer von den ſtaͤrkſten Elephantenmenſchen auf ihn los, und wolte ihn ergreifen: doch ſetzte das Triebwerk die Fluͤgel endlich in eine ſo ſtarke Bewegung, daß der Fliegende ſich ein funfzig Fuß erheben konte. Der Elephantenmenſch, ſowohl als alle ſeine Ge- faͤhrten, ſogen daher Waſſer ein, und ſpritzten es nach ihm in die Luft, konten ihn aber nicht er- reichen. Die uͤbrigen Fliegenden ſchwangen ſich, nach dem Beiſpiel des Hermantin ebenfals in die Hoͤhe, woruͤber die dicken Bewohner der Elefan- dite (dieſen Namen gaben die iungen Fliegenden der Jnſel) nicht wenig erſtaunten. Uebrigens lieſ- ſen ſie dieſe Coloſſen Waſſer ſpeien, wie ſie wol- ten, durchgingen das Land, und fanden es an den

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Zitationshilfe: Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/retif_mensch_1785/258>, abgerufen am 23.11.2024.