Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785.wünscht, zuvor zu kommen suchte, wie ich sie bedie- ne; wie ich ihr es an nichts fehlen lasse; wie ich ihr die besten Vögel und das schönste Weißbrod aus der Stadt zum Unterhalt verschaffte; wie ich alle Tage ihrentwegen jagte und arbeitete, so daß auch sie mich von ganzem Herzen liebte. "Ach könnt' ich doch meine arme Tochter nur Mit folchen bezaubernden Träumen versüßte der Jn dieser tiefen Schwermuth sucht' er dann die Als er eines Tages im Garten war, erschien "Victorin, sie sind geschickter als ich, pflücken Victorin
wuͤnſcht, zuvor zu kommen ſuchte, wie ich ſie bedie- ne; wie ich ihr es an nichts fehlen laſſe; wie ich ihr die beſten Voͤgel und das ſchoͤnſte Weißbrod aus der Stadt zum Unterhalt verſchaffte; wie ich alle Tage ihrentwegen jagte und arbeitete, ſo daß auch ſie mich von ganzem Herzen liebte. „Ach koͤnnt’ ich doch meine arme Tochter nur Mit folchen bezaubernden Traͤumen verſuͤßte der Jn dieſer tiefen Schwermuth ſucht’ er dann die Als er eines Tages im Garten war, erſchien „Victorin, ſie ſind geſchickter als ich, pfluͤcken Victorin
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wuͤnſcht, zuvor zu kommen ſuchte, wie ich ſie bedie-
ne; wie ich ihr es an nichts fehlen laſſe; wie ich ihr
die beſten Voͤgel und das ſchoͤnſte Weißbrod aus der
Stadt zum Unterhalt verſchaffte; wie ich alle Tage
ihrentwegen jagte und arbeitete, ſo daß auch ſie mich
von ganzem Herzen liebte.
„Ach koͤnnt’ ich doch meine arme Tochter nur
einmal ſehen, wuͤrd’ er, wenn er alles dies gehoͤrt,
ausrufen.‟
Mit folchen bezaubernden Traͤumen verſuͤßte der
junge Victorin manche Stunde ſeiner Leiden; aber
bald kamen ſie mit verſtaͤrkter Heftigkeit wieder;
denn mitten in ſeinen angenehmen Hirngeſpinſten,
erwachte ploͤtzlich ſein Geiſt, und mit Thraͤnen ſprach
er bey ſich: Ach! alles dies iſt doch nur Taͤuſchung!
Jn dieſer tiefen Schwermuth ſucht’ er dann die
Einſamkeit noch weit mehr, und haͤtte ihm das Ver-
langen Chriſtinen zu ſehen, nicht zuweilen aufs
Schloß gebracht, wuͤrde man ihn vielleicht nie ge-
ſehen haben.
Als er eines Tages im Garten war, erſchien
Chriſtine mit ihrer Kammerfrau. Victorin war vor
Vergnuͤgen ſie zu ſehen taumelnd. Chriſtine ver-
langte einen weißen etwas hochhangenden Roſen-
zweig; die Kaminerfrau wollt’ ihn pfluͤcken, ſtach
ſich aber bis aufs Blut, ward Victorin gewahr und
ruft’ ihn zu ſich:
„Victorin, ſie ſind geſchickter als ich, pfluͤcken
ſie doch dieſe ſchoͤne Roſen fuͤr meine junge Herr-
ſchaft —‟
Victorin
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