Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785.

Bild:
<< vorherige Seite



Schifbrüchigen, deren Schiffe an unsern Küsten
scheiterten, kurz, sein Gedicht ist ein Weltmeer von
Wissenschaft und Einsicht: man kan es nicht
wieder weglegen, wenn man es einmal in die
Hände nimt. Der Gegenstand dieses bewun-
dernswürdigen Gedichts ist die Patagoniade oder
die erste Errichtung unsrer gegenwärtigen Regie-
rung: ein Werk voller Einbildungskraft, des-
sen göttlicher Verfasser die Gründe und Mittel nebst
den Schwierigkeiten und der Art sie zu übersteigen,
in eine hinreissende Erzählung einzukleiden gewußt
hat. Besonders läßt er dem grossen Yrneh, un-
serm ersten Gesetzgeber und seinen achtungswürdi-
gen Mitbürgern, die ihm beistanden, Ehrerbie-
tung wiederfahren. Dahin gehören Nollitahc
der unsterbliche Yllus, der weise Yanrom, der
muthige Norib, die Cassrib, die Ycneromnom,
die Ednoc und eine Menge anderer erlauchter Bür-
ger, die sich damals des öffentlichen Wohls an-
nahmen etc.

Ein andrer berühmter Schriftsteller ist der be-
scheidene und naife Effluo sruob-Taana, wel-
cher erhabene Oden und Gesänge geschrieben hat,
deren Naivetät, und rührende Einfalt gerade zur
Seele gehn, und sie in eine süsse Selbstüberlassen-
heit versetzen.

Der zierliche und zärtliche Epprig-Taana
hat unsrer Sprache eine Annehmlichkeit und einen
Wohllaut gegeben, davon unsere leichten Gedichte
noch kein Beispiel aufzuweisen hatten. Dabei hat

ihn,



Schifbruͤchigen, deren Schiffe an unſern Kuͤſten
ſcheiterten, kurz, ſein Gedicht iſt ein Weltmeer von
Wiſſenſchaft und Einſicht: man kan es nicht
wieder weglegen, wenn man es einmal in die
Haͤnde nimt. Der Gegenſtand dieſes bewun-
dernswuͤrdigen Gedichts iſt die Patagoniade oder
die erſte Errichtung unſrer gegenwaͤrtigen Regie-
rung: ein Werk voller Einbildungskraft, deſ-
ſen goͤttlicher Verfaſſer die Gruͤnde und Mittel nebſt
den Schwierigkeiten und der Art ſie zu uͤberſteigen,
in eine hinreiſſende Erzaͤhlung einzukleiden gewußt
hat. Beſonders laͤßt er dem groſſen Yrneh, un-
ſerm erſten Geſetzgeber und ſeinen achtungswuͤrdi-
gen Mitbuͤrgern, die ihm beiſtanden, Ehrerbie-
tung wiederfahren. Dahin gehoͤren Nollitâhc
der unſterbliche Yllus, der weiſe Yanrom, der
muthige Norib, die Caſſrib, die Ycneromnom,
die Ednoc und eine Menge anderer erlauchter Buͤr-
ger, die ſich damals des oͤffentlichen Wohls an-
nahmen ꝛc.

Ein andrer beruͤhmter Schriftſteller iſt der be-
ſcheidene und naife Effluo ſruob-Taâna, wel-
cher erhabene Oden und Geſaͤnge geſchrieben hat,
deren Naivetaͤt, und ruͤhrende Einfalt gerade zur
Seele gehn, und ſie in eine ſuͤſſe Selbſtuͤberlaſſen-
heit verſetzen.

Der zierliche und zaͤrtliche Epprig-Taâna
hat unſrer Sprache eine Annehmlichkeit und einen
Wohllaut gegeben, davon unſere leichten Gedichte
noch kein Beiſpiel aufzuweiſen hatten. Dabei hat

ihn,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0352" n="344"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
Schifbru&#x0364;chigen, deren Schiffe an un&#x017F;ern Ku&#x0364;&#x017F;ten<lb/>
&#x017F;cheiterten, kurz, &#x017F;ein Gedicht i&#x017F;t ein Weltmeer von<lb/>
Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft und Ein&#x017F;icht: man kan es nicht<lb/>
wieder weglegen, wenn man es einmal in die<lb/>
Ha&#x0364;nde nimt. Der Gegen&#x017F;tand die&#x017F;es bewun-<lb/>
dernswu&#x0364;rdigen Gedichts i&#x017F;t die <hi rendition="#fr">Patagoniade</hi> oder<lb/>
die er&#x017F;te Errichtung un&#x017F;rer gegenwa&#x0364;rtigen Regie-<lb/>
rung: ein Werk voller Einbildungskraft, de&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en go&#x0364;ttlicher Verfa&#x017F;&#x017F;er die Gru&#x0364;nde und Mittel neb&#x017F;t<lb/>
den Schwierigkeiten und der Art &#x017F;ie zu u&#x0364;ber&#x017F;teigen,<lb/>
in eine hinrei&#x017F;&#x017F;ende Erza&#x0364;hlung einzukleiden gewußt<lb/>
hat. Be&#x017F;onders la&#x0364;ßt er dem gro&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#fr">Yrneh,</hi> un-<lb/>
&#x017F;erm er&#x017F;ten Ge&#x017F;etzgeber und &#x017F;einen achtungswu&#x0364;rdi-<lb/>
gen Mitbu&#x0364;rgern, die ihm bei&#x017F;tanden, Ehrerbie-<lb/>
tung wiederfahren. Dahin geho&#x0364;ren <hi rendition="#fr">Nollitâhc</hi><lb/>
der un&#x017F;terbliche <hi rendition="#fr">Yllus,</hi> der wei&#x017F;e <hi rendition="#fr">Yanrom,</hi> der<lb/>
muthige <hi rendition="#fr">Norib,</hi> die <hi rendition="#fr">Ca&#x017F;&#x017F;rib,</hi> die <hi rendition="#fr">Ycneromnom,</hi><lb/>
die <hi rendition="#fr">Ednoc</hi> und eine Menge anderer erlauchter Bu&#x0364;r-<lb/>
ger, die &#x017F;ich damals des o&#x0364;ffentlichen Wohls an-<lb/>
nahmen &#xA75B;c.</p><lb/>
          <p>Ein andrer beru&#x0364;hmter Schrift&#x017F;teller i&#x017F;t der be-<lb/>
&#x017F;cheidene und naife <hi rendition="#fr">Effluo &#x017F;ruob-Taâna,</hi> wel-<lb/>
cher erhabene Oden und Ge&#x017F;a&#x0364;nge ge&#x017F;chrieben hat,<lb/>
deren Naiveta&#x0364;t, und ru&#x0364;hrende Einfalt gerade zur<lb/>
Seele gehn, und &#x017F;ie in eine &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;e Selb&#x017F;tu&#x0364;berla&#x017F;&#x017F;en-<lb/>
heit ver&#x017F;etzen.</p><lb/>
          <p>Der zierliche und za&#x0364;rtliche <hi rendition="#fr">Epprig-Taâna</hi><lb/>
hat un&#x017F;rer Sprache eine Annehmlichkeit und einen<lb/>
Wohllaut gegeben, davon un&#x017F;ere leichten Gedichte<lb/>
noch kein Bei&#x017F;piel aufzuwei&#x017F;en hatten. Dabei hat<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ihn,</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[344/0352] Schifbruͤchigen, deren Schiffe an unſern Kuͤſten ſcheiterten, kurz, ſein Gedicht iſt ein Weltmeer von Wiſſenſchaft und Einſicht: man kan es nicht wieder weglegen, wenn man es einmal in die Haͤnde nimt. Der Gegenſtand dieſes bewun- dernswuͤrdigen Gedichts iſt die Patagoniade oder die erſte Errichtung unſrer gegenwaͤrtigen Regie- rung: ein Werk voller Einbildungskraft, deſ- ſen goͤttlicher Verfaſſer die Gruͤnde und Mittel nebſt den Schwierigkeiten und der Art ſie zu uͤberſteigen, in eine hinreiſſende Erzaͤhlung einzukleiden gewußt hat. Beſonders laͤßt er dem groſſen Yrneh, un- ſerm erſten Geſetzgeber und ſeinen achtungswuͤrdi- gen Mitbuͤrgern, die ihm beiſtanden, Ehrerbie- tung wiederfahren. Dahin gehoͤren Nollitâhc der unſterbliche Yllus, der weiſe Yanrom, der muthige Norib, die Caſſrib, die Ycneromnom, die Ednoc und eine Menge anderer erlauchter Buͤr- ger, die ſich damals des oͤffentlichen Wohls an- nahmen ꝛc. Ein andrer beruͤhmter Schriftſteller iſt der be- ſcheidene und naife Effluo ſruob-Taâna, wel- cher erhabene Oden und Geſaͤnge geſchrieben hat, deren Naivetaͤt, und ruͤhrende Einfalt gerade zur Seele gehn, und ſie in eine ſuͤſſe Selbſtuͤberlaſſen- heit verſetzen. Der zierliche und zaͤrtliche Epprig-Taâna hat unſrer Sprache eine Annehmlichkeit und einen Wohllaut gegeben, davon unſere leichten Gedichte noch kein Beiſpiel aufzuweiſen hatten. Dabei hat ihn,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/retif_mensch_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/retif_mensch_1785/352
Zitationshilfe: Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/retif_mensch_1785/352>, abgerufen am 23.11.2024.