Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785.ter. Victorin hob ihn auf, und eilte ihr ihn nach- zubringen, küßte ihn unterwegens aber wohl fünf bis sechsmal, daß es Christine sehen konnte. Sie nahm ihn mit einer gnädigen Miene an: Da sie in dem Augenblicke allein war, that sie allerhand Fra- gen an ihn. Haben sie eine Liebste? sagte sie. "Ja Mamsell." "Jst sie schön?" "Wie die Rose, welche am Morgen sich auf- "Sie liebt sie doch? ... Oh! ganz gewiß, "Ach nein! erwiderte Victorin mit einem "So muß sie keine Kennerinn, oder sehr stolz "Ja, Mamsell, stolz ist sie: aber sie hat auch "Es ist also wohl eine vornehme Dame?" "Sie ist mehr als das, Mamsell, sie ist die "Sie reizen meine Neugierde; wo steckt denn "Zwischen Lilien und Rosen; sie wohnt an ei- "Sie
ter. Victorin hob ihn auf, und eilte ihr ihn nach- zubringen, kuͤßte ihn unterwegens aber wohl fuͤnf bis ſechsmal, daß es Chriſtine ſehen konnte. Sie nahm ihn mit einer gnaͤdigen Miene an: Da ſie in dem Augenblicke allein war, that ſie allerhand Fra- gen an ihn. Haben ſie eine Liebſte? ſagte ſie. „Ja Mamſell.‟ „Jſt ſie ſchoͤn?‟ „Wie die Roſe, welche am Morgen ſich auf- „Sie liebt ſie doch? … Oh! ganz gewiß, „Ach nein! erwiderte Victorin mit einem „So muß ſie keine Kennerinn, oder ſehr ſtolz „Ja, Mamſell, ſtolz iſt ſie: aber ſie hat auch „Es iſt alſo wohl eine vornehme Dame?‟ „Sie iſt mehr als das, Mamſell, ſie iſt die „Sie reizen meine Neugierde; wo ſteckt denn „Zwiſchen Lilien und Roſen; ſie wohnt an ei- „Sie
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ter. Victorin hob ihn auf, und eilte ihr ihn nach-
zubringen, kuͤßte ihn unterwegens aber wohl fuͤnf
bis ſechsmal, daß es Chriſtine ſehen konnte. Sie
nahm ihn mit einer gnaͤdigen Miene an: Da ſie in
dem Augenblicke allein war, that ſie allerhand Fra-
gen an ihn. Haben ſie eine Liebſte? ſagte ſie.
„Ja Mamſell.‟
„Jſt ſie ſchoͤn?‟
„Wie die Roſe, welche am Morgen ſich auf-
ſchluͤßt.‟
„Sie liebt ſie doch? … Oh! ganz gewiß,
ſetzte ſie ſogleich hinzu.‟
„Ach nein! erwiderte Victorin mit einem
Seufzer.‟
„So muß ſie keine Kennerinn, oder ſehr ſtolz
ſeyn.‟
„Ja, Mamſell, ſtolz iſt ſie: aber ſie hat auch
Urſach dazu: denn in Vergleichung ihrer bin ich
Richts.‟
„Es iſt alſo wohl eine vornehme Dame?‟
„Sie iſt mehr als das, Mamſell, ſie iſt die
Schoͤnheit ſelbſt, kein Koͤnig wuͤrde zu groß fuͤr ſie
ſeyn.‟
„Sie reizen meine Neugierde; wo ſteckt denn
dieſe Schoͤne?‟
„Zwiſchen Lilien und Roſen; ſie wohnt an ei-
nem reizenden Ort, der durch ihre Gegenwart noch
reizender wird.‟
„Sie
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