Gräfin zu Reventlow, Fanny: Herrn Dames Aufzeichnungen oder Begebenheiten aus einem merkwürdigen Stadtteil. München, 1913.ich solle ihn doch bald einmal besuchen, er interessiere sich lebhaft für meine weitere Entwicklung. Aus Nervosität begab ich mich ins Cafe, das ich schon längere Zeit hindurch vernachlässigt hatte, und diesmal tat mir selbst der Anblick der Kappadozischen und ihres jungen Dichters wohl. Ich fühlte beinah Sympathie für die beiden und schilderte ihnen meine Unterredung mit dem alten Herrn, in dem stolzen Gefühl, für die heidnische Bewegung eine Lanze gebrochen zu haben. Aber der Dichter mißbilligte es, daß ich mich darauf eingelassen. Wer an großen Dingen teilnehmen dürfe, der müsse auch darüber zu schweigen wissen. Doktor Gerhard, der ebenfalls zugegen war, verteidigte mich und meinte, man habe doch gerade zu diesem Fest alle möglichen Fernstehenden eingeladen, von denen keine innere Beteiligung zu erwarten wäre, und die dann vielleicht derartige Gerüchte verbreiteten. "Die Auswahl der Gäste bleibt wohl stets dem Gastgeber überlassen," bemerkte der Jüngling ablehnend und zupfte an seiner kultlichen Krawatte. "Gewiß," gab ich zu, "ich bitte mich nicht mißzuverstehen, -- ich halte es eben für korrekt, bei jeder Gelegenheit für das Haus meiner Gastgeber einzutreten." Er zuckte die Achseln: "Es tut mir leid, Herr Dame, aber auf studentische Ehrenstandpunkte vermag ich leider nicht einzugehen. Diese gehören der Welt ich solle ihn doch bald einmal besuchen, er interessiere sich lebhaft für meine weitere Entwicklung. Aus Nervosität begab ich mich ins Café, das ich schon längere Zeit hindurch vernachlässigt hatte, und diesmal tat mir selbst der Anblick der Kappadozischen und ihres jungen Dichters wohl. Ich fühlte beinah Sympathie für die beiden und schilderte ihnen meine Unterredung mit dem alten Herrn, in dem stolzen Gefühl, für die heidnische Bewegung eine Lanze gebrochen zu haben. Aber der Dichter mißbilligte es, daß ich mich darauf eingelassen. Wer an großen Dingen teilnehmen dürfe, der müsse auch darüber zu schweigen wissen. Doktor Gerhard, der ebenfalls zugegen war, verteidigte mich und meinte, man habe doch gerade zu diesem Fest alle möglichen Fernstehenden eingeladen, von denen keine innere Beteiligung zu erwarten wäre, und die dann vielleicht derartige Gerüchte verbreiteten. „Die Auswahl der Gäste bleibt wohl stets dem Gastgeber überlassen,“ bemerkte der Jüngling ablehnend und zupfte an seiner kultlichen Krawatte. „Gewiß,“ gab ich zu, „ich bitte mich nicht mißzuverstehen, — ich halte es eben für korrekt, bei jeder Gelegenheit für das Haus meiner Gastgeber einzutreten.“ Er zuckte die Achseln: „Es tut mir leid, Herr Dame, aber auf studentische Ehrenstandpunkte vermag ich leider nicht einzugehen. Diese gehören der Welt <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <div type="letter" n="2"> <p><pb facs="#f0140" n="136"/> ich solle ihn doch bald einmal besuchen, er interessiere sich lebhaft für meine weitere Entwicklung.</p> <p>Aus Nervosität begab ich mich ins Café, das ich schon längere Zeit hindurch vernachlässigt hatte, und diesmal tat mir selbst der Anblick der Kappadozischen und ihres jungen Dichters wohl. Ich fühlte beinah Sympathie für die beiden und schilderte ihnen meine Unterredung mit dem alten Herrn, in dem stolzen Gefühl, für die heidnische Bewegung eine Lanze gebrochen zu haben. Aber der Dichter mißbilligte es, daß ich mich darauf eingelassen. Wer an großen Dingen teilnehmen dürfe, der müsse auch darüber zu schweigen wissen.</p> <p>Doktor Gerhard, der ebenfalls zugegen war, verteidigte mich und meinte, man habe doch gerade zu diesem Fest alle möglichen Fernstehenden eingeladen, von denen keine innere Beteiligung zu erwarten wäre, und die dann vielleicht derartige Gerüchte verbreiteten.</p> <p>„Die Auswahl der Gäste bleibt wohl stets dem Gastgeber überlassen,“ bemerkte der Jüngling ablehnend und zupfte an seiner kultlichen Krawatte.</p> <p>„Gewiß,“ gab ich zu, „ich bitte mich nicht mißzuverstehen, — ich halte es eben für korrekt, bei jeder Gelegenheit für das Haus meiner Gastgeber einzutreten.“</p> <p>Er zuckte die Achseln: „Es tut mir leid, Herr Dame, aber auf studentische Ehrenstandpunkte vermag ich leider nicht einzugehen. Diese gehören der Welt </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [136/0140]
ich solle ihn doch bald einmal besuchen, er interessiere sich lebhaft für meine weitere Entwicklung.
Aus Nervosität begab ich mich ins Café, das ich schon längere Zeit hindurch vernachlässigt hatte, und diesmal tat mir selbst der Anblick der Kappadozischen und ihres jungen Dichters wohl. Ich fühlte beinah Sympathie für die beiden und schilderte ihnen meine Unterredung mit dem alten Herrn, in dem stolzen Gefühl, für die heidnische Bewegung eine Lanze gebrochen zu haben. Aber der Dichter mißbilligte es, daß ich mich darauf eingelassen. Wer an großen Dingen teilnehmen dürfe, der müsse auch darüber zu schweigen wissen.
Doktor Gerhard, der ebenfalls zugegen war, verteidigte mich und meinte, man habe doch gerade zu diesem Fest alle möglichen Fernstehenden eingeladen, von denen keine innere Beteiligung zu erwarten wäre, und die dann vielleicht derartige Gerüchte verbreiteten.
„Die Auswahl der Gäste bleibt wohl stets dem Gastgeber überlassen,“ bemerkte der Jüngling ablehnend und zupfte an seiner kultlichen Krawatte.
„Gewiß,“ gab ich zu, „ich bitte mich nicht mißzuverstehen, — ich halte es eben für korrekt, bei jeder Gelegenheit für das Haus meiner Gastgeber einzutreten.“
Er zuckte die Achseln: „Es tut mir leid, Herr Dame, aber auf studentische Ehrenstandpunkte vermag ich leider nicht einzugehen. Diese gehören der Welt
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