Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gräfin zu Reventlow, Fanny: Herrn Dames Aufzeichnungen oder Begebenheiten aus einem merkwürdigen Stadtteil. München, 1913.

Bild:
<< vorherige Seite

"Sehen Sie, lieber Dame, ich kann Ihnen nicht sagen, warum, aber ein erfahrener Freund hat mir dringend angeraten, mich dieses Stockes zu entledigen, -- es spielt da eine symbolische Bedeutung mit. Ich habe ihn eigens deshalb heute mitgenommen, raten Sie mir nun, wie ich ihn beseitigen soll, aber so, daß er nicht wieder aufgefunden wird."

Wir gingen gerade hinter dem Stadtgarten an einem schmalen Flüßchen entlang, und ich schlug vor, ihn ins Wasser zu werfen. Das leuchtete ihm auch ein, wir blieben stehen, Hofmann schwang den Stock ein paarmal um sich selbst, schleuderte ihn dann aber, wie uns beiden schien, zu weit, denn wir sahen ihn nicht fallen und mußten annehmen, daß er jenseits des schmalen Flusses in einem der drüben gelegenen Privatgärten gelandet sei.

Bestürzt sahen wir uns an: "Das ist ein böses Omen," stammelte Hofmann; er war einen Moment ganz außer Fassung.

Ich erbot mich, in der Villa drüben anzufragen, aber er sagte, nein, auf keinen Fall, er wolle ihn nicht noch einmal in Händen haben. Noch schlimmer sei es allerdings, wenn er in den Besitz von jemanden gelange, der ihm übelwolle. Dieser Gedanke schien ihm sehr viel Sorge zu machen.

In beklommener Stimmung traten wir den Heimweg an, und ein diesmal wirklich rätselhafter Zufall

„Sehen Sie, lieber Dame, ich kann Ihnen nicht sagen, warum, aber ein erfahrener Freund hat mir dringend angeraten, mich dieses Stockes zu entledigen, — es spielt da eine symbolische Bedeutung mit. Ich habe ihn eigens deshalb heute mitgenommen, raten Sie mir nun, wie ich ihn beseitigen soll, aber so, daß er nicht wieder aufgefunden wird.“

Wir gingen gerade hinter dem Stadtgarten an einem schmalen Flüßchen entlang, und ich schlug vor, ihn ins Wasser zu werfen. Das leuchtete ihm auch ein, wir blieben stehen, Hofmann schwang den Stock ein paarmal um sich selbst, schleuderte ihn dann aber, wie uns beiden schien, zu weit, denn wir sahen ihn nicht fallen und mußten annehmen, daß er jenseits des schmalen Flusses in einem der drüben gelegenen Privatgärten gelandet sei.

Bestürzt sahen wir uns an: „Das ist ein böses Omen,“ stammelte Hofmann; er war einen Moment ganz außer Fassung.

Ich erbot mich, in der Villa drüben anzufragen, aber er sagte, nein, auf keinen Fall, er wolle ihn nicht noch einmal in Händen haben. Noch schlimmer sei es allerdings, wenn er in den Besitz von jemanden gelange, der ihm übelwolle. Dieser Gedanke schien ihm sehr viel Sorge zu machen.

In beklommener Stimmung traten wir den Heimweg an, und ein diesmal wirklich rätselhafter Zufall

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="1">
          <p><pb facs="#f0190" n="186"/>
&#x201E;Sehen Sie, lieber Dame, ich kann Ihnen nicht sagen, warum, aber ein erfahrener Freund hat mir dringend angeraten, mich dieses Stockes zu entledigen, &#x2014; es spielt da eine symbolische Bedeutung mit. Ich habe ihn eigens deshalb heute mitgenommen, raten Sie mir nun, wie ich ihn beseitigen soll, aber so, daß er nicht wieder aufgefunden wird.&#x201C;</p>
          <p>Wir gingen gerade hinter dem Stadtgarten an einem schmalen Flüßchen entlang, und ich schlug vor, ihn ins Wasser zu werfen. Das leuchtete ihm auch ein, wir blieben stehen, Hofmann schwang den Stock ein paarmal um sich selbst, schleuderte ihn dann aber, wie uns beiden schien, zu weit, denn wir sahen ihn nicht fallen und mußten annehmen, daß er jenseits des schmalen Flusses in einem der drüben gelegenen Privatgärten gelandet sei.</p>
          <p>Bestürzt sahen wir uns an: &#x201E;Das ist ein böses Omen,&#x201C; stammelte Hofmann; er war einen Moment ganz außer Fassung.</p>
          <p>Ich erbot mich, in der Villa drüben anzufragen, aber er sagte, nein, auf keinen Fall, er wolle ihn nicht noch einmal in Händen haben. Noch schlimmer sei es allerdings, wenn er in den Besitz von jemanden gelange, der ihm übelwolle. Dieser Gedanke schien ihm sehr viel Sorge zu machen.</p>
          <p>In beklommener Stimmung traten wir den Heimweg an, und ein diesmal wirklich rätselhafter Zufall
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[186/0190] „Sehen Sie, lieber Dame, ich kann Ihnen nicht sagen, warum, aber ein erfahrener Freund hat mir dringend angeraten, mich dieses Stockes zu entledigen, — es spielt da eine symbolische Bedeutung mit. Ich habe ihn eigens deshalb heute mitgenommen, raten Sie mir nun, wie ich ihn beseitigen soll, aber so, daß er nicht wieder aufgefunden wird.“ Wir gingen gerade hinter dem Stadtgarten an einem schmalen Flüßchen entlang, und ich schlug vor, ihn ins Wasser zu werfen. Das leuchtete ihm auch ein, wir blieben stehen, Hofmann schwang den Stock ein paarmal um sich selbst, schleuderte ihn dann aber, wie uns beiden schien, zu weit, denn wir sahen ihn nicht fallen und mußten annehmen, daß er jenseits des schmalen Flusses in einem der drüben gelegenen Privatgärten gelandet sei. Bestürzt sahen wir uns an: „Das ist ein böses Omen,“ stammelte Hofmann; er war einen Moment ganz außer Fassung. Ich erbot mich, in der Villa drüben anzufragen, aber er sagte, nein, auf keinen Fall, er wolle ihn nicht noch einmal in Händen haben. Noch schlimmer sei es allerdings, wenn er in den Besitz von jemanden gelange, der ihm übelwolle. Dieser Gedanke schien ihm sehr viel Sorge zu machen. In beklommener Stimmung traten wir den Heimweg an, und ein diesmal wirklich rätselhafter Zufall

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/reventlow_dames_1913
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/reventlow_dames_1913/190
Zitationshilfe: Gräfin zu Reventlow, Fanny: Herrn Dames Aufzeichnungen oder Begebenheiten aus einem merkwürdigen Stadtteil. München, 1913, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reventlow_dames_1913/190>, abgerufen am 23.05.2024.