Gräfin zu Reventlow, Fanny: Herrn Dames Aufzeichnungen oder Begebenheiten aus einem merkwürdigen Stadtteil. München, 1913."Sehen Sie, lieber Dame, ich kann Ihnen nicht sagen, warum, aber ein erfahrener Freund hat mir dringend angeraten, mich dieses Stockes zu entledigen, -- es spielt da eine symbolische Bedeutung mit. Ich habe ihn eigens deshalb heute mitgenommen, raten Sie mir nun, wie ich ihn beseitigen soll, aber so, daß er nicht wieder aufgefunden wird." Wir gingen gerade hinter dem Stadtgarten an einem schmalen Flüßchen entlang, und ich schlug vor, ihn ins Wasser zu werfen. Das leuchtete ihm auch ein, wir blieben stehen, Hofmann schwang den Stock ein paarmal um sich selbst, schleuderte ihn dann aber, wie uns beiden schien, zu weit, denn wir sahen ihn nicht fallen und mußten annehmen, daß er jenseits des schmalen Flusses in einem der drüben gelegenen Privatgärten gelandet sei. Bestürzt sahen wir uns an: "Das ist ein böses Omen," stammelte Hofmann; er war einen Moment ganz außer Fassung. Ich erbot mich, in der Villa drüben anzufragen, aber er sagte, nein, auf keinen Fall, er wolle ihn nicht noch einmal in Händen haben. Noch schlimmer sei es allerdings, wenn er in den Besitz von jemanden gelange, der ihm übelwolle. Dieser Gedanke schien ihm sehr viel Sorge zu machen. In beklommener Stimmung traten wir den Heimweg an, und ein diesmal wirklich rätselhafter Zufall „Sehen Sie, lieber Dame, ich kann Ihnen nicht sagen, warum, aber ein erfahrener Freund hat mir dringend angeraten, mich dieses Stockes zu entledigen, — es spielt da eine symbolische Bedeutung mit. Ich habe ihn eigens deshalb heute mitgenommen, raten Sie mir nun, wie ich ihn beseitigen soll, aber so, daß er nicht wieder aufgefunden wird.“ Wir gingen gerade hinter dem Stadtgarten an einem schmalen Flüßchen entlang, und ich schlug vor, ihn ins Wasser zu werfen. Das leuchtete ihm auch ein, wir blieben stehen, Hofmann schwang den Stock ein paarmal um sich selbst, schleuderte ihn dann aber, wie uns beiden schien, zu weit, denn wir sahen ihn nicht fallen und mußten annehmen, daß er jenseits des schmalen Flusses in einem der drüben gelegenen Privatgärten gelandet sei. Bestürzt sahen wir uns an: „Das ist ein böses Omen,“ stammelte Hofmann; er war einen Moment ganz außer Fassung. Ich erbot mich, in der Villa drüben anzufragen, aber er sagte, nein, auf keinen Fall, er wolle ihn nicht noch einmal in Händen haben. Noch schlimmer sei es allerdings, wenn er in den Besitz von jemanden gelange, der ihm übelwolle. Dieser Gedanke schien ihm sehr viel Sorge zu machen. In beklommener Stimmung traten wir den Heimweg an, und ein diesmal wirklich rätselhafter Zufall <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <p><pb facs="#f0190" n="186"/> „Sehen Sie, lieber Dame, ich kann Ihnen nicht sagen, warum, aber ein erfahrener Freund hat mir dringend angeraten, mich dieses Stockes zu entledigen, — es spielt da eine symbolische Bedeutung mit. Ich habe ihn eigens deshalb heute mitgenommen, raten Sie mir nun, wie ich ihn beseitigen soll, aber so, daß er nicht wieder aufgefunden wird.“</p> <p>Wir gingen gerade hinter dem Stadtgarten an einem schmalen Flüßchen entlang, und ich schlug vor, ihn ins Wasser zu werfen. Das leuchtete ihm auch ein, wir blieben stehen, Hofmann schwang den Stock ein paarmal um sich selbst, schleuderte ihn dann aber, wie uns beiden schien, zu weit, denn wir sahen ihn nicht fallen und mußten annehmen, daß er jenseits des schmalen Flusses in einem der drüben gelegenen Privatgärten gelandet sei.</p> <p>Bestürzt sahen wir uns an: „Das ist ein böses Omen,“ stammelte Hofmann; er war einen Moment ganz außer Fassung.</p> <p>Ich erbot mich, in der Villa drüben anzufragen, aber er sagte, nein, auf keinen Fall, er wolle ihn nicht noch einmal in Händen haben. Noch schlimmer sei es allerdings, wenn er in den Besitz von jemanden gelange, der ihm übelwolle. Dieser Gedanke schien ihm sehr viel Sorge zu machen.</p> <p>In beklommener Stimmung traten wir den Heimweg an, und ein diesmal wirklich rätselhafter Zufall </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [186/0190]
„Sehen Sie, lieber Dame, ich kann Ihnen nicht sagen, warum, aber ein erfahrener Freund hat mir dringend angeraten, mich dieses Stockes zu entledigen, — es spielt da eine symbolische Bedeutung mit. Ich habe ihn eigens deshalb heute mitgenommen, raten Sie mir nun, wie ich ihn beseitigen soll, aber so, daß er nicht wieder aufgefunden wird.“
Wir gingen gerade hinter dem Stadtgarten an einem schmalen Flüßchen entlang, und ich schlug vor, ihn ins Wasser zu werfen. Das leuchtete ihm auch ein, wir blieben stehen, Hofmann schwang den Stock ein paarmal um sich selbst, schleuderte ihn dann aber, wie uns beiden schien, zu weit, denn wir sahen ihn nicht fallen und mußten annehmen, daß er jenseits des schmalen Flusses in einem der drüben gelegenen Privatgärten gelandet sei.
Bestürzt sahen wir uns an: „Das ist ein böses Omen,“ stammelte Hofmann; er war einen Moment ganz außer Fassung.
Ich erbot mich, in der Villa drüben anzufragen, aber er sagte, nein, auf keinen Fall, er wolle ihn nicht noch einmal in Händen haben. Noch schlimmer sei es allerdings, wenn er in den Besitz von jemanden gelange, der ihm übelwolle. Dieser Gedanke schien ihm sehr viel Sorge zu machen.
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