Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gräfin zu Reventlow, Fanny: Herrn Dames Aufzeichnungen oder Begebenheiten aus einem merkwürdigen Stadtteil. München, 1913.

Bild:
<< vorherige Seite

wollte es, daß wir dicht bei Hofmanns Wohnung Petersen begegneten. Er ging auf der anderen Seite der Straße, warf einen scharfen Blick herüber und ging ohne zu grüßen weiter. Hofmann hatte ihn glücklicherweise nicht gesehen, aber ich kann nicht leugnen, daß ich mir meine Gedanken darüber machte, und diese Gedanken waren düsterer Natur.

Es liegt nicht in meiner Art, irgend etwas leicht zu nehmen, aber jetzt habe ich manchmal ein Gefühl, als ob alle diese Dinge doch noch viel ernster und furchtbarer seien, als ich bisher ahnte. Ich bin auch nicht feige, aber Petersens Blick ging mir durch Mark und Bein. Er wird jetzt wohl denken, daß ich ganz auf Hofmanns Seite stehe. Und wenn ich es täte, wenn ich ihm wie an diesem Morgen mit Rat und Tat beistehe, -- wird man dann nicht auch mich mit in sein Schicksal verwickeln?

Und noch andere bange Fragen bestürmen mich, -- ich habe viel persönliche Sympathie für ihn. Ob er wirklich Verrat geübt hat, weiß ich nicht zu beurteilen, und dennoch möchte ich nicht zu denen gehören, die in dieser vielleicht noch für spätere Jahrhunderte bedeutsamen Angelegenheit eine zweifelhafte Rolle spielen.

Selbst wenn meine eigenen Hoffnungen bei diesen letzten Katastrophen wohl mit untergegangen sind --

Ja -- das Kapital für die Heidenkolonie soll jetzt da sein. Aber wo sind die Heiden? Allgemein wird die

wollte es, daß wir dicht bei Hofmanns Wohnung Petersen begegneten. Er ging auf der anderen Seite der Straße, warf einen scharfen Blick herüber und ging ohne zu grüßen weiter. Hofmann hatte ihn glücklicherweise nicht gesehen, aber ich kann nicht leugnen, daß ich mir meine Gedanken darüber machte, und diese Gedanken waren düsterer Natur.

Es liegt nicht in meiner Art, irgend etwas leicht zu nehmen, aber jetzt habe ich manchmal ein Gefühl, als ob alle diese Dinge doch noch viel ernster und furchtbarer seien, als ich bisher ahnte. Ich bin auch nicht feige, aber Petersens Blick ging mir durch Mark und Bein. Er wird jetzt wohl denken, daß ich ganz auf Hofmanns Seite stehe. Und wenn ich es täte, wenn ich ihm wie an diesem Morgen mit Rat und Tat beistehe, — wird man dann nicht auch mich mit in sein Schicksal verwickeln?

Und noch andere bange Fragen bestürmen mich, — ich habe viel persönliche Sympathie für ihn. Ob er wirklich Verrat geübt hat, weiß ich nicht zu beurteilen, und dennoch möchte ich nicht zu denen gehören, die in dieser vielleicht noch für spätere Jahrhunderte bedeutsamen Angelegenheit eine zweifelhafte Rolle spielen.

Selbst wenn meine eigenen Hoffnungen bei diesen letzten Katastrophen wohl mit untergegangen sind —

Ja — das Kapital für die Heidenkolonie soll jetzt da sein. Aber wo sind die Heiden? Allgemein wird die

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="1">
          <p><pb facs="#f0191" n="187"/>
wollte es, daß wir dicht bei Hofmanns Wohnung Petersen begegneten. Er ging auf der anderen Seite der Straße, warf einen scharfen Blick herüber und ging ohne zu grüßen weiter. Hofmann hatte ihn glücklicherweise nicht gesehen, aber ich kann nicht leugnen, daß ich mir meine Gedanken darüber machte, und diese Gedanken waren düsterer Natur.</p>
          <p>Es liegt nicht in meiner Art, irgend etwas leicht zu nehmen, aber jetzt habe ich manchmal ein Gefühl, als ob alle diese Dinge doch noch viel ernster und furchtbarer seien, als ich bisher ahnte. Ich bin auch nicht feige, aber Petersens Blick ging mir durch Mark und Bein. Er wird jetzt wohl denken, daß ich ganz auf Hofmanns Seite stehe. Und wenn ich es täte, wenn ich ihm wie an diesem Morgen mit Rat und Tat beistehe, &#x2014; wird man dann nicht auch mich mit in sein Schicksal verwickeln?</p>
          <p>Und noch andere bange Fragen bestürmen mich, &#x2014; ich habe viel persönliche Sympathie für ihn. Ob er wirklich Verrat geübt hat, weiß ich nicht zu beurteilen, und dennoch möchte ich nicht zu denen gehören, die in dieser vielleicht noch für spätere Jahrhunderte bedeutsamen Angelegenheit eine zweifelhafte Rolle spielen.</p>
          <p>Selbst wenn meine eigenen Hoffnungen bei diesen letzten Katastrophen wohl mit untergegangen sind &#x2014;</p>
          <p>Ja &#x2014; das Kapital für die Heidenkolonie soll jetzt da sein. Aber wo sind die Heiden? Allgemein wird die
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[187/0191] wollte es, daß wir dicht bei Hofmanns Wohnung Petersen begegneten. Er ging auf der anderen Seite der Straße, warf einen scharfen Blick herüber und ging ohne zu grüßen weiter. Hofmann hatte ihn glücklicherweise nicht gesehen, aber ich kann nicht leugnen, daß ich mir meine Gedanken darüber machte, und diese Gedanken waren düsterer Natur. Es liegt nicht in meiner Art, irgend etwas leicht zu nehmen, aber jetzt habe ich manchmal ein Gefühl, als ob alle diese Dinge doch noch viel ernster und furchtbarer seien, als ich bisher ahnte. Ich bin auch nicht feige, aber Petersens Blick ging mir durch Mark und Bein. Er wird jetzt wohl denken, daß ich ganz auf Hofmanns Seite stehe. Und wenn ich es täte, wenn ich ihm wie an diesem Morgen mit Rat und Tat beistehe, — wird man dann nicht auch mich mit in sein Schicksal verwickeln? Und noch andere bange Fragen bestürmen mich, — ich habe viel persönliche Sympathie für ihn. Ob er wirklich Verrat geübt hat, weiß ich nicht zu beurteilen, und dennoch möchte ich nicht zu denen gehören, die in dieser vielleicht noch für spätere Jahrhunderte bedeutsamen Angelegenheit eine zweifelhafte Rolle spielen. Selbst wenn meine eigenen Hoffnungen bei diesen letzten Katastrophen wohl mit untergegangen sind — Ja — das Kapital für die Heidenkolonie soll jetzt da sein. Aber wo sind die Heiden? Allgemein wird die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/reventlow_dames_1913
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/reventlow_dames_1913/191
Zitationshilfe: Gräfin zu Reventlow, Fanny: Herrn Dames Aufzeichnungen oder Begebenheiten aus einem merkwürdigen Stadtteil. München, 1913, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reventlow_dames_1913/191>, abgerufen am 18.05.2024.