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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748.

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Die Geschichte
"velace antworten oder nicht antworten soll?
"Soll ich ihm antworten, so bitte ich mir Jh-
"ren Befehl aus, wen ich zu Bestellung des Brie-
"fes gebrauchen soll. Jch aber verbleibe

Hochzuehrende Frau Mutter/
Jhre unglückliche aber stets gehorsame
Tochter
Clarissa Harlowe.


Mittewochens Morgens.

Eben erhalte ich Antwort. Meine Mutter
hat mir zwar in dem Briefe befohlen, ihn zu
verbrennen: allein da Sie ihn wohl verwahren
und niemanden sehen lassen werden, so wird ih-
re Absicht eben so gut erreichet, wenn ich Jh-
nen den Brief zuschicke. Er war ohne Aufschrift
und ohne Unterschrift.

Clarissa.

"Sage nicht, daß alle Straffe und üble Nach-
"rede auf dich fällt: ich muß von beyden eben
"so viel über mich nehmen als du, ob ich gleich
"weit mehr unschuldig bin. Da du eben so hart-
"näckig bist, als andere hitzig sind, so tadele dei-
"nen Bruder nicht. Jch sehe wir haben recht
"darin gehabt, daß Hannichen deine Brief-
"trägerin wäre. Wir sind nun in einem Stücke
"ruhiger nachdem sie weg ist, und du nicht mehr
"(wenigstens wir dencken dieses) an Fräulein
"Howe ohne unsere Erlaubniß schreiben kanst.

Jch

Die Geſchichte
velace antworten oder nicht antworten ſoll?
„Soll ich ihm antworten, ſo bitte ich mir Jh-
„ren Befehl aus, wen ich zu Beſtellung des Brie-
„fes gebrauchen ſoll. Jch aber verbleibe

Hochzuehrende Frau Mutter/
Jhre ungluͤckliche aber ſtets gehorſame
Tochter
Clariſſa Harlowe.


Mittewochens Morgens.

Eben erhalte ich Antwort. Meine Mutter
hat mir zwar in dem Briefe befohlen, ihn zu
verbrennen: allein da Sie ihn wohl verwahren
und niemanden ſehen laſſen werden, ſo wird ih-
re Abſicht eben ſo gut erreichet, wenn ich Jh-
nen den Brief zuſchicke. Er war ohne Aufſchrift
und ohne Unterſchrift.

Clariſſa.

„Sage nicht, daß alle Straffe und uͤble Nach-
„rede auf dich faͤllt: ich muß von beyden eben
„ſo viel uͤber mich nehmen als du, ob ich gleich
„weit mehr unſchuldig bin. Da du eben ſo hart-
„naͤckig biſt, als andere hitzig ſind, ſo tadele dei-
„nen Bruder nicht. Jch ſehe wir haben recht
„darin gehabt, daß Hannichen deine Brief-
„traͤgerin waͤre. Wir ſind nun in einem Stuͤcke
„ruhiger nachdem ſie weg iſt, und du nicht mehr
„(wenigſtens wir dencken dieſes) an Fraͤulein
Howe ohne unſere Erlaubniß ſchreiben kanſt.

Jch
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[266/0286] Die Geſchichte „velace antworten oder nicht antworten ſoll? „Soll ich ihm antworten, ſo bitte ich mir Jh- „ren Befehl aus, wen ich zu Beſtellung des Brie- „fes gebrauchen ſoll. Jch aber verbleibe Hochzuehrende Frau Mutter/ Jhre ungluͤckliche aber ſtets gehorſame Tochter Clariſſa Harlowe. Mittewochens Morgens. Eben erhalte ich Antwort. Meine Mutter hat mir zwar in dem Briefe befohlen, ihn zu verbrennen: allein da Sie ihn wohl verwahren und niemanden ſehen laſſen werden, ſo wird ih- re Abſicht eben ſo gut erreichet, wenn ich Jh- nen den Brief zuſchicke. Er war ohne Aufſchrift und ohne Unterſchrift. Clariſſa. „Sage nicht, daß alle Straffe und uͤble Nach- „rede auf dich faͤllt: ich muß von beyden eben „ſo viel uͤber mich nehmen als du, ob ich gleich „weit mehr unſchuldig bin. Da du eben ſo hart- „naͤckig biſt, als andere hitzig ſind, ſo tadele dei- „nen Bruder nicht. Jch ſehe wir haben recht „darin gehabt, daß Hannichen deine Brief- „traͤgerin waͤre. Wir ſind nun in einem Stuͤcke „ruhiger nachdem ſie weg iſt, und du nicht mehr „(wenigſtens wir dencken dieſes) an Fraͤulein „Howe ohne unſere Erlaubniß ſchreiben kanſt. Jch

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/286>, abgerufen am 22.11.2024.