Dinge ist: daß unter der Zeit sein knickerisches Gast-Gebot bey nahe zu Ende seyn könte. Wenn Wein vorfallen soll, so holt er ihn immer selbst: allein dieses giebt ihm wenig Mühe, weil er kei- nen andern Besuch hat, als den Geschäfte oder die äusserste Noth in sein Haus treiben. Denn wer nur umhin kan, der würde lieber unter frey- em Himmel bleiben, als bey ihm einkehren.
Das ist der Mann, der aus eben so gewinn- süchtigen und pöbelhaften Absichten ausgesucht ist, der Bräutigam, d. i. der Herr und Tyrann von Fräulein Clarissa Harlowe zu werden.
Vielleicht ist er nicht völlig so schlimm, als man ihn abmahlet. Ein allzuvortheilhaftes oder allzuschlimmes Bild, so man von dem Gemüthe anderer hat, pflegt selten recht ähnlich zu seyn: bey jenem hat öfters die Neigung und bey diesem der Widerwille allzuviele Nebenstriche gemacht. Als meine Mutter gegen Jhren Onckle Anton seines Geitzes gedachte, so sagte dieser: man würde ihn nach Jhrem Willen zu binden suchen. (Das wird besser mit einem Strick von Hanff, als durch die Bande der Ehe geschehen.) Jst dieses nicht ein deutliches Zeugniß, daß selbst diejenigen, die für ihn sind, schlechte Gedancken von seinem Gemüthe haben? und daß man wol gar darüber mit ihm einen Contract schliessen muß, daß er Jhnen die Nothdurft nicht soll mangeln lassen? doch genug, und mehr als genug, von einem solchen Menschen! Sie sollen ihn nicht neh- men, mein Hertz! davon bin ich hinlänglich über-
zeuget:
Die Geſchichte
Dinge iſt: daß unter der Zeit ſein knickeriſches Gaſt-Gebot bey nahe zu Ende ſeyn koͤnte. Wenn Wein vorfallen ſoll, ſo holt er ihn immer ſelbſt: allein dieſes giebt ihm wenig Muͤhe, weil er kei- nen andern Beſuch hat, als den Geſchaͤfte oder die aͤuſſerſte Noth in ſein Haus treiben. Denn wer nur umhin kan, der wuͤrde lieber unter frey- em Himmel bleiben, als bey ihm einkehren.
Das iſt der Mann, der aus eben ſo gewinn- ſuͤchtigen und poͤbelhaften Abſichten ausgeſucht iſt, der Braͤutigam, d. i. der Herr und Tyrann von Fraͤulein Clariſſa Harlowe zu werden.
Vielleicht iſt er nicht voͤllig ſo ſchlimm, als man ihn abmahlet. Ein allzuvortheilhaftes oder allzuſchlimmes Bild, ſo man von dem Gemuͤthe anderer hat, pflegt ſelten recht aͤhnlich zu ſeyn: bey jenem hat oͤfters die Neigung und bey dieſem der Widerwille allzuviele Nebenſtriche gemacht. Als meine Mutter gegen Jhren Onckle Anton ſeines Geitzes gedachte, ſo ſagte dieſer: man wuͤrde ihn nach Jhrem Willen zu binden ſuchen. (Das wird beſſer mit einem Strick von Hanff, als durch die Bande der Ehe geſchehen.) Jſt dieſes nicht ein deutliches Zeugniß, daß ſelbſt diejenigen, die fuͤr ihn ſind, ſchlechte Gedancken von ſeinem Gemuͤthe haben? und daß man wol gar daruͤber mit ihm einen Contract ſchlieſſen muß, daß er Jhnen die Nothdurft nicht ſoll mangeln laſſen? doch genug, und mehr als genug, von einem ſolchen Menſchen! Sie ſollen ihn nicht neh- men, mein Hertz! davon bin ich hinlaͤnglich uͤber-
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Die Geſchichte
Dinge iſt: daß unter der Zeit ſein knickeriſches
Gaſt-Gebot bey nahe zu Ende ſeyn koͤnte. Wenn
Wein vorfallen ſoll, ſo holt er ihn immer ſelbſt:
allein dieſes giebt ihm wenig Muͤhe, weil er kei-
nen andern Beſuch hat, als den Geſchaͤfte oder
die aͤuſſerſte Noth in ſein Haus treiben. Denn
wer nur umhin kan, der wuͤrde lieber unter frey-
em Himmel bleiben, als bey ihm einkehren.
Das iſt der Mann, der aus eben ſo gewinn-
ſuͤchtigen und poͤbelhaften Abſichten ausgeſucht
iſt, der Braͤutigam, d. i. der Herr und Tyrann
von Fraͤulein Clariſſa Harlowe zu werden.
Vielleicht iſt er nicht voͤllig ſo ſchlimm, als
man ihn abmahlet. Ein allzuvortheilhaftes oder
allzuſchlimmes Bild, ſo man von dem Gemuͤthe
anderer hat, pflegt ſelten recht aͤhnlich zu ſeyn:
bey jenem hat oͤfters die Neigung und bey dieſem
der Widerwille allzuviele Nebenſtriche gemacht.
Als meine Mutter gegen Jhren Onckle Anton
ſeines Geitzes gedachte, ſo ſagte dieſer: man
wuͤrde ihn nach Jhrem Willen zu binden
ſuchen. (Das wird beſſer mit einem Strick von
Hanff, als durch die Bande der Ehe geſchehen.)
Jſt dieſes nicht ein deutliches Zeugniß, daß ſelbſt
diejenigen, die fuͤr ihn ſind, ſchlechte Gedancken
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daß er Jhnen die Nothdurft nicht ſoll mangeln
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/306>, abgerufen am 22.11.2024.
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