ne Umschweif ausdrucken: er besteht in weiter nichts, als in widernehmen. Wenn Sie ihr Gut nur wiedernehmen, so wird sich das übrige von selbst geben.
Wir haben hier Nachricht, daß so wohl Frau Norton als Jhre Base Hervey für den blinden Gehorsam ist. Jch wollte mich von Hertzen mit ihr zancken, wenn sie das verdauen kan, daß die Bemühung und der Fleiß so sie auf Jhre Erzie- hung gewandt hat, und Jhre eigene vortrefflichen Natur-Gaben und übrigen Vorzüge, verschwen- det, und einem so unwürdigen Menschen als Solmes ist Preis gegeben werden sollen. Sie mögen vielleicht glauben, daß ich hiedurch die gu- te Frau bey Jhnen herunter zu setzen suche: und Sie haben nicht gantz unrecht hierin. Denn ich liebe Frau Norton (wie mich dünckt) etwas weniger, als ich thun würde, wenn Jhre Liebe gegen sie nicht allzu groß und mercklich wäre, und ich mit völliger Gewißheit glauben könte, daß Sie mich mehr liebten, als sie.
Jhre Frau Mutter sagt Jhnen zum voraus, daß Sie viel auszustehen haben werden, und daß Sie jetzt unter Jhres Vaters Zucht sind? (Das sind Worte, die mir schon eine Person verächt- lich machen können, welche sich ihrer bedinet.) Daß sie Jhnen nicht weiter helffen kann? daß was Sie gutes zu erwarten haben von Jhren Onckles zu erwarten ist? Jch hoffe, mein Schatz, Sie werden zu diesen unverständigen Ausdrücken die Anmerckung hinzu schreiben: nachdem ich
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der Clariſſa.
ne Umſchweif ausdrucken: er beſteht in weiter nichts, als in widernehmen. Wenn Sie ihr Gut nur wiedernehmen, ſo wird ſich das uͤbrige von ſelbſt geben.
Wir haben hier Nachricht, daß ſo wohl Frau Norton als Jhre Baſe Hervey fuͤr den blinden Gehorſam iſt. Jch wollte mich von Hertzen mit ihr zancken, wenn ſie das verdauen kan, daß die Bemuͤhung und der Fleiß ſo ſie auf Jhre Erzie- hung gewandt hat, und Jhre eigene vortrefflichen Natur-Gaben und uͤbrigen Vorzuͤge, verſchwen- det, und einem ſo unwuͤrdigen Menſchen als Solmes iſt Preis gegeben werden ſollen. Sie moͤgen vielleicht glauben, daß ich hiedurch die gu- te Frau bey Jhnen herunter zu ſetzen ſuche: und Sie haben nicht gantz unrecht hierin. Denn ich liebe Frau Norton (wie mich duͤnckt) etwas weniger, als ich thun wuͤrde, wenn Jhre Liebe gegen ſie nicht allzu groß und mercklich waͤre, und ich mit voͤlliger Gewißheit glauben koͤnte, daß Sie mich mehr liebten, als ſie.
Jhre Frau Mutter ſagt Jhnen zum voraus, daß Sie viel auszuſtehen haben werden, und daß Sie jetzt unter Jhres Vaters Zucht ſind? (Das ſind Worte, die mir ſchon eine Perſon veraͤcht- lich machen koͤnnen, welche ſich ihrer bedinet.) Daß ſie Jhnen nicht weiter helffen kann? daß was Sie gutes zu erwarten haben von Jhren Onckles zu erwarten iſt? Jch hoffe, mein Schatz, Sie werden zu dieſen unverſtaͤndigen Ausdruͤcken die Anmerckung hinzu ſchreiben: nachdem ich
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der Clariſſa.
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nichts, als in widernehmen. Wenn Sie ihr
Gut nur wiedernehmen, ſo wird ſich das uͤbrige
von ſelbſt geben.
Wir haben hier Nachricht, daß ſo wohl Frau
Norton als Jhre Baſe Hervey fuͤr den blinden
Gehorſam iſt. Jch wollte mich von Hertzen mit
ihr zancken, wenn ſie das verdauen kan, daß die
Bemuͤhung und der Fleiß ſo ſie auf Jhre Erzie-
hung gewandt hat, und Jhre eigene vortrefflichen
Natur-Gaben und uͤbrigen Vorzuͤge, verſchwen-
det, und einem ſo unwuͤrdigen Menſchen als
Solmes iſt Preis gegeben werden ſollen. Sie
moͤgen vielleicht glauben, daß ich hiedurch die gu-
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Sie haben nicht gantz unrecht hierin. Denn ich
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weniger, als ich thun wuͤrde, wenn Jhre Liebe
gegen ſie nicht allzu groß und mercklich waͤre, und
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Jhre Frau Mutter ſagt Jhnen zum voraus,
daß Sie viel auszuſtehen haben werden, und daß
Sie jetzt unter Jhres Vaters Zucht ſind? (Das
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Daß ſie Jhnen nicht weiter helffen kann? daß
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/317>, abgerufen am 22.11.2024.
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