Hand haben wird? deren Ausgaben und deren Begierden gemäßiget sind; und die, wenn sie ja etwas überflüßiges hätte, es nicht beylegen und ohne Gebrauch lassen, sondern den Nothdürftigen mittheilen würde? Wenn demnach solche kleine pöbelhafte Absichten auch alsdenn von so weniger Kraft bey mir sind, wenn sie meinen eigenen Vor- theil betreffen: kan denn wohl die entfernte und ungewisse Absicht, unsere Familie zu bereichern, (und zwar die Familie, die einen solchen Bruder zum Stamm-Vater haben wird,) einige Wir- ckung bey mir haben?
Mein Bruder hat selbst so wenig Achtung für das Beste seiner Familie gehabt, daß er lieber sein Leben wagen wollte, (ein Leben das der gantzen Familie billig theuer seyn muß, weil er der eintzige Stammhalter ist) als die Leidenschaften überwin- den, die er sich nie zu überwinden unterstehet, und die (wenn ich es sagen darf) von seinen Eltern mehr verzärtelt sind, als es ihm und andern nütz- lich ist. Hat denn wohl dieser Bruder entweder durch seine übrige Aufführung oder durch seine Achtung für unsere Familie, es um mich verdienet, daß ich meine zeitliche und wol gar meine ewige Glückseligkeit ihm aufopfern soll, um einen win- digten Vorschlag zur Wircklichkeit zu bringen, von dem ich mich unterstehen will, deutlich zu er- weisen, daß er, wo nicht albern doch höchst unge- wiß ist, und sich auf lauter zum voraus gesetzte un- wahrscheinliche Dinge grundet.
Jch
Die Geſchichte
Hand haben wird? deren Ausgaben und deren Begierden gemaͤßiget ſind; und die, wenn ſie ja etwas uͤberfluͤßiges haͤtte, es nicht beylegen und ohne Gebrauch laſſen, ſondern den Nothduͤrftigen mittheilen wuͤrde? Wenn demnach ſolche kleine poͤbelhafte Abſichten auch alsdenn von ſo weniger Kraft bey mir ſind, wenn ſie meinen eigenen Vor- theil betreffen: kan denn wohl die entfernte und ungewiſſe Abſicht, unſere Familie zu bereichern, (und zwar die Familie, die einen ſolchen Bruder zum Stamm-Vater haben wird,) einige Wir- ckung bey mir haben?
Mein Bruder hat ſelbſt ſo wenig Achtung fuͤr das Beſte ſeiner Familie gehabt, daß er lieber ſein Leben wagen wollte, (ein Leben das der gantzen Familie billig theuer ſeyn muß, weil er der eintzige Stammhalter iſt) als die Leidenſchaften uͤberwin- den, die er ſich nie zu uͤberwinden unterſtehet, und die (wenn ich es ſagen darf) von ſeinen Eltern mehr verzaͤrtelt ſind, als es ihm und andern nuͤtz- lich iſt. Hat denn wohl dieſer Bruder entweder durch ſeine uͤbrige Auffuͤhrung oder durch ſeine Achtung fuͤr unſere Familie, es um mich verdienet, daß ich meine zeitliche und wol gar meine ewige Gluͤckſeligkeit ihm aufopfern ſoll, um einen win- digten Vorſchlag zur Wircklichkeit zu bringen, von dem ich mich unterſtehen will, deutlich zu er- weiſen, daß er, wo nicht albern doch hoͤchſt unge- wiß iſt, und ſich auf lauter zum voraus geſetzte un- wahrſcheinliche Dinge grundet.
Jch
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Die Geſchichte
Hand haben wird? deren Ausgaben und deren
Begierden gemaͤßiget ſind; und die, wenn ſie ja
etwas uͤberfluͤßiges haͤtte, es nicht beylegen und
ohne Gebrauch laſſen, ſondern den Nothduͤrftigen
mittheilen wuͤrde? Wenn demnach ſolche kleine
poͤbelhafte Abſichten auch alsdenn von ſo weniger
Kraft bey mir ſind, wenn ſie meinen eigenen Vor-
theil betreffen: kan denn wohl die entfernte und
ungewiſſe Abſicht, unſere Familie zu bereichern,
(und zwar die Familie, die einen ſolchen Bruder
zum Stamm-Vater haben wird,) einige Wir-
ckung bey mir haben?
Mein Bruder hat ſelbſt ſo wenig Achtung fuͤr
das Beſte ſeiner Familie gehabt, daß er lieber ſein
Leben wagen wollte, (ein Leben das der gantzen
Familie billig theuer ſeyn muß, weil er der eintzige
Stammhalter iſt) als die Leidenſchaften uͤberwin-
den, die er ſich nie zu uͤberwinden unterſtehet, und
die (wenn ich es ſagen darf) von ſeinen Eltern
mehr verzaͤrtelt ſind, als es ihm und andern nuͤtz-
lich iſt. Hat denn wohl dieſer Bruder entweder
durch ſeine uͤbrige Auffuͤhrung oder durch ſeine
Achtung fuͤr unſere Familie, es um mich verdienet,
daß ich meine zeitliche und wol gar meine ewige
Gluͤckſeligkeit ihm aufopfern ſoll, um einen win-
digten Vorſchlag zur Wircklichkeit zu bringen,
von dem ich mich unterſtehen will, deutlich zu er-
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wiß iſt, und ſich auf lauter zum voraus geſetzte un-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748, S. 354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/374>, abgerufen am 25.11.2024.
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