Mücken-Säuger und Cameel-Schlucker/ wie euch die heilige Schrift nennet.
Wie wunderliche Namen kan der Eigensinn den Dingen geben! Ein kluger Mann, der nie- mand gern betriegen will, muß geitzig heissen. Ein verflugter Galgen-Schwengel wird umgetauft, und ein braver Mann, ein artiger Herr genannt.
Jch glaube gewiß, daß Lovelace nicht so viel aus Jhnen machen würde, als er jetzt den Schein haben will, wenn nicht zwey Ursachen zum Grun- de lägen. Und was für Ursachen? Zum ersten, er thut es uns zum Trotz: zum andern, er weiß daß Sie eigene Mittel haben, die nicht von Jhren El- tern herkommen. Jch wünschte, daß Jhr lieber seliger Grosvater das, was er Jhnen vermacht hat, nicht so völlig Jhrer Gewalt überlassen hät- te. Allein er dachte nicht daran, daß seine liebe Enckelin sich allen Jhren Freunden so widersetzen würde als bisher geschehen ist.
Was kan sich aber Herr Solmes für Hoffnung machen, wenn Sie von einem andern eingenommen sind? Das will bald gut werden! Sind Sie das, die so redet, Clärchen? Kan er sich denn keine Hoffnung darauf ma- chen, daß Jhnen Vater, Mutter, und Onckels zu ihm rathen? Nein! gar keine Hoffnung, wie es scheint. Das ist brav. Jch hätte gedacht, die- ses wäre genug gewesen, von einem gehorsamen Kinde das Jawort zu erhalten. Wir gingen so weit, weil wir uns auf Jhren Gehorsam ver- liessen: und nun läßt sich die Sache nicht mehr
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Die Geſchichte
Muͤcken-Saͤuger und Cameel-Schlucker/ wie euch die heilige Schrift nennet.
Wie wunderliche Namen kan der Eigenſinn den Dingen geben! Ein kluger Mann, der nie- mand gern betriegen will, muß geitzig heiſſen. Ein verflugter Galgen-Schwengel wird umgetauft, und ein braver Mañ, ein artiger Herr genañt.
Jch glaube gewiß, daß Lovelace nicht ſo viel aus Jhnen machen wuͤrde, als er jetzt den Schein haben will, wenn nicht zwey Urſachen zum Grun- de laͤgen. Und was fuͤr Urſachen? Zum erſten, er thut es uns zum Trotz: zum andern, er weiß daß Sie eigene Mittel haben, die nicht von Jhren El- tern herkommen. Jch wuͤnſchte, daß Jhr lieber ſeliger Grosvater das, was er Jhnen vermacht hat, nicht ſo voͤllig Jhrer Gewalt uͤberlaſſen haͤt- te. Allein er dachte nicht daran, daß ſeine liebe Enckelin ſich allen Jhren Freunden ſo widerſetzen wuͤrde als bisher geſchehen iſt.
Was kan ſich aber Herr Solmes fuͤr Hoffnung machen, wenn Sie von einem andern eingenommen ſind? Das will bald gut werden! Sind Sie das, die ſo redet, Claͤrchen? Kan er ſich denn keine Hoffnung darauf ma- chen, daß Jhnen Vater, Mutter, und Onckels zu ihm rathen? Nein! gar keine Hoffnung, wie es ſcheint. Das iſt brav. Jch haͤtte gedacht, die- ſes waͤre genug geweſen, von einem gehorſamen Kinde das Jawort zu erhalten. Wir gingen ſo weit, weil wir uns auf Jhren Gehorſam ver- lieſſen: und nun laͤßt ſich die Sache nicht mehr
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Die Geſchichte
Muͤcken-Saͤuger und Cameel-Schlucker/
wie euch die heilige Schrift nennet.
Wie wunderliche Namen kan der Eigenſinn
den Dingen geben! Ein kluger Mann, der nie-
mand gern betriegen will, muß geitzig heiſſen. Ein
verflugter Galgen-Schwengel wird umgetauft,
und ein braver Mañ, ein artiger Herr genañt.
Jch glaube gewiß, daß Lovelace nicht ſo viel
aus Jhnen machen wuͤrde, als er jetzt den Schein
haben will, wenn nicht zwey Urſachen zum Grun-
de laͤgen. Und was fuͤr Urſachen? Zum erſten, er
thut es uns zum Trotz: zum andern, er weiß daß
Sie eigene Mittel haben, die nicht von Jhren El-
tern herkommen. Jch wuͤnſchte, daß Jhr lieber
ſeliger Grosvater das, was er Jhnen vermacht
hat, nicht ſo voͤllig Jhrer Gewalt uͤberlaſſen haͤt-
te. Allein er dachte nicht daran, daß ſeine liebe
Enckelin ſich allen Jhren Freunden ſo widerſetzen
wuͤrde als bisher geſchehen iſt.
Was kan ſich aber Herr Solmes fuͤr
Hoffnung machen, wenn Sie von einem
andern eingenommen ſind? Das will bald gut
werden! Sind Sie das, die ſo redet, Claͤrchen?
Kan er ſich denn keine Hoffnung darauf ma-
chen, daß Jhnen Vater, Mutter, und Onckels
zu ihm rathen? Nein! gar keine Hoffnung, wie
es ſcheint. Das iſt brav. Jch haͤtte gedacht, die-
ſes waͤre genug geweſen, von einem gehorſamen
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748, S. 362. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/382>, abgerufen am 25.11.2024.
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