hern Rang zu erlangen, als sich mein Bruder machen könnte, wenn er Schlösser in die Lufft bauete.
Wie weiß der Mann alle unsere Thorheiten so genau? Jch wundere mich noch mehr, wie er dar- auf gekommen ist, mich an diesem Orte zu suchen.
Jch war sehr unruhig, und wollte nicht länger bleiben, sonderlich deswegen, weil die Nacht an- brach. Jch konnte aber nicht von ihm loskom- men, bis ich noch mehr von seinem Anliegen ge- hört hatte.
Weil er hoffete, daß ich mich noch endlich be- wegen lassen würde, ihn zu dem glücklichsten Men- schen unter der Sonnen zu machen: so könnte ich ihm eine solche Sorgfalt für meinen guten Nah- men zutrauen, daß er eben so wenig etwas anra- then würde, das auch nur einen Schatten auf mei- ne Ehre werffen könnte, wenn es ihm gleich noch so vortheilhaft wäre, als ich einem solchen Rath folgen würde. Da ich nicht Erlaubniß erhalten könnte, unverheyrathet zu bleiben, so möchte ich selbst bedencken, ob ich mehr als einen Weg vor mir sehe, mich von einem Zwange zu retten, der meinen Neigungen so sehr zuwider sey? Mein Va- ter sähe alles Nachgeben für eine Verletzung seiner Rechte an: meine beyden Onckles hätten eben die Art zu dencken als er: mein Bruder und meine Schwester brächten einander nur noch mehr ge- gen mich auf: Solmesens Vorschläge bezauber- ten jedermann: die Mutter der Fräulein Howe mache beynahe gemeinschaftliche Sache mit den
Mei-
Die Geſchichte
hern Rang zu erlangen, als ſich mein Bruder machen koͤnnte, wenn er Schloͤſſer in die Lufft bauete.
Wie weiß der Mann alle unſere Thorheiten ſo genau? Jch wundere mich noch mehr, wie er dar- auf gekommen iſt, mich an dieſem Orte zu ſuchen.
Jch war ſehr unruhig, und wollte nicht laͤnger bleiben, ſonderlich deswegen, weil die Nacht an- brach. Jch konnte aber nicht von ihm loskom- men, bis ich noch mehr von ſeinem Anliegen ge- hoͤrt hatte.
Weil er hoffete, daß ich mich noch endlich be- wegen laſſen wuͤrde, ihn zu dem gluͤcklichſten Men- ſchen unter der Sonnen zu machen: ſo koͤnnte ich ihm eine ſolche Sorgfalt fuͤr meinen guten Nah- men zutrauen, daß er eben ſo wenig etwas anra- then wuͤrde, das auch nur einen Schatten auf mei- ne Ehre werffen koͤnnte, wenn es ihm gleich noch ſo vortheilhaft waͤre, als ich einem ſolchen Rath folgen wuͤrde. Da ich nicht Erlaubniß erhalten koͤnnte, unverheyrathet zu bleiben, ſo moͤchte ich ſelbſt bedencken, ob ich mehr als einen Weg vor mir ſehe, mich von einem Zwange zu retten, der meinen Neigungen ſo ſehr zuwider ſey? Mein Va- ter ſaͤhe alles Nachgeben fuͤr eine Verletzung ſeiner Rechte an: meine beyden Onckles haͤtten eben die Art zu dencken als er: mein Bruder und meine Schweſter braͤchten einander nur noch mehr ge- gen mich auf: Solmeſens Vorſchlaͤge bezauber- ten jedermann: die Mutter der Fraͤulein Howe mache beynahe gemeinſchaftliche Sache mit den
Mei-
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Die Geſchichte
hern Rang zu erlangen, als ſich mein Bruder
machen koͤnnte, wenn er Schloͤſſer in die Lufft
bauete.
Wie weiß der Mann alle unſere Thorheiten ſo
genau? Jch wundere mich noch mehr, wie er dar-
auf gekommen iſt, mich an dieſem Orte zu ſuchen.
Jch war ſehr unruhig, und wollte nicht laͤnger
bleiben, ſonderlich deswegen, weil die Nacht an-
brach. Jch konnte aber nicht von ihm loskom-
men, bis ich noch mehr von ſeinem Anliegen ge-
hoͤrt hatte.
Weil er hoffete, daß ich mich noch endlich be-
wegen laſſen wuͤrde, ihn zu dem gluͤcklichſten Men-
ſchen unter der Sonnen zu machen: ſo koͤnnte ich
ihm eine ſolche Sorgfalt fuͤr meinen guten Nah-
men zutrauen, daß er eben ſo wenig etwas anra-
then wuͤrde, das auch nur einen Schatten auf mei-
ne Ehre werffen koͤnnte, wenn es ihm gleich noch
ſo vortheilhaft waͤre, als ich einem ſolchen Rath
folgen wuͤrde. Da ich nicht Erlaubniß erhalten
koͤnnte, unverheyrathet zu bleiben, ſo moͤchte ich
ſelbſt bedencken, ob ich mehr als einen Weg vor
mir ſehe, mich von einem Zwange zu retten, der
meinen Neigungen ſo ſehr zuwider ſey? Mein Va-
ter ſaͤhe alles Nachgeben fuͤr eine Verletzung ſeiner
Rechte an: meine beyden Onckles haͤtten eben die
Art zu dencken als er: mein Bruder und meine
Schweſter braͤchten einander nur noch mehr ge-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748, S. 402. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/422>, abgerufen am 27.11.2024.
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