Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Geschichte

Einmahl für allemahl, wenn ich meine Absicht
nicht zur Ehre der Familie durchtreiben kann, so
will ich mich nach Schottland begeben, und keinen
den. Meinigen jemahls wider sehen.

Jacob Harlowe.

Das ist ein Bruder! das ist ein recht kindliches
Hertz gegen Vater, Mutter und Onckles. Allein
er sieht, wie viel aus ihm gemacht wird, und er
weiß sich auch darnach zu halten, und aus einem
hohen Ton zu reden.



Der drey und viertzigste Brief.
von
Fräulein Clarissa Harlowe an Fräulein
Howe.

Frau Hervey 'hat die vergangene Nacht hier
geschlafen, und ist eben von mir weggegan-
gen. Sie kam mit meiner Schwest er zu mir;
denn man wollte ihr nicht trauen, wenn sie nicht
unter den Augen einer so übelgesinneten Zeugin
wäre. Als sie in die Stube trat, sagte ich ihr: ich
sehe diesen Besuch für eine sehr grosse Gütigkeit
gegen eine arme Gefangene an. Jch küßte ihr
die Hände, und sie mir den Mund, mit den Wor-
ten: wie thun sie so fremde gegen eine Mutter-
Schwester, die sie so zärtlich liebet?

Sie
Die Geſchichte

Einmahl fuͤr allemahl, wenn ich meine Abſicht
nicht zur Ehre der Familie durchtreiben kann, ſo
will ich mich nach Schottland begeben, und keinen
den. Meinigen jemahls wider ſehen.

Jacob Harlowe.

Das iſt ein Bruder! das iſt ein recht kindliches
Hertz gegen Vater, Mutter und Onckles. Allein
er ſieht, wie viel aus ihm gemacht wird, und er
weiß ſich auch darnach zu halten, und aus einem
hohen Ton zu reden.



Der drey und viertzigſte Brief.
von
Fraͤulein Clariſſa Harlowe an Fraͤulein
Howe.

Frau Hervey ’hat die vergangene Nacht hier
geſchlafen, und iſt eben von mir weggegan-
gen. Sie kam mit meiner Schweſt er zu mir;
denn man wollte ihr nicht trauen, wenn ſie nicht
unter den Augen einer ſo uͤbelgeſinneten Zeugin
waͤre. Als ſie in die Stube trat, ſagte ich ihr: ich
ſehe dieſen Beſuch fuͤr eine ſehr groſſe Guͤtigkeit
gegen eine arme Gefangene an. Jch kuͤßte ihr
die Haͤnde, und ſie mir den Mund, mit den Wor-
ten: wie thun ſie ſo fremde gegen eine Mutter-
Schweſter, die ſie ſo zaͤrtlich liebet?

Sie
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <pb facs="#f0518" n="498"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">Die Ge&#x017F;chichte</hi> </hi> </fw><lb/>
        <p>Einmahl fu&#x0364;r allemahl, wenn ich meine Ab&#x017F;icht<lb/>
nicht zur Ehre der Familie durchtreiben kann, &#x017F;o<lb/>
will ich mich nach Schottland begeben, und keinen<lb/>
den. Meinigen jemahls wider &#x017F;ehen.</p><lb/>
        <closer>
          <salute> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#fr">Jacob Harlowe.</hi> </hi> </salute>
        </closer><lb/>
        <postscript>
          <p>Das i&#x017F;t ein Bruder! das i&#x017F;t ein recht kindliches<lb/>
Hertz gegen Vater, Mutter und Onckles. Allein<lb/>
er &#x017F;ieht, wie viel aus ihm gemacht wird, und er<lb/>
weiß &#x017F;ich auch darnach zu halten, und aus einem<lb/>
hohen Ton zu reden.</p>
        </postscript>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div n="2">
        <head><hi rendition="#fr">Der drey und viertzig&#x017F;te Brief.</hi><lb/>
von<lb/><hi rendition="#fr">Fra&#x0364;ulein Clari&#x017F;&#x017F;a</hi> H<hi rendition="#fr">arlowe an Fra&#x0364;ulein<lb/>
Howe.</hi></head><lb/>
        <dateline> <hi rendition="#et">Mittewochens fru&#x0364;h um 9 Uhr.</hi> </dateline><lb/>
        <p><hi rendition="#in">F</hi>rau <hi rendition="#fr">Hervey</hi> &#x2019;hat die vergangene Nacht hier<lb/>
ge&#x017F;chlafen, und i&#x017F;t eben von mir weggegan-<lb/>
gen. Sie kam mit meiner Schwe&#x017F;t er zu mir;<lb/>
denn man wollte ihr nicht trauen, wenn &#x017F;ie nicht<lb/>
unter den Augen einer &#x017F;o u&#x0364;belge&#x017F;inneten Zeugin<lb/>
wa&#x0364;re. Als &#x017F;ie in die Stube trat, &#x017F;agte ich ihr: ich<lb/>
&#x017F;ehe die&#x017F;en Be&#x017F;uch fu&#x0364;r eine &#x017F;ehr gro&#x017F;&#x017F;e Gu&#x0364;tigkeit<lb/>
gegen eine arme Gefangene an. Jch ku&#x0364;ßte ihr<lb/>
die Ha&#x0364;nde, und &#x017F;ie mir den Mund, mit den Wor-<lb/>
ten: wie thun &#x017F;ie &#x017F;o fremde gegen eine Mutter-<lb/>
Schwe&#x017F;ter, die &#x017F;ie &#x017F;o za&#x0364;rtlich liebet?</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">Sie</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[498/0518] Die Geſchichte Einmahl fuͤr allemahl, wenn ich meine Abſicht nicht zur Ehre der Familie durchtreiben kann, ſo will ich mich nach Schottland begeben, und keinen den. Meinigen jemahls wider ſehen. Jacob Harlowe. Das iſt ein Bruder! das iſt ein recht kindliches Hertz gegen Vater, Mutter und Onckles. Allein er ſieht, wie viel aus ihm gemacht wird, und er weiß ſich auch darnach zu halten, und aus einem hohen Ton zu reden. Der drey und viertzigſte Brief. von Fraͤulein Clariſſa Harlowe an Fraͤulein Howe. Mittewochens fruͤh um 9 Uhr. Frau Hervey ’hat die vergangene Nacht hier geſchlafen, und iſt eben von mir weggegan- gen. Sie kam mit meiner Schweſt er zu mir; denn man wollte ihr nicht trauen, wenn ſie nicht unter den Augen einer ſo uͤbelgeſinneten Zeugin waͤre. Als ſie in die Stube trat, ſagte ich ihr: ich ſehe dieſen Beſuch fuͤr eine ſehr groſſe Guͤtigkeit gegen eine arme Gefangene an. Jch kuͤßte ihr die Haͤnde, und ſie mir den Mund, mit den Wor- ten: wie thun ſie ſo fremde gegen eine Mutter- Schweſter, die ſie ſo zaͤrtlich liebet? Sie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/518
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748, S. 498. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/518>, abgerufen am 21.11.2024.