Er sprach: bedenkt aber, daß nicht ich sondern euer Vater euch Lovelaces Umgang verbietet.
Meine Base Hervey antwortete: mein Vetter, vergönnen Sie mir zu sagen, daß man sich auf Clärchens Vorsichtigkeit und Klugheit verlassen kann. Meine Mutter bekräfftigte dieses.
Aber, (versetzte meine Schwester) ich hoffe, es werde nicht schädlich seyn, daß man meiner Schwe- ster deutlich sage, unter welchen Bedingungen sie zu der Fräulein Howe reisen dürfe. Denn wenn er es versucht, ihr dort zuzusprechen - -
Mein Vaters-Bruder Harlowe fiel ihr in das Wort: sie können versichert seyn, daß er sich be- mühen wird, sie dort zu besuchen. Und Anton setzte noch dazu: ein so unverschämter Mann wür- de es auch hier versuchen. Und es ist besser, daß es dort, als daß es hier geschehe.
Besser weder hier noch dort! sagte mein Vater. Jch befehle dir/ so lieb dir meine Liebe ist/ ihn gar nicht zu sprechen.
Jch werde, sprach ich, auf keine Weise Gele- genheit dazu geben, dis versichere ich. Jch werde ihn schlechterdings nicht sprechen, wenn ich es auf eine anständige Art vermeyden kann.
Meine Mutter berieff sich darauf, daß ich bis- her so kaltsinnig mit ihm umgegangen, und be- kräfftigte von neuen das Urtheil der Frau Hervey, daß man sich auf meine Vorsichtigkeit verlassen könnte.
Mein Bruder stichelte mit diesen drey Worten: zum-Schein - - kaltsinnig!
Mein
der Clariſſa.
Er ſprach: bedenkt aber, daß nicht ich ſondern euer Vater euch Lovelaces Umgang verbietet.
Meine Baſe Hervey antwortete: mein Vetter, vergoͤnnen Sie mir zu ſagen, daß man ſich auf Claͤrchens Vorſichtigkeit und Klugheit verlaſſen kann. Meine Mutter bekraͤfftigte dieſes.
Aber, (verſetzte meine Schweſter) ich hoffe, es werde nicht ſchaͤdlich ſeyn, daß man meiner Schwe- ſter deutlich ſage, unter welchen Bedingungen ſie zu der Fraͤulein Howe reiſen duͤrfe. Denn wenn er es verſucht, ihr dort zuzuſprechen ‒ ‒
Mein Vaters-Bruder Harlowe fiel ihr in das Wort: ſie koͤnnen verſichert ſeyn, daß er ſich be- muͤhen wird, ſie dort zu beſuchen. Und Anton ſetzte noch dazu: ein ſo unverſchaͤmter Mann wuͤr- de es auch hier verſuchen. Und es iſt beſſer, daß es dort, als daß es hier geſchehe.
Beſſer weder hier noch dort! ſagte mein Vater. Jch befehle dir/ ſo lieb dir meine Liebe iſt/ ihn gar nicht zu ſprechen.
Jch werde, ſprach ich, auf keine Weiſe Gele- genheit dazu geben, dis verſichere ich. Jch werde ihn ſchlechterdings nicht ſprechen, wenn ich es auf eine anſtaͤndige Art vermeyden kann.
Meine Mutter berieff ſich darauf, daß ich bis- her ſo kaltſinnig mit ihm umgegangen, und be- kraͤfftigte von neuen das Urtheil der Frau Hervey, daß man ſich auf meine Vorſichtigkeit verlaſſen koͤnnte.
Mein Bruder ſtichelte mit dieſen drey Worten: zum-Schein ‒ ‒ kaltſinnig!
Mein
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der Clariſſa.
Er ſprach: bedenkt aber, daß nicht ich ſondern
euer Vater euch Lovelaces Umgang verbietet.
Meine Baſe Hervey antwortete: mein Vetter,
vergoͤnnen Sie mir zu ſagen, daß man ſich auf
Claͤrchens Vorſichtigkeit und Klugheit verlaſſen
kann. Meine Mutter bekraͤfftigte dieſes.
Aber, (verſetzte meine Schweſter) ich hoffe, es
werde nicht ſchaͤdlich ſeyn, daß man meiner Schwe-
ſter deutlich ſage, unter welchen Bedingungen ſie
zu der Fraͤulein Howe reiſen duͤrfe. Denn wenn
er es verſucht, ihr dort zuzuſprechen ‒ ‒
Mein Vaters-Bruder Harlowe fiel ihr in das
Wort: ſie koͤnnen verſichert ſeyn, daß er ſich be-
muͤhen wird, ſie dort zu beſuchen. Und Anton
ſetzte noch dazu: ein ſo unverſchaͤmter Mann wuͤr-
de es auch hier verſuchen. Und es iſt beſſer, daß es
dort, als daß es hier geſchehe.
Beſſer weder hier noch dort! ſagte mein
Vater. Jch befehle dir/ ſo lieb dir meine
Liebe iſt/ ihn gar nicht zu ſprechen.
Jch werde, ſprach ich, auf keine Weiſe Gele-
genheit dazu geben, dis verſichere ich. Jch werde
ihn ſchlechterdings nicht ſprechen, wenn ich es auf
eine anſtaͤndige Art vermeyden kann.
Meine Mutter berieff ſich darauf, daß ich bis-
her ſo kaltſinnig mit ihm umgegangen, und be-
kraͤfftigte von neuen das Urtheil der Frau Hervey,
daß man ſich auf meine Vorſichtigkeit verlaſſen
koͤnnte.
Mein Bruder ſtichelte mit dieſen drey Worten:
zum-Schein ‒ ‒ kaltſinnig!
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/79>, abgerufen am 27.11.2024.
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