Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Geschichte
schen dem Ritter Harry Downeton und die-
sem Solmes vorgefallen ist. Der Ritter Har-
ry
hat den Jnhalt derselben gestern meiner Mut-
ter und mir mitgetheilet. Sie werden daraus
sehen, daß die unverschämte Elisabeth es nicht
aus dem Finger gesogen hat, daß er sich in
Furcht zu setzen wissen wollte.

Der Ritter sagte zu ihm: "er wunderte sich,
"daß er noch hoffete seine Sache durchzutreiben,
"da doch bekannt wäre, daß Sie gar nicht da-
"zu geneigt wären.

Er antwortete: Da fragte er nichts nach.
Scheue Mädchens würden die besten Wei-
ber.
(Ein alberner Kerl!) Er würde nicht
darüber bekümmert seyn, daß eine hübsche
Frau ein saures Gesicht machte, wenn sie
ihn veranlassete, sie zu plagen. Jhr Gut
läge ihm so bequem, daß er genugsam vor
allen Verdruß bezahlt würde, den ihm
Jhre Blödigkeit verursachte. Wenn er
Sie nur eine Zeit gehabt hätte, so wäre
er gewiß versichert, daß Sie gegen ihn
sollten gefällig seyn, wenn Sie ihn auch
im Hertzen nicht liebeten. Dis sey schon
ein Glück, das kaum der zehnte Ehemann,
den er kennete, genösse.
(Was für ein nieder-
trächtiger Unmensch!) Jhre bekannte Tugend
würde ihm genugsame Sicherheit geben,
daß Sie sich nicht an ihm rächen wür-
den.

Der Ritter Harry, der ein sehr belesener

Herr

Die Geſchichte
ſchen dem Ritter Harry Downeton und die-
ſem Solmes vorgefallen iſt. Der Ritter Har-
ry
hat den Jnhalt derſelben geſtern meiner Mut-
ter und mir mitgetheilet. Sie werden daraus
ſehen, daß die unverſchaͤmte Eliſabeth es nicht
aus dem Finger geſogen hat, daß er ſich in
Furcht zu ſetzen wiſſen wollte.

Der Ritter ſagte zu ihm: „er wunderte ſich,
„daß er noch hoffete ſeine Sache durchzutreiben,
„da doch bekannt waͤre, daß Sie gar nicht da-
„zu geneigt waͤren.

Er antwortete: Da fragte er nichts nach.
Scheue Maͤdchens wuͤrden die beſten Wei-
ber.
(Ein alberner Kerl!) Er wuͤrde nicht
daruͤber bekuͤmmert ſeyn, daß eine huͤbſche
Frau ein ſaures Geſicht machte, wenn ſie
ihn veranlaſſete, ſie zu plagen. Jhr Gut
laͤge ihm ſo bequem, daß er genugſam vor
allen Verdruß bezahlt wuͤrde, den ihm
Jhre Bloͤdigkeit verurſachte. Wenn er
Sie nur eine Zeit gehabt haͤtte, ſo waͤre
er gewiß verſichert, daß Sie gegen ihn
ſollten gefaͤllig ſeyn, wenn Sie ihn auch
im Hertzen nicht liebeten. Dis ſey ſchon
ein Gluͤck, das kaum der zehnte Ehemann,
den er kennete, genoͤſſe.
(Was fuͤr ein nieder-
traͤchtiger Unmenſch!) Jhre bekannte Tugend
wuͤrde ihm genugſame Sicherheit geben,
daß Sie ſich nicht an ihm raͤchen wuͤr-
den.

Der Ritter Harry, der ein ſehr beleſener

Herr
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0100" n="94"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Die Ge&#x017F;chichte</hi></hi></fw><lb/>
&#x017F;chen dem Ritter <hi rendition="#fr">Harry Downeton</hi> und die-<lb/>
&#x017F;em <hi rendition="#fr">Solmes</hi> vorgefallen i&#x017F;t. Der Ritter <hi rendition="#fr">Har-<lb/>
ry</hi> hat den Jnhalt der&#x017F;elben ge&#x017F;tern meiner Mut-<lb/>
ter und mir mitgetheilet. Sie werden daraus<lb/>
&#x017F;ehen, daß die unver&#x017F;cha&#x0364;mte <hi rendition="#fr">Eli&#x017F;abeth</hi> es nicht<lb/>
aus dem Finger ge&#x017F;ogen hat, daß er &#x017F;ich in<lb/>
Furcht zu &#x017F;etzen wi&#x017F;&#x017F;en wollte.</p><lb/>
          <p>Der Ritter &#x017F;agte zu ihm: &#x201E;er wunderte &#x017F;ich,<lb/>
&#x201E;daß er noch hoffete &#x017F;eine Sache durchzutreiben,<lb/>
&#x201E;da doch bekannt wa&#x0364;re, daß Sie gar nicht da-<lb/>
&#x201E;zu geneigt wa&#x0364;ren.</p><lb/>
          <p>Er antwortete: <hi rendition="#fr">Da fragte er nichts nach.<lb/>
Scheue Ma&#x0364;dchens wu&#x0364;rden die be&#x017F;ten Wei-<lb/>
ber.</hi> (Ein alberner Kerl!) <hi rendition="#fr">Er wu&#x0364;rde nicht<lb/>
daru&#x0364;ber beku&#x0364;mmert &#x017F;eyn, daß eine hu&#x0364;b&#x017F;che<lb/>
Frau ein &#x017F;aures Ge&#x017F;icht machte, wenn &#x017F;ie<lb/>
ihn veranla&#x017F;&#x017F;ete, &#x017F;ie zu plagen. Jhr Gut<lb/>
la&#x0364;ge ihm &#x017F;o bequem, daß er genug&#x017F;am vor<lb/>
allen Verdruß bezahlt wu&#x0364;rde, den ihm<lb/>
Jhre Blo&#x0364;digkeit verur&#x017F;achte. Wenn er<lb/>
Sie nur eine Zeit gehabt ha&#x0364;tte, &#x017F;o wa&#x0364;re<lb/>
er gewiß ver&#x017F;ichert, daß Sie gegen ihn<lb/>
&#x017F;ollten gefa&#x0364;llig &#x017F;eyn, wenn Sie ihn auch<lb/>
im Hertzen nicht liebeten. Dis &#x017F;ey &#x017F;chon<lb/>
ein Glu&#x0364;ck, das kaum der zehnte Ehemann,<lb/>
den er kennete, geno&#x0364;&#x017F;&#x017F;e.</hi> (Was fu&#x0364;r ein nieder-<lb/>
tra&#x0364;chtiger Unmen&#x017F;ch!) <hi rendition="#fr">Jhre bekannte Tugend<lb/>
wu&#x0364;rde ihm genug&#x017F;ame Sicherheit geben,<lb/>
daß Sie &#x017F;ich nicht an ihm ra&#x0364;chen wu&#x0364;r-<lb/>
den.</hi></p><lb/>
          <p>Der Ritter <hi rendition="#fr">Harry,</hi> der ein &#x017F;ehr bele&#x017F;ener<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Herr</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[94/0100] Die Geſchichte ſchen dem Ritter Harry Downeton und die- ſem Solmes vorgefallen iſt. Der Ritter Har- ry hat den Jnhalt derſelben geſtern meiner Mut- ter und mir mitgetheilet. Sie werden daraus ſehen, daß die unverſchaͤmte Eliſabeth es nicht aus dem Finger geſogen hat, daß er ſich in Furcht zu ſetzen wiſſen wollte. Der Ritter ſagte zu ihm: „er wunderte ſich, „daß er noch hoffete ſeine Sache durchzutreiben, „da doch bekannt waͤre, daß Sie gar nicht da- „zu geneigt waͤren. Er antwortete: Da fragte er nichts nach. Scheue Maͤdchens wuͤrden die beſten Wei- ber. (Ein alberner Kerl!) Er wuͤrde nicht daruͤber bekuͤmmert ſeyn, daß eine huͤbſche Frau ein ſaures Geſicht machte, wenn ſie ihn veranlaſſete, ſie zu plagen. Jhr Gut laͤge ihm ſo bequem, daß er genugſam vor allen Verdruß bezahlt wuͤrde, den ihm Jhre Bloͤdigkeit verurſachte. Wenn er Sie nur eine Zeit gehabt haͤtte, ſo waͤre er gewiß verſichert, daß Sie gegen ihn ſollten gefaͤllig ſeyn, wenn Sie ihn auch im Hertzen nicht liebeten. Dis ſey ſchon ein Gluͤck, das kaum der zehnte Ehemann, den er kennete, genoͤſſe. (Was fuͤr ein nieder- traͤchtiger Unmenſch!) Jhre bekannte Tugend wuͤrde ihm genugſame Sicherheit geben, daß Sie ſich nicht an ihm raͤchen wuͤr- den. Der Ritter Harry, der ein ſehr beleſener Herr

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/100
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/100>, abgerufen am 21.11.2024.