cken Jhrer vorigen Abneigung bey ihm in Ver- gessenheit zu bringen. Sie werden alsdenn die schmeichelhafte Unwahrheit so wahrscheinlich, als Sie können, vorbringen müssen, daß alles Jhr voriges Betragen blos eine bey Mädgens nicht ungewöhnliche Verstellung gewesen sey. Sie werden ihn zu überzeugen suchen müssen, daß sein unverschämter Spott wahr sey, und aus scheu- en Mädgens die besten Frauen werden. Sie werden Jhren Ehestand mit einer gebeugten Er- kentniß seiner Gütigkeit und Geneigtheit, Jhre Fehler zu vergeben, anfangen müssen. Jch müßte mich sehr irren, oder die Furcht, die er Jhnen einprägen will, wird Sie zwingen so zu handeln.
Jch muß die gantze Sache unentscheiden und zweiffelhaft lassen, bis daß sie dadurch entschie- den wird, daß entweder die Jhrigen ihren Vor- satz ändern, oder stch entschliessen, Sie würck- lich nach Jhres Onckels Gute zu bringen. Jch wünsche, daß keiner von beyden Freyern Sie dereinst die seinige möge nennen können, und daß Sie so lange unverheyrathet bleiben dürfen, bis die würdigste Parthey, die nur unter Manns- Personen gefunden werden mag, durch Sie glücklich werde.
Das kan ich ohnmöglich wünschen, daß eine Person, die so unvergleichliche Eigenschaften an sich hat, dadurch sie einen Liebhaber glücklich ma- chen kan, Zeitlebens unverheyrathet bleiben soll- te. Sie wissen, daß ich nicht schmeicheln kan,
und
G 2
der Clariſſa.
cken Jhrer vorigen Abneigung bey ihm in Ver- geſſenheit zu bringen. Sie werden alsdenn die ſchmeichelhafte Unwahrheit ſo wahrſcheinlich, als Sie koͤnnen, vorbringen muͤſſen, daß alles Jhr voriges Betragen blos eine bey Maͤdgens nicht ungewoͤhnliche Verſtellung geweſen ſey. Sie werden ihn zu uͤberzeugen ſuchen muͤſſen, daß ſein unverſchaͤmter Spott wahr ſey, und aus ſcheu- en Maͤdgens die beſten Frauen werden. Sie werden Jhren Eheſtand mit einer gebeugten Er- kentniß ſeiner Guͤtigkeit und Geneigtheit, Jhre Fehler zu vergeben, anfangen muͤſſen. Jch muͤßte mich ſehr irren, oder die Furcht, die er Jhnen einpraͤgen will, wird Sie zwingen ſo zu handeln.
Jch muß die gantze Sache unentſcheiden und zweiffelhaft laſſen, bis daß ſie dadurch entſchie- den wird, daß entweder die Jhrigen ihren Vor- ſatz aͤndern, oder ſtch entſchlieſſen, Sie wuͤrck- lich nach Jhres Onckels Gute zu bringen. Jch wuͤnſche, daß keiner von beyden Freyern Sie dereinſt die ſeinige moͤge nennen koͤnnen, und daß Sie ſo lange unverheyrathet bleiben duͤrfen, bis die wuͤrdigſte Parthey, die nur unter Manns- Perſonen gefunden werden mag, durch Sie gluͤcklich werde.
Das kan ich ohnmoͤglich wuͤnſchen, daß eine Perſon, die ſo unvergleichliche Eigenſchaften an ſich hat, dadurch ſie einen Liebhaber gluͤcklich ma- chen kan, Zeitlebens unverheyrathet bleiben ſoll- te. Sie wiſſen, daß ich nicht ſchmeicheln kan,
und
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der Clariſſa.
cken Jhrer vorigen Abneigung bey ihm in Ver-
geſſenheit zu bringen. Sie werden alsdenn die
ſchmeichelhafte Unwahrheit ſo wahrſcheinlich, als
Sie koͤnnen, vorbringen muͤſſen, daß alles Jhr
voriges Betragen blos eine bey Maͤdgens nicht
ungewoͤhnliche Verſtellung geweſen ſey. Sie
werden ihn zu uͤberzeugen ſuchen muͤſſen, daß ſein
unverſchaͤmter Spott wahr ſey, und aus ſcheu-
en Maͤdgens die beſten Frauen werden. Sie
werden Jhren Eheſtand mit einer gebeugten Er-
kentniß ſeiner Guͤtigkeit und Geneigtheit, Jhre
Fehler zu vergeben, anfangen muͤſſen. Jch
muͤßte mich ſehr irren, oder die Furcht, die er
Jhnen einpraͤgen will, wird Sie zwingen ſo zu
handeln.
Jch muß die gantze Sache unentſcheiden und
zweiffelhaft laſſen, bis daß ſie dadurch entſchie-
den wird, daß entweder die Jhrigen ihren Vor-
ſatz aͤndern, oder ſtch entſchlieſſen, Sie wuͤrck-
lich nach Jhres Onckels Gute zu bringen. Jch
wuͤnſche, daß keiner von beyden Freyern Sie
dereinſt die ſeinige moͤge nennen koͤnnen, und daß
Sie ſo lange unverheyrathet bleiben duͤrfen, bis
die wuͤrdigſte Parthey, die nur unter Manns-
Perſonen gefunden werden mag, durch Sie
gluͤcklich werde.
Das kan ich ohnmoͤglich wuͤnſchen, daß eine
Perſon, die ſo unvergleichliche Eigenſchaften an
ſich hat, dadurch ſie einen Liebhaber gluͤcklich ma-
chen kan, Zeitlebens unverheyrathet bleiben ſoll-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/105>, abgerufen am 16.02.2025.
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