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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748.

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der Clarissa.
geln der Billigkeit oder des Wohlstandes ein-
richten, sondern nach der guten Meinung, die sie
von meiner Geduld haben. Wenn ich nur die
letzten Wochen ausnehme, so haben mich viele
wegen meiner Geduld gerühmt: sie haben mir
aber nie Gelegenheit gegeben, den Ruhm auf sie
selbst umzukehren. Einige sind so mit mir um-
gegangen, als wenn eine einseitige Geduld
für sie und für mich schlechterdings nothwendig
wäre, damit wir gute Freunde bleiben möchten:
und sie sind sehr sorgfältig gewesen, stets in mei-
ner Schuld zu bleiben, und mich ihnen nie ver-
pflichtet zu machen. Sie haben mit neulich ge-
schrieben, daß mir Empfindlichkeit und Rachgier
nicht natürlich wären, und deswegen nicht lange
bey mir währen könnten: das kan in Absicht
auf die Meinigen richtig seyn, aber nicht in Ab-
sicht auf Herrn Lovelace.

Mittewocheus Mittags
den 29 März.

Wir können nie vor unsere künftigen Hand-
lungen zum voraus Bürge werden. Um Sie
aber zu überzeugen, daß ich bey meinem Vorsatz
bleiben kan, den ich wegen Herrn Lovelaces ge-
fasset habe, so melde ich Jhnen, daß, so bitter
auch mein Brief ist, und obgleich drey Stunden
schon vorbey sind, es mich doch nicht gereuet,
daß ich ihn geschrieben habe. Jch will ihn auch
nicht gelinder einrichten, wenn er gleich noch nicht
weggenommen ist. Jch habe sonst nicht leicht

et-

der Clariſſa.
geln der Billigkeit oder des Wohlſtandes ein-
richten, ſondern nach der guten Meinung, die ſie
von meiner Geduld haben. Wenn ich nur die
letzten Wochen ausnehme, ſo haben mich viele
wegen meiner Geduld geruͤhmt: ſie haben mir
aber nie Gelegenheit gegeben, den Ruhm auf ſie
ſelbſt umzukehren. Einige ſind ſo mit mir um-
gegangen, als wenn eine einſeitige Geduld
fuͤr ſie und fuͤr mich ſchlechterdings nothwendig
waͤre, damit wir gute Freunde bleiben moͤchten:
und ſie ſind ſehr ſorgfaͤltig geweſen, ſtets in mei-
ner Schuld zu bleiben, und mich ihnen nie ver-
pflichtet zu machen. Sie haben mit neulich ge-
ſchrieben, daß mir Empfindlichkeit und Rachgier
nicht natuͤrlich waͤren, und deswegen nicht lange
bey mir waͤhren koͤnnten: das kan in Abſicht
auf die Meinigen richtig ſeyn, aber nicht in Ab-
ſicht auf Herrn Lovelace.

Mittewocheus Mittags
den 29 Maͤrz.

Wir koͤnnen nie vor unſere kuͤnftigen Hand-
lungen zum voraus Buͤrge werden. Um Sie
aber zu uͤberzeugen, daß ich bey meinem Vorſatz
bleiben kan, den ich wegen Herrn Lovelaces ge-
faſſet habe, ſo melde ich Jhnen, daß, ſo bitter
auch mein Brief iſt, und obgleich drey Stunden
ſchon vorbey ſind, es mich doch nicht gereuet,
daß ich ihn geſchrieben habe. Jch will ihn auch
nicht gelinder einrichten, wenn er gleich noch nicht
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[205/0211] der Clariſſa. geln der Billigkeit oder des Wohlſtandes ein- richten, ſondern nach der guten Meinung, die ſie von meiner Geduld haben. Wenn ich nur die letzten Wochen ausnehme, ſo haben mich viele wegen meiner Geduld geruͤhmt: ſie haben mir aber nie Gelegenheit gegeben, den Ruhm auf ſie ſelbſt umzukehren. Einige ſind ſo mit mir um- gegangen, als wenn eine einſeitige Geduld fuͤr ſie und fuͤr mich ſchlechterdings nothwendig waͤre, damit wir gute Freunde bleiben moͤchten: und ſie ſind ſehr ſorgfaͤltig geweſen, ſtets in mei- ner Schuld zu bleiben, und mich ihnen nie ver- pflichtet zu machen. Sie haben mit neulich ge- ſchrieben, daß mir Empfindlichkeit und Rachgier nicht natuͤrlich waͤren, und deswegen nicht lange bey mir waͤhren koͤnnten: das kan in Abſicht auf die Meinigen richtig ſeyn, aber nicht in Ab- ſicht auf Herrn Lovelace. Mittewocheus Mittags den 29 Maͤrz. Wir koͤnnen nie vor unſere kuͤnftigen Hand- lungen zum voraus Buͤrge werden. Um Sie aber zu uͤberzeugen, daß ich bey meinem Vorſatz bleiben kan, den ich wegen Herrn Lovelaces ge- faſſet habe, ſo melde ich Jhnen, daß, ſo bitter auch mein Brief iſt, und obgleich drey Stunden ſchon vorbey ſind, es mich doch nicht gereuet, daß ich ihn geſchrieben habe. Jch will ihn auch nicht gelinder einrichten, wenn er gleich noch nicht weggenommen iſt. Jch habe ſonſt nicht leicht et-

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/211>, abgerufen am 21.11.2024.