sen Willen dürfen Sie selbst so wenig ändern als irgend sonst jemand, der ihn aus gewinnsüchtigen Absichten durchlöchern will.
Jch weiß, wie sehr Sie überhaupt den Reich- thum verachten. Aber erinnern Sie sich, daß Sie ihn selbst in einer Absicht für schätzbar erkläret ha- ben: Nehmlich weil er uns in den Stand setzt/ andere durch Wohlthaten zu verbin- den: dahingegen der Mangel uns zwinget/ Wohlthaten anzunehmen, und sie vielleicht von solchen mürrischen und kleinen Gemü- thern anzunehmen/ die sie nicht mit derje- nigen Anständigkeit geben können/ welche eine Wohlthat eigentlich zur Wohlthat macht. Ueberlegen Sie dieses, Kind, und ver- gleichen es mit der gegen Jhre Tante und Schwe- ster gethanen Erklärung, ihr Guth nicht in ih- er eigene Gewalt zu nehmen/ wenn man Sie auch aus den Hause stiesse/ und in die äusserste Armuth und Bedürfniß setzte. Selbst die Furcht ihrer Geschwister, daß Sie Lust bekommen könten, Sich als Eigenthümerin des Jhrigen aufzuführen, beweisen Jhnen die Nothwendigkeit dieses zu thun, nachdem man Jh- nen so übel begegnet.
Jch gestehe, der Brief ihrer Mutter mit den Proben von Stoffen, rührete mich sehr bey erster Durchlesung. Ein wunderlicher Schritt, den dennoch eine Mutter thut! und doch hat Sie nicht die Absicht gehabt, Jhrer zu spotten. Jch be- daure, daß eine so zärtlich gesinnete und artige
Dame
Die Geſchichte
ſen Willen duͤrfen Sie ſelbſt ſo wenig aͤndern als irgend ſonſt jemand, der ihn aus gewinnſuͤchtigen Abſichten durchloͤchern will.
Jch weiß, wie ſehr Sie uͤberhaupt den Reich- thum verachten. Aber erinnern Sie ſich, daß Sie ihn ſelbſt in einer Abſicht fuͤr ſchaͤtzbar erklaͤret ha- ben: Nehmlich weil er uns in den Stand ſetzt/ andere durch Wohlthaten zu verbin- den: dahingegen der Mangel uns zwinget/ Wohlthaten anzunehmen, und ſie vielleicht von ſolchen muͤrriſchen und kleinen Gemuͤ- thern anzunehmen/ die ſie nicht mit derje- nigen Anſtaͤndigkeit geben koͤnnen/ welche eine Wohlthat eigentlich zur Wohlthat macht. Ueberlegen Sie dieſes, Kind, und ver- gleichen es mit der gegen Jhre Tante und Schwe- ſter gethanen Erklaͤrung, ihr Guth nicht in ih- er eigene Gewalt zu nehmen/ wenn man Sie auch aus den Hauſe ſtieſſe/ und in die aͤuſſerſte Armuth und Beduͤrfniß ſetzte. Selbſt die Furcht ihrer Geſchwiſter, daß Sie Luſt bekommen koͤnten, Sich als Eigenthuͤmerin des Jhrigen aufzufuͤhren, beweiſen Jhnen die Nothwendigkeit dieſes zu thun, nachdem man Jh- nen ſo uͤbel begegnet.
Jch geſtehe, der Brief ihrer Mutter mit den Proben von Stoffen, ruͤhrete mich ſehr bey erſter Durchleſung. Ein wunderlicher Schritt, den dennoch eine Mutter thut! und doch hat Sie nicht die Abſicht gehabt, Jhrer zu ſpotten. Jch be- daure, daß eine ſo zaͤrtlich geſinnete und artige
Dame
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Die Geſchichte
ſen Willen duͤrfen Sie ſelbſt ſo wenig aͤndern als
irgend ſonſt jemand, der ihn aus gewinnſuͤchtigen
Abſichten durchloͤchern will.
Jch weiß, wie ſehr Sie uͤberhaupt den Reich-
thum verachten. Aber erinnern Sie ſich, daß Sie
ihn ſelbſt in einer Abſicht fuͤr ſchaͤtzbar erklaͤret ha-
ben: Nehmlich weil er uns in den Stand
ſetzt/ andere durch Wohlthaten zu verbin-
den: dahingegen der Mangel uns zwinget/
Wohlthaten anzunehmen, und ſie vielleicht
von ſolchen muͤrriſchen und kleinen Gemuͤ-
thern anzunehmen/ die ſie nicht mit derje-
nigen Anſtaͤndigkeit geben koͤnnen/ welche
eine Wohlthat eigentlich zur Wohlthat
macht. Ueberlegen Sie dieſes, Kind, und ver-
gleichen es mit der gegen Jhre Tante und Schwe-
ſter gethanen Erklaͤrung, ihr Guth nicht in ih-
er eigene Gewalt zu nehmen/ wenn man
Sie auch aus den Hauſe ſtieſſe/ und in die
aͤuſſerſte Armuth und Beduͤrfniß ſetzte.
Selbſt die Furcht ihrer Geſchwiſter, daß Sie
Luſt bekommen koͤnten, Sich als Eigenthuͤmerin
des Jhrigen aufzufuͤhren, beweiſen Jhnen die
Nothwendigkeit dieſes zu thun, nachdem man Jh-
nen ſo uͤbel begegnet.
Jch geſtehe, der Brief ihrer Mutter mit den
Proben von Stoffen, ruͤhrete mich ſehr bey erſter
Durchleſung. Ein wunderlicher Schritt, den
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/22>, abgerufen am 21.11.2024.
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