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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748.

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Die Geschichte
wie hochmüthig unsere Diener über einen freund-
lichen Blick werden, und wie sie sich vor einem
sauren Gesichte fürchten? Wer wollte sich nicht
einer Gewalt völlig gebrauchen, die so kurtze Zeit
währet?

Schelten Sie mich deswegen nicht ein Bis-
gen. Die Sache ist natürlich: ich kan diese
Empfindung nicht ändern, und ich mag sie auch
nicht ändern; denn ich finde mein Vergnügen
darin. Verschwenden Sie also bey dieser Ge-
legenheit Jhre lehrreichen Erinnerungen nicht.
Jch verlange nicht vollkommen zu seyn. Der
Mann hat Geduld, meine Fehler zu tragen.
Was brauchen Sie Mitleiden mit ihm zu haben?
Meine Mutter erquickt ihn genugsam davor, daß
ich ihn plage: und wenn er sich über mich be-
klagt, so verdient er nicht einmahl, daß ich es
besser mache.

War er nicht werth, daß ich ihm mürrisch be-
gegnete, da er durch seinen Staat uns um das
Mittags-Essen brachte? Denn wer wollte auf
einer so kurtzen Reise in das Wirths-Haus ein-
kehren, und da die Zeit verderben? Wir wünsch-
ten des Abends wieder zu Hause zu seyn, wenn
es die Umstände der krancken Frau zngelassen
hätten. Jch will nicht einmahl daran geden-
cken, daß meine Mutter, blos um seinetwillen
den gantzen Weg über gegen ihre arme Toch-
ter böse that.

Bey dem Aussteigen versetzte ich ihm noch ei-
nen Streich, aber nur einen gantz kleinen, den

meine

Die Geſchichte
wie hochmuͤthig unſere Diener uͤber einen freund-
lichen Blick werden, und wie ſie ſich vor einem
ſauren Geſichte fuͤrchten? Wer wollte ſich nicht
einer Gewalt voͤllig gebrauchen, die ſo kurtze Zeit
waͤhret?

Schelten Sie mich deswegen nicht ein Bis-
gen. Die Sache iſt natuͤrlich: ich kan dieſe
Empfindung nicht aͤndern, und ich mag ſie auch
nicht aͤndern; denn ich finde mein Vergnuͤgen
darin. Verſchwenden Sie alſo bey dieſer Ge-
legenheit Jhre lehrreichen Erinnerungen nicht.
Jch verlange nicht vollkommen zu ſeyn. Der
Mann hat Geduld, meine Fehler zu tragen.
Was brauchen Sie Mitleiden mit ihm zu haben?
Meine Mutter erquickt ihn genugſam davor, daß
ich ihn plage: und wenn er ſich uͤber mich be-
klagt, ſo verdient er nicht einmahl, daß ich es
beſſer mache.

War er nicht werth, daß ich ihm muͤrriſch be-
gegnete, da er durch ſeinen Staat uns um das
Mittags-Eſſen brachte? Denn wer wollte auf
einer ſo kurtzen Reiſe in das Wirths-Haus ein-
kehren, und da die Zeit verderben? Wir wuͤnſch-
ten des Abends wieder zu Hauſe zu ſeyn, wenn
es die Umſtaͤnde der krancken Frau zngelaſſen
haͤtten. Jch will nicht einmahl daran geden-
cken, daß meine Mutter, blos um ſeinetwillen
den gantzen Weg uͤber gegen ihre arme Toch-
ter boͤſe that.

Bey dem Ausſteigen verſetzte ich ihm noch ei-
nen Streich, aber nur einen gantz kleinen, den

meine
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[214/0220] Die Geſchichte wie hochmuͤthig unſere Diener uͤber einen freund- lichen Blick werden, und wie ſie ſich vor einem ſauren Geſichte fuͤrchten? Wer wollte ſich nicht einer Gewalt voͤllig gebrauchen, die ſo kurtze Zeit waͤhret? Schelten Sie mich deswegen nicht ein Bis- gen. Die Sache iſt natuͤrlich: ich kan dieſe Empfindung nicht aͤndern, und ich mag ſie auch nicht aͤndern; denn ich finde mein Vergnuͤgen darin. Verſchwenden Sie alſo bey dieſer Ge- legenheit Jhre lehrreichen Erinnerungen nicht. Jch verlange nicht vollkommen zu ſeyn. Der Mann hat Geduld, meine Fehler zu tragen. Was brauchen Sie Mitleiden mit ihm zu haben? Meine Mutter erquickt ihn genugſam davor, daß ich ihn plage: und wenn er ſich uͤber mich be- klagt, ſo verdient er nicht einmahl, daß ich es beſſer mache. War er nicht werth, daß ich ihm muͤrriſch be- gegnete, da er durch ſeinen Staat uns um das Mittags-Eſſen brachte? Denn wer wollte auf einer ſo kurtzen Reiſe in das Wirths-Haus ein- kehren, und da die Zeit verderben? Wir wuͤnſch- ten des Abends wieder zu Hauſe zu ſeyn, wenn es die Umſtaͤnde der krancken Frau zngelaſſen haͤtten. Jch will nicht einmahl daran geden- cken, daß meine Mutter, blos um ſeinetwillen den gantzen Weg uͤber gegen ihre arme Toch- ter boͤſe that. Bey dem Ausſteigen verſetzte ich ihm noch ei- nen Streich, aber nur einen gantz kleinen, den meine

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/220>, abgerufen am 21.11.2024.