Sie werden sehen, daß er vorgiebt, alle seine Glückseeligkeit in dieser und in jener Welt käme auf mich an. Er verspricht und gelobet auf eine solche Art, daß ich nicht anders dencken kan, als, sein Hertz müsse entweder reden; oder es sey gantz ohnmöglich, die Sprache des Hertzens zu erkennen.
Von meiner bevorstehenden Unterredung mit Solmes hat er schon gehört; und Sie werden sehen, mit wie vieler Hefftigkeit und Angst er sich darüber ausdrücke. Jch gedencke etwas von den niederträchtigen Mitteln in meine Ant- wort einfliesen zu lassen, zu denen er sich herab läßt, um die Neuigkeiten unsers Hauses früh- zeitig zu erfahren. Wenn diejenigen, die ihren Ruhm daraus machen, daß sie nach der Ver- nunft handeln, ihr Zeugniß gegen solche unver- nünftige Handlungen nicht ablegen; wer will ihnen denn Einhalt thun?
Er dringet recht mit Bitten in mich, daß ich ihm vor meiner Unterredung mit Solmes/ wenn diese ja vor sich gehen müste, nur ein paar Zeilen schreiben soll, um ihn zu versichern, daß mein Mißvergnügen gegen ihn mich nicht ge- neigt mache, Solmesen die geringste Hoffnung zu geben. Er sagt, ich müßte ihm nicht ungü- tig nehmen, daß er diese seine Furcht mir noch- mahls zu erkennen gebe, nachdem ich Herrn Solmes etwas zugestanden hätte, daß er nicht von mir hätte erhalten können. Die Meinigen
würden
Die Geſchichte
Sie werden ſehen, daß er vorgiebt, alle ſeine Gluͤckſeeligkeit in dieſer und in jener Welt kaͤme auf mich an. Er verſpricht und gelobet auf eine ſolche Art, daß ich nicht anders dencken kan, als, ſein Hertz muͤſſe entweder reden; oder es ſey gantz ohnmoͤglich, die Sprache des Hertzens zu erkennen.
Von meiner bevorſtehenden Unterredung mit Solmes hat er ſchon gehoͤrt; und Sie werden ſehen, mit wie vieler Hefftigkeit und Angſt er ſich daruͤber ausdruͤcke. Jch gedencke etwas von den niedertraͤchtigen Mitteln in meine Ant- wort einflieſen zu laſſen, zu denen er ſich herab laͤßt, um die Neuigkeiten unſers Hauſes fruͤh- zeitig zu erfahren. Wenn diejenigen, die ihren Ruhm daraus machen, daß ſie nach der Ver- nunft handeln, ihr Zeugniß gegen ſolche unver- nuͤnftige Handlungen nicht ablegen; wer will ihnen denn Einhalt thun?
Er dringet recht mit Bitten in mich, daß ich ihm vor meiner Unterredung mit Solmes/ wenn dieſe ja vor ſich gehen muͤſte, nur ein paar Zeilen ſchreiben ſoll, um ihn zu verſichern, daß mein Mißvergnuͤgen gegen ihn mich nicht ge- neigt mache, Solmeſen die geringſte Hoffnung zu geben. Er ſagt, ich muͤßte ihm nicht unguͤ- tig nehmen, daß er dieſe ſeine Furcht mir noch- mahls zu erkennen gebe, nachdem ich Herrn Solmes etwas zugeſtanden haͤtte, daß er nicht von mir haͤtte erhalten koͤnnen. Die Meinigen
wuͤrden
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Die Geſchichte
Sie werden ſehen, daß er vorgiebt, alle ſeine
Gluͤckſeeligkeit in dieſer und in jener Welt kaͤme
auf mich an. Er verſpricht und gelobet auf eine
ſolche Art, daß ich nicht anders dencken kan,
als, ſein Hertz muͤſſe entweder reden; oder es
ſey gantz ohnmoͤglich, die Sprache des Hertzens
zu erkennen.
Von meiner bevorſtehenden Unterredung mit
Solmes hat er ſchon gehoͤrt; und Sie werden
ſehen, mit wie vieler Hefftigkeit und Angſt er
ſich daruͤber ausdruͤcke. Jch gedencke etwas
von den niedertraͤchtigen Mitteln in meine Ant-
wort einflieſen zu laſſen, zu denen er ſich herab
laͤßt, um die Neuigkeiten unſers Hauſes fruͤh-
zeitig zu erfahren. Wenn diejenigen, die ihren
Ruhm daraus machen, daß ſie nach der Ver-
nunft handeln, ihr Zeugniß gegen ſolche unver-
nuͤnftige Handlungen nicht ablegen; wer will
ihnen denn Einhalt thun?
Er dringet recht mit Bitten in mich, daß
ich ihm vor meiner Unterredung mit Solmes/
wenn dieſe ja vor ſich gehen muͤſte, nur ein paar
Zeilen ſchreiben ſoll, um ihn zu verſichern, daß
mein Mißvergnuͤgen gegen ihn mich nicht ge-
neigt mache, Solmeſen die geringſte Hoffnung
zu geben. Er ſagt, ich muͤßte ihm nicht unguͤ-
tig nehmen, daß er dieſe ſeine Furcht mir noch-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/268>, abgerufen am 22.11.2024.
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