Solmes nicht zu sprechen verlangen, wenn ich ihn nicht nehmen wollte. Sie hoffet bald mehr zu thun zu kriegen, als sie bisher gehabt hat: denn nun wird es Arbeit genug geben. Sie sieht es gerne, wenn es mit Hochzeiten geschwin- de zugehet: und wer weiß, an wen die Reihe zunächst kommen wird?
Diesen Nachmittag fand ich Herrn Lovela- ces Antwort, auf meine letzte Antwort, die voll von guten Verheissungen ist, voll von Danckbar- keit, voll von ewiger Danckbarkeit, wenn ich von ihm ein übertriebenes Wort unter vielen er- borgen soll. Jch muß ihm aber doch zum Ruhm nachsagen, daß er unter allen Manns-Personen, deren Brieffe mir bekannt geworden sind, am wenigsten in diese erhabenen Thorheiten verfallen ist: und er würde mir sehr verächtlich seyn, wenn es mehr geschehen wäre. Jch befürchte bey einer solchen Schreibart immer, daß die Mannsperson das Frauenzimmer für eine Thö- rin gehalten habe, oder zur Thörin zu machen suche.
"Er bedauert, daß ich so kaltsinnig gegen ihn "bin, und daß er weiter keine Hoffnung hat, "mein Hertz zu gewinnen, als die, welche ihm "die unerträgliche Aufführung der Meinigen ge- "gen mich giebt."
"Er gesteht, daß er sich nicht zu entschul- "gen wisse, wenn ich ihn anklage, daß er unhöflich "sey, und einen ungebrochenen Sinn habe. Er "ist allzuehrlich, als daß er nur auf eine Ent-
schul-
der Clariſſa.
Solmes nicht zu ſprechen verlangen, wenn ich ihn nicht nehmen wollte. Sie hoffet bald mehr zu thun zu kriegen, als ſie bisher gehabt hat: denn nun wird es Arbeit genug geben. Sie ſieht es gerne, wenn es mit Hochzeiten geſchwin- de zugehet: und wer weiß, an wen die Reihe zunaͤchſt kommen wird?
Dieſen Nachmittag fand ich Herrn Lovela- ces Antwort, auf meine letzte Antwort, die voll von guten Verheiſſungen iſt, voll von Danckbar- keit, voll von ewiger Danckbarkeit, wenn ich von ihm ein uͤbertriebenes Wort unter vielen er- borgen ſoll. Jch muß ihm aber doch zum Ruhm nachſagen, daß er unter allen Manns-Perſonen, deren Brieffe mir bekannt geworden ſind, am wenigſten in dieſe erhabenen Thorheiten verfallen iſt: und er wuͤrde mir ſehr veraͤchtlich ſeyn, wenn es mehr geſchehen waͤre. Jch befuͤrchte bey einer ſolchen Schreibart immer, daß die Mannsperſon das Frauenzimmer fuͤr eine Thoͤ- rin gehalten habe, oder zur Thoͤrin zu machen ſuche.
„Er bedauert, daß ich ſo kaltſinnig gegen ihn „bin, und daß er weiter keine Hoffnung hat, „mein Hertz zu gewinnen, als die, welche ihm „die unertraͤgliche Auffuͤhrung der Meinigen ge- „gen mich giebt.„
„Er geſteht, daß er ſich nicht zu entſchul- „gen wiſſe, wenn ich ihn anklage, daß er unhoͤflich „ſey, und einen ungebrochenen Sinn habe. Er „iſt allzuehrlich, als daß er nur auf eine Ent-
ſchul-
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der Clariſſa.
Solmes nicht zu ſprechen verlangen, wenn ich
ihn nicht nehmen wollte. Sie hoffet bald mehr
zu thun zu kriegen, als ſie bisher gehabt hat:
denn nun wird es Arbeit genug geben. Sie
ſieht es gerne, wenn es mit Hochzeiten geſchwin-
de zugehet: und wer weiß, an wen die Reihe
zunaͤchſt kommen wird?
Dieſen Nachmittag fand ich Herrn Lovela-
ces Antwort, auf meine letzte Antwort, die voll
von guten Verheiſſungen iſt, voll von Danckbar-
keit, voll von ewiger Danckbarkeit, wenn ich
von ihm ein uͤbertriebenes Wort unter vielen er-
borgen ſoll. Jch muß ihm aber doch zum Ruhm
nachſagen, daß er unter allen Manns-Perſonen,
deren Brieffe mir bekannt geworden ſind, am
wenigſten in dieſe erhabenen Thorheiten verfallen
iſt: und er wuͤrde mir ſehr veraͤchtlich ſeyn,
wenn es mehr geſchehen waͤre. Jch befuͤrchte
bey einer ſolchen Schreibart immer, daß die
Mannsperſon das Frauenzimmer fuͤr eine Thoͤ-
rin gehalten habe, oder zur Thoͤrin zu machen
ſuche.
„Er bedauert, daß ich ſo kaltſinnig gegen ihn
„bin, und daß er weiter keine Hoffnung hat,
„mein Hertz zu gewinnen, als die, welche ihm
„die unertraͤgliche Auffuͤhrung der Meinigen ge-
„gen mich giebt.„
„Er geſteht, daß er ſich nicht zu entſchul-
„gen wiſſe, wenn ich ihn anklage, daß er unhoͤflich
„ſey, und einen ungebrochenen Sinn habe. Er
„iſt allzuehrlich, als daß er nur auf eine Ent-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/291>, abgerufen am 22.11.2024.
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