ten können/ erwiderte sie, werden sich im- mer verächtlich machen.
"Jch will euch den Kempis hohlen. - - Hier "ist er. Jhr werdet sehr viel gutes in dem klei- "nen Buche finden, Arabelle.
Jch wünschte/ daß ihr euch daraus ge- bessert hättet.
"Und ich wollte euch dieses wünschen. Der "gute Vorgang einer ältern Schwester würde "mir sehr nützlich seyn."
Aelter! Abgeschmackte kleine Närrin! Mit den Worten flog sie weg.
Wie empfindlich wird meine Schwester seyn, wenn sie so lange lebet, daß man sie eine alte Frau nennen kan. Wie wunderlich ist es: Ehr- erbietung von andern begehren, die man nicht zu verdienen suchet; und sich noch dazu seines Vorzuges an Jahren schämen, der die eintzige Eigenschaft ist, durch die man berechtiget ist, Ehrerbiethung zu fodern.
Aus dem, was ich Jhnen berichte, ist klar ge- nug, daß die Meinigen glauben einen Vortheil über mich erhalten zu haben, weil ich die Zu- sammenkunft mit Herrn Solmes bewilliget ha- be. Aus den unverschämten Reden der Elisa- beth wird dieses noch handgreiflicher. Sie hat mir zu dieser Zusammenkunft sowohl, als zu dem Besuch Glück gewünscht, den mein Onckle Harlowe bey mir abgestattet hat. Sie meint, die Schwierigkeit sey nun schon über die Hälfte aus dem Wege geräumt: denn ich würde Herrn
Sol-
Die Geſchichte
ten koͤnnen/ erwiderte ſie, werden ſich im- mer veraͤchtlich machen.
„Jch will euch den Kempis hohlen. ‒ ‒ Hier „iſt er. Jhr werdet ſehr viel gutes in dem klei- „nen Buche finden, Arabelle.
Jch wuͤnſchte/ daß ihr euch daraus ge- beſſert haͤttet.
„Und ich wollte euch dieſes wuͤnſchen. Der „gute Vorgang einer aͤltern Schweſter wuͤrde „mir ſehr nuͤtzlich ſeyn.„
Aelter! Abgeſchmackte kleine Naͤrrin! Mit den Worten flog ſie weg.
Wie empfindlich wird meine Schweſter ſeyn, wenn ſie ſo lange lebet, daß man ſie eine alte Frau nennen kan. Wie wunderlich iſt es: Ehr- erbietung von andern begehren, die man nicht zu verdienen ſuchet; und ſich noch dazu ſeines Vorzuges an Jahren ſchaͤmen, der die eintzige Eigenſchaft iſt, durch die man berechtiget iſt, Ehrerbiethung zu fodern.
Aus dem, was ich Jhnen berichte, iſt klar ge- nug, daß die Meinigen glauben einen Vortheil uͤber mich erhalten zu haben, weil ich die Zu- ſammenkunft mit Herrn Solmes bewilliget ha- be. Aus den unverſchaͤmten Reden der Eliſa- beth wird dieſes noch handgreiflicher. Sie hat mir zu dieſer Zuſammenkunft ſowohl, als zu dem Beſuch Gluͤck gewuͤnſcht, den mein Onckle Harlowe bey mir abgeſtattet hat. Sie meint, die Schwierigkeit ſey nun ſchon uͤber die Haͤlfte aus dem Wege geraͤumt: denn ich wuͤrde Herrn
Sol-
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Die Geſchichte
ten koͤnnen/ erwiderte ſie, werden ſich im-
mer veraͤchtlich machen.
„Jch will euch den Kempis hohlen. ‒ ‒ Hier
„iſt er. Jhr werdet ſehr viel gutes in dem klei-
„nen Buche finden, Arabelle.
Jch wuͤnſchte/ daß ihr euch daraus ge-
beſſert haͤttet.
„Und ich wollte euch dieſes wuͤnſchen. Der
„gute Vorgang einer aͤltern Schweſter wuͤrde
„mir ſehr nuͤtzlich ſeyn.„
Aelter! Abgeſchmackte kleine Naͤrrin!
Mit den Worten flog ſie weg.
Wie empfindlich wird meine Schweſter ſeyn,
wenn ſie ſo lange lebet, daß man ſie eine alte
Frau nennen kan. Wie wunderlich iſt es: Ehr-
erbietung von andern begehren, die man nicht
zu verdienen ſuchet; und ſich noch dazu ſeines
Vorzuges an Jahren ſchaͤmen, der die eintzige
Eigenſchaft iſt, durch die man berechtiget iſt,
Ehrerbiethung zu fodern.
Aus dem, was ich Jhnen berichte, iſt klar ge-
nug, daß die Meinigen glauben einen Vortheil
uͤber mich erhalten zu haben, weil ich die Zu-
ſammenkunft mit Herrn Solmes bewilliget ha-
be. Aus den unverſchaͤmten Reden der Eliſa-
beth wird dieſes noch handgreiflicher. Sie hat
mir zu dieſer Zuſammenkunft ſowohl, als zu
dem Beſuch Gluͤck gewuͤnſcht, den mein Onckle
Harlowe bey mir abgeſtattet hat. Sie meint,
die Schwierigkeit ſey nun ſchon uͤber die Haͤlfte
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/290>, abgerufen am 22.11.2024.
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