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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748.

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Die Geschichte
richten/ nachdem ich einmahl so viel Hof-
nung gemacht hätte. Jch würde doch
nicht alle meine Anverwante überzeugen
wollen/ daß sie zu voreilig gewesen wären/
eine gütige Auslegung über mein Verspre-
chen zu machen/ und es zu geschwind aus
einem Verlangen ihnen gefällig zu seyn
hergeleitet hätten. Sie könte mir versi-
chern/ daß es schlimmer für mich seyn wür-
de/ wenn ich jetzt zurück gehen wolte/ als
wenn ich nie so weit gegangen wäre. - -

"So weit gegangen! Wie können sie von
"so weit gegangen reden? Was? Das ist ei-
"ne Schlinge! eine armseelige niederträchtige
"Schlinge! Nehmen sie mir den Ausdruck nicht
"ungütig. Jch gebe ihnen nicht Schuld, daß
"sie Antheil daran nehmen. Allein wissen sie
"nicht, ob meine Mutter bey dieser fürchterlichen
"Unterredung mit zu gegen seyn will? Wird
"sie mir nicht diese Gütigkeit erzeigen? Wenn
"es auch nur um der Leute willen geschehe."

Um der Leute willen? fiel sie mir in
die Rede. Jhre Mutter und ihr Onckle
Harlowe wollen nicht dabey zugegen seyn/
wenn sie auch die gantze Welt dadurch
verdienen könnten.

"Allein wie können sie denn sagen, daß ich
"so weit gegangen bin:
wenn man von der
"Unterredung so schlechte Hoffnung hat?"

Meine Base ward gantz ungehalten darüber,
daß ich sie so abgeführt hatte. Fräulein Clär-

chen

Die Geſchichte
richten/ nachdem ich einmahl ſo viel Hof-
nung gemacht haͤtte. Jch wuͤrde doch
nicht alle meine Anverwante uͤberzeugen
wollen/ daß ſie zu voreilig geweſen waͤren/
eine guͤtige Auslegung uͤber mein Verſpre-
chen zu machen/ und es zu geſchwind aus
einem Verlangen ihnen gefaͤllig zu ſeyn
hergeleitet haͤtten. Sie koͤnte mir verſi-
chern/ daß es ſchlimmer fuͤr mich ſeyn wuͤr-
de/ wenn ich jetzt zuruͤck gehen wolte/ als
wenn ich nie ſo weit gegangen waͤre. ‒ ‒

So weit gegangen! Wie koͤnnen ſie von
ſo weit gegangen reden? Was? Das iſt ei-
„ne Schlinge! eine armſeelige niedertraͤchtige
„Schlinge! Nehmen ſie mir den Ausdruck nicht
„unguͤtig. Jch gebe ihnen nicht Schuld, daß
„ſie Antheil daran nehmen. Allein wiſſen ſie
„nicht, ob meine Mutter bey dieſer fuͤrchterlichen
„Unterredung mit zu gegen ſeyn will? Wird
„ſie mir nicht dieſe Guͤtigkeit erzeigen? Wenn
„es auch nur um der Leute willen geſchehe.„

Um der Leute willen? fiel ſie mir in
die Rede. Jhre Mutter und ihr Onckle
Harlowe wollen nicht dabey zugegen ſeyn/
wenn ſie auch die gantze Welt dadurch
verdienen koͤnnten.

„Allein wie koͤnnen ſie denn ſagen, daß ich
„ſo weit gegangen bin:
wenn man von der
„Unterredung ſo ſchlechte Hoffnung hat?„

Meine Baſe ward gantz ungehalten daruͤber,
daß ich ſie ſo abgefuͤhrt hatte. Fraͤulein Claͤr-

chen
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[302/0308] Die Geſchichte richten/ nachdem ich einmahl ſo viel Hof- nung gemacht haͤtte. Jch wuͤrde doch nicht alle meine Anverwante uͤberzeugen wollen/ daß ſie zu voreilig geweſen waͤren/ eine guͤtige Auslegung uͤber mein Verſpre- chen zu machen/ und es zu geſchwind aus einem Verlangen ihnen gefaͤllig zu ſeyn hergeleitet haͤtten. Sie koͤnte mir verſi- chern/ daß es ſchlimmer fuͤr mich ſeyn wuͤr- de/ wenn ich jetzt zuruͤck gehen wolte/ als wenn ich nie ſo weit gegangen waͤre. ‒ ‒ „So weit gegangen! Wie koͤnnen ſie von „ſo weit gegangen reden? Was? Das iſt ei- „ne Schlinge! eine armſeelige niedertraͤchtige „Schlinge! Nehmen ſie mir den Ausdruck nicht „unguͤtig. Jch gebe ihnen nicht Schuld, daß „ſie Antheil daran nehmen. Allein wiſſen ſie „nicht, ob meine Mutter bey dieſer fuͤrchterlichen „Unterredung mit zu gegen ſeyn will? Wird „ſie mir nicht dieſe Guͤtigkeit erzeigen? Wenn „es auch nur um der Leute willen geſchehe.„ Um der Leute willen? fiel ſie mir in die Rede. Jhre Mutter und ihr Onckle Harlowe wollen nicht dabey zugegen ſeyn/ wenn ſie auch die gantze Welt dadurch verdienen koͤnnten. „Allein wie koͤnnen ſie denn ſagen, daß ich „ſo weit gegangen bin: wenn man von der „Unterredung ſo ſchlechte Hoffnung hat?„ Meine Baſe ward gantz ungehalten daruͤber, daß ich ſie ſo abgefuͤhrt hatte. Fraͤulein Claͤr- chen

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/308>, abgerufen am 23.11.2024.