Sie haben noch nie eine so grosse Verän- derung gesehen. Ach Fräulein/ (hier schüt- telt sie den Kopf) es ist Jammer Schade/ daß sie so viel wider ihn geredet haben. Allein sie können doch noch gut davon kommen. Jch hoffe/ daß es noch nicht zu späte seyn wird.
Was für Unverschämtheit? (sagte ich) Jch hoffe nicht, daß dlr befohlen ist, es mir mit sol- chem Ungestüm anzubringen. - - Jch nahm hierauf den Fechtel und wehete mich.
GOtt behüte! antwortete sie. Wie bald kan man solche junge Fräuleins erschrecken? Jch wollte ihnen nichts zu leide thun; ich wollte sie nicht erschrecken.
Jhr sagt: alle im Hause sind drunten? Wen versteht ihr, unter allen im Hause?
Ey Fräulein! (antwortete sie mit aufgesper- reten Händen, und mit einem hönischen alber- nen Gesicht. So oft sie jemand nannte, zählte sie einen Finger weiter) ihr Vater ist da, ihre Mutter ist da, ihr Onckle Harlowe ist da, ihr Onckle Anton ist da, ihre Base Hervey ist da, meine junge Fräulein ist da, mein junger Herr ist da, Herr Solmes ist da, und sieht wie ein Hof-Cavallier aus, er stand auf als er sie nen- nete: Jungfer Elisabeth sagte er (hiebey mach- te die Affe einen Bückling und Kratzfuß; so al- bern, als wenn es Solmes leibhaftig wäre) ge- he sie doch hinauf und mache sie der Fräulein
meine
Zweyter Theil. U
der Clariſſa.
Sie haben noch nie eine ſo groſſe Veraͤn- derung geſehen. Ach Fraͤulein/ (hier ſchuͤt- telt ſie den Kopf) es iſt Jammer Schade/ daß ſie ſo viel wider ihn geredet haben. Allein ſie koͤnnen doch noch gut davon kommen. Jch hoffe/ daß es noch nicht zu ſpaͤte ſeyn wird.
Was fuͤr Unverſchaͤmtheit? (ſagte ich) Jch hoffe nicht, daß dlr befohlen iſt, es mir mit ſol- chem Ungeſtuͤm anzubringen. ‒ ‒ Jch nahm hierauf den Fechtel und wehete mich.
GOtt behuͤte! antwortete ſie. Wie bald kan man ſolche junge Fraͤuleins erſchrecken? Jch wollte ihnen nichts zu leide thun; ich wollte ſie nicht erſchrecken.
Jhr ſagt: alle im Hauſe ſind drunten? Wen verſteht ihr, unter allen im Hauſe?
Ey Fraͤulein! (antwortete ſie mit aufgeſper- reten Haͤnden, und mit einem hoͤniſchen alber- nen Geſicht. So oft ſie jemand nannte, zaͤhlte ſie einen Finger weiter) ihr Vater iſt da, ihre Mutter iſt da, ihr Onckle Harlowe iſt da, ihr Onckle Anton iſt da, ihre Baſe Hervey iſt da, meine junge Fraͤulein iſt da, mein junger Herr iſt da, Herr Solmes iſt da, und ſieht wie ein Hof-Cavallier aus, er ſtand auf als er ſie nen- nete: Jungfer Eliſabeth ſagte er (hiebey mach- te die Affe einen Buͤckling und Kratzfuß; ſo al- bern, als wenn es Solmes leibhaftig waͤre) ge- he ſie doch hinauf und mache ſie der Fraͤulein
meine
Zweyter Theil. U
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0311"n="305"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#g">der Clariſſa</hi>.</hi></fw><lb/><hirendition="#fr">Sie haben noch nie eine ſo groſſe Veraͤn-<lb/>
derung geſehen. Ach Fraͤulein/</hi> (hier ſchuͤt-<lb/>
telt ſie den Kopf) es iſt <hirendition="#fr">Jammer Schade/<lb/>
daß ſie ſo viel wider ihn geredet haben.<lb/>
Allein ſie koͤnnen doch noch gut davon<lb/>
kommen. Jch hoffe/ daß es noch nicht<lb/>
zu ſpaͤte ſeyn wird.</hi></p><lb/><p>Was fuͤr Unverſchaͤmtheit? (ſagte ich) Jch<lb/>
hoffe nicht, daß dlr befohlen iſt, es mir mit ſol-<lb/>
chem Ungeſtuͤm anzubringen. ‒‒ Jch nahm<lb/>
hierauf den Fechtel und wehete mich.</p><lb/><p>GOtt behuͤte! antwortete ſie. Wie bald kan<lb/>
man ſolche junge Fraͤuleins erſchrecken? Jch<lb/>
wollte ihnen nichts zu leide thun; ich wollte<lb/>ſie nicht erſchrecken.</p><lb/><p>Jhr ſagt: alle im Hauſe ſind drunten? Wen<lb/>
verſteht ihr, unter allen im Hauſe?</p><lb/><p>Ey Fraͤulein! (antwortete ſie mit aufgeſper-<lb/>
reten Haͤnden, und mit einem hoͤniſchen alber-<lb/>
nen Geſicht. So oft ſie jemand nannte, zaͤhlte<lb/>ſie einen Finger weiter) ihr Vater iſt da, ihre<lb/>
Mutter iſt da, ihr Onckle <hirendition="#fr">Harlowe</hi> iſt da, ihr<lb/>
Onckle <hirendition="#fr">Anton</hi> iſt da, ihre Baſe <hirendition="#fr">Hervey</hi> iſt da,<lb/>
meine junge Fraͤulein iſt da, mein junger Herr<lb/>
iſt da, Herr <hirendition="#fr">Solmes</hi> iſt da, und ſieht wie ein<lb/>
Hof-Cavallier aus, er ſtand auf als er ſie nen-<lb/>
nete: Jungfer <hirendition="#fr">Eliſabeth</hi>ſagte er (hiebey mach-<lb/>
te die Affe einen Buͤckling und Kratzfuß; ſo al-<lb/>
bern, als wenn es <hirendition="#fr">Solmes</hi> leibhaftig waͤre) ge-<lb/>
he ſie doch hinauf und mache ſie der Fraͤulein<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#fr">Zweyter Theil.</hi> U</fw><fwplace="bottom"type="catch">meine</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[305/0311]
der Clariſſa.
Sie haben noch nie eine ſo groſſe Veraͤn-
derung geſehen. Ach Fraͤulein/ (hier ſchuͤt-
telt ſie den Kopf) es iſt Jammer Schade/
daß ſie ſo viel wider ihn geredet haben.
Allein ſie koͤnnen doch noch gut davon
kommen. Jch hoffe/ daß es noch nicht
zu ſpaͤte ſeyn wird.
Was fuͤr Unverſchaͤmtheit? (ſagte ich) Jch
hoffe nicht, daß dlr befohlen iſt, es mir mit ſol-
chem Ungeſtuͤm anzubringen. ‒ ‒ Jch nahm
hierauf den Fechtel und wehete mich.
GOtt behuͤte! antwortete ſie. Wie bald kan
man ſolche junge Fraͤuleins erſchrecken? Jch
wollte ihnen nichts zu leide thun; ich wollte
ſie nicht erſchrecken.
Jhr ſagt: alle im Hauſe ſind drunten? Wen
verſteht ihr, unter allen im Hauſe?
Ey Fraͤulein! (antwortete ſie mit aufgeſper-
reten Haͤnden, und mit einem hoͤniſchen alber-
nen Geſicht. So oft ſie jemand nannte, zaͤhlte
ſie einen Finger weiter) ihr Vater iſt da, ihre
Mutter iſt da, ihr Onckle Harlowe iſt da, ihr
Onckle Anton iſt da, ihre Baſe Hervey iſt da,
meine junge Fraͤulein iſt da, mein junger Herr
iſt da, Herr Solmes iſt da, und ſieht wie ein
Hof-Cavallier aus, er ſtand auf als er ſie nen-
nete: Jungfer Eliſabeth ſagte er (hiebey mach-
te die Affe einen Buͤckling und Kratzfuß; ſo al-
bern, als wenn es Solmes leibhaftig waͤre) ge-
he ſie doch hinauf und mache ſie der Fraͤulein
meine
Zweyter Theil. U
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/311>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.