Glück gewesen. Er hoffete ein gleiches Glück in seinen Umständen.
Jch kan (erwiederte ich) in einer so wichtigen Sache aus Höflichkeit nicht anders reden, als ich es meine: indessen thut es mir leid, daß ich so deutlich reden muß. Sie müssen wissen, daß ich unüberwindliche Einwendungen gegen sie ha- be. Jch habe dieses schon so ernstlich bezeuget, daß ich nicht weiß, ob jemahls eine abschlägige Antwort deutlicher gewesen ist: weil ich glaub- te, daß niemahls eine junge Person in meinen Umständen so viel Grobheit hat erdulden müs- sen, als ich um ihrentwillen erduldet habe.
Man hoffet aber, Fräulein, daß sie ihr Ja- Wort mit der Zeit geben werden. Das hoffet man: und ich bin ein unglücklicher Mensch, wenn ich mich in dieser Hoffnung betrogen sehe.
Vergönnen sie mir zu sagen, mein Herr, daß es besser ist, wenn sie allein unglücklich sind, als wenn sie noch jemand neben sich unglücklich ma- chen.
Sie mögen vielleicht etwas widriges von mir gehört haben, Fräulein. Ein jeder Mensch hat seine Feinde. Lassen sie mich nur erfahren, was sie gehört haben, so will ich entweder meine Feh- ler bekennen und mich bessern, oder ich will ih- nen beweisen, daß man mich auf eine niederträch- tige Weise mit Dreck besprützt hat. Jch höre, daß sie etwas halb gehört haben sollen, das ich gesagt haben soll: ich bin vielleicht unbe- hutsam im Reden gewesen, aber ich habe nichts
gesagt,
Die Geſchichte
Gluͤck geweſen. Er hoffete ein gleiches Gluͤck in ſeinen Umſtaͤnden.
Jch kan (erwiederte ich) in einer ſo wichtigen Sache aus Hoͤflichkeit nicht anders reden, als ich es meine: indeſſen thut es mir leid, daß ich ſo deutlich reden muß. Sie muͤſſen wiſſen, daß ich unuͤberwindliche Einwendungen gegen ſie ha- be. Jch habe dieſes ſchon ſo ernſtlich bezeuget, daß ich nicht weiß, ob jemahls eine abſchlaͤgige Antwort deutlicher geweſen iſt: weil ich glaub- te, daß niemahls eine junge Perſon in meinen Umſtaͤnden ſo viel Grobheit hat erdulden muͤſ- ſen, als ich um ihrentwillen erduldet habe.
Man hoffet aber, Fraͤulein, daß ſie ihr Ja- Wort mit der Zeit geben werden. Das hoffet man: und ich bin ein ungluͤcklicher Menſch, wenn ich mich in dieſer Hoffnung betrogen ſehe.
Vergoͤnnen ſie mir zu ſagen, mein Herr, daß es beſſer iſt, wenn ſie allein ungluͤcklich ſind, als wenn ſie noch jemand neben ſich ungluͤcklich ma- chen.
Sie moͤgen vielleicht etwas widriges von mir gehoͤrt haben, Fraͤulein. Ein jeder Menſch hat ſeine Feinde. Laſſen ſie mich nur erfahren, was ſie gehoͤrt haben, ſo will ich entweder meine Feh- ler bekennen und mich beſſern, oder ich will ih- nen beweiſen, daß man mich auf eine niedertraͤch- tige Weiſe mit Dreck beſpruͤtzt hat. Jch hoͤre, daß ſie etwas halb gehoͤrt haben ſollen, das ich geſagt haben ſoll: ich bin vielleicht unbe- hutſam im Reden geweſen, aber ich habe nichts
geſagt,
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Die Geſchichte
Gluͤck geweſen. Er hoffete ein gleiches Gluͤck
in ſeinen Umſtaͤnden.
Jch kan (erwiederte ich) in einer ſo wichtigen
Sache aus Hoͤflichkeit nicht anders reden, als ich
es meine: indeſſen thut es mir leid, daß ich ſo
deutlich reden muß. Sie muͤſſen wiſſen, daß
ich unuͤberwindliche Einwendungen gegen ſie ha-
be. Jch habe dieſes ſchon ſo ernſtlich bezeuget,
daß ich nicht weiß, ob jemahls eine abſchlaͤgige
Antwort deutlicher geweſen iſt: weil ich glaub-
te, daß niemahls eine junge Perſon in meinen
Umſtaͤnden ſo viel Grobheit hat erdulden muͤſ-
ſen, als ich um ihrentwillen erduldet habe.
Man hoffet aber, Fraͤulein, daß ſie ihr Ja-
Wort mit der Zeit geben werden. Das hoffet
man: und ich bin ein ungluͤcklicher Menſch, wenn
ich mich in dieſer Hoffnung betrogen ſehe.
Vergoͤnnen ſie mir zu ſagen, mein Herr, daß
es beſſer iſt, wenn ſie allein ungluͤcklich ſind, als
wenn ſie noch jemand neben ſich ungluͤcklich ma-
chen.
Sie moͤgen vielleicht etwas widriges von mir
gehoͤrt haben, Fraͤulein. Ein jeder Menſch hat
ſeine Feinde. Laſſen ſie mich nur erfahren, was
ſie gehoͤrt haben, ſo will ich entweder meine Feh-
ler bekennen und mich beſſern, oder ich will ih-
nen beweiſen, daß man mich auf eine niedertraͤch-
tige Weiſe mit Dreck beſpruͤtzt hat. Jch
hoͤre, daß ſie etwas halb gehoͤrt haben ſollen, das
ich geſagt haben ſoll: ich bin vielleicht unbe-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/316>, abgerufen am 24.11.2024.
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