Ob wir gleich nicht auf die Spur kommen können, (fuhr er fort) so können wir doch wohl rathen, was sie so hartnäckig macht. Von Na- tur ist sie es sonst nicht, guter Freund. Jch würde mich nicht so viel um sie bekümmern, wenn ich nicht wüßte, daß dieses die Wahrheit ist, und vorhätte, grose Sachen zu ihrem Vortheil zu thun.
Herr Solmes sagte ihm laut genug in die Ohren: ich will stündlich darum beten, daß diese glückliche Zeit erscheinen möge. An das, was mir jetzt so schmertzlich ist, will ich Zeit Lebens nicht wieder gedencken.
Meine Base wandte sich darauf wieder zu mir: ich muß ihnen doch sagen; sie haben dadurch, daß sie die Schlüssel ohne einige Bedingung übergeben haben, etwas erlanget, das sonst ohn- möglich schien zu erhalten. Dieser Gehorsam, und das man nichts verdächtiges gefunden hat, nebst Herrn Solmes Vorbitte - -
Machen sie nicht, daß ich Herrn Solmes verpflichtet seyn muß. Jch kan ihm meine Schuld nicht anders als mit einem Danck be- zahlen, und zwar unter der Bedingung, daß er von seinem Gesuch abstehen will. Jch bitte sie, mein Herr, wenn sie noch ein menschliches Hertz, wenn sie noch einige Werthachtung für mich ha- ben, so suchen sie meinen Danck zu verdienen. Jch bitte sie inständigst.
O Fräulein (schrie er) glauben, glauben,
glau-
Die Geſchichte
Jch war von Hertzen betruͤbt.
Ob wir gleich nicht auf die Spur kommen koͤnnen, (fuhr er fort) ſo koͤnnen wir doch wohl rathen, was ſie ſo hartnaͤckig macht. Von Na- tur iſt ſie es ſonſt nicht, guter Freund. Jch wuͤrde mich nicht ſo viel um ſie bekuͤmmern, wenn ich nicht wuͤßte, daß dieſes die Wahrheit iſt, und vorhaͤtte, groſe Sachen zu ihrem Vortheil zu thun.
Herr Solmes ſagte ihm laut genug in die Ohren: ich will ſtuͤndlich darum beten, daß dieſe gluͤckliche Zeit erſcheinen moͤge. An das, was mir jetzt ſo ſchmertzlich iſt, will ich Zeit Lebens nicht wieder gedencken.
Meine Baſe wandte ſich darauf wieder zu mir: ich muß ihnen doch ſagen; ſie haben dadurch, daß ſie die Schluͤſſel ohne einige Bedingung uͤbergeben haben, etwas erlanget, das ſonſt ohn- moͤglich ſchien zu erhalten. Dieſer Gehorſam, und das man nichts verdaͤchtiges gefunden hat, nebſt Herrn Solmes Vorbitte ‒ ‒
Machen ſie nicht, daß ich Herrn Solmes verpflichtet ſeyn muß. Jch kan ihm meine Schuld nicht anders als mit einem Danck be- zahlen, und zwar unter der Bedingung, daß er von ſeinem Geſuch abſtehen will. Jch bitte ſie, mein Herr, wenn ſie noch ein menſchliches Hertz, wenn ſie noch einige Werthachtung fuͤr mich ha- ben, ſo ſuchen ſie meinen Danck zu verdienen. Jch bitte ſie inſtaͤndigſt.
O Fraͤulein (ſchrie er) glauben, glauben,
glau-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0350"n="344"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#g">Die Geſchichte</hi></hi></fw><lb/><p>Jch war von Hertzen betruͤbt.</p><lb/><p>Ob wir gleich nicht auf die Spur kommen<lb/>
koͤnnen, (fuhr er fort) ſo koͤnnen wir doch wohl<lb/>
rathen, was ſie ſo hartnaͤckig macht. Von Na-<lb/>
tur iſt ſie es ſonſt nicht, guter Freund. Jch<lb/>
wuͤrde mich nicht ſo viel um ſie bekuͤmmern, wenn<lb/>
ich nicht wuͤßte, daß dieſes die Wahrheit iſt, und<lb/>
vorhaͤtte, groſe Sachen zu ihrem Vortheil zu<lb/>
thun.</p><lb/><p>Herr <hirendition="#fr">Solmes</hi>ſagte ihm laut genug in die<lb/>
Ohren: ich will ſtuͤndlich darum beten, daß dieſe<lb/>
gluͤckliche Zeit erſcheinen moͤge. An das, was<lb/>
mir jetzt ſo ſchmertzlich iſt, will ich Zeit Lebens<lb/>
nicht wieder gedencken.</p><lb/><p>Meine Baſe wandte ſich darauf wieder zu mir:<lb/>
ich muß ihnen doch ſagen; ſie haben dadurch,<lb/>
daß ſie die Schluͤſſel ohne einige Bedingung<lb/>
uͤbergeben haben, etwas erlanget, das ſonſt ohn-<lb/>
moͤglich ſchien zu erhalten. Dieſer Gehorſam,<lb/>
und das man nichts verdaͤchtiges gefunden hat,<lb/>
nebſt Herrn <hirendition="#fr">Solmes</hi> Vorbitte ‒‒</p><lb/><p>Machen ſie nicht, daß ich Herrn <hirendition="#fr">Solmes</hi><lb/>
verpflichtet ſeyn muß. Jch kan ihm meine<lb/>
Schuld nicht anders als mit einem <hirendition="#fr">Danck</hi> be-<lb/>
zahlen, und zwar unter der Bedingung, daß er<lb/>
von ſeinem Geſuch abſtehen will. Jch bitte ſie,<lb/>
mein Herr, wenn ſie noch ein menſchliches Hertz,<lb/>
wenn ſie noch einige Werthachtung fuͤr mich ha-<lb/>
ben, ſo ſuchen ſie meinen Danck zu verdienen.<lb/>
Jch bitte ſie inſtaͤndigſt.</p><lb/><p>O Fraͤulein (ſchrie er) glauben, glauben,<lb/><fwplace="bottom"type="catch">glau-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[344/0350]
Die Geſchichte
Jch war von Hertzen betruͤbt.
Ob wir gleich nicht auf die Spur kommen
koͤnnen, (fuhr er fort) ſo koͤnnen wir doch wohl
rathen, was ſie ſo hartnaͤckig macht. Von Na-
tur iſt ſie es ſonſt nicht, guter Freund. Jch
wuͤrde mich nicht ſo viel um ſie bekuͤmmern, wenn
ich nicht wuͤßte, daß dieſes die Wahrheit iſt, und
vorhaͤtte, groſe Sachen zu ihrem Vortheil zu
thun.
Herr Solmes ſagte ihm laut genug in die
Ohren: ich will ſtuͤndlich darum beten, daß dieſe
gluͤckliche Zeit erſcheinen moͤge. An das, was
mir jetzt ſo ſchmertzlich iſt, will ich Zeit Lebens
nicht wieder gedencken.
Meine Baſe wandte ſich darauf wieder zu mir:
ich muß ihnen doch ſagen; ſie haben dadurch,
daß ſie die Schluͤſſel ohne einige Bedingung
uͤbergeben haben, etwas erlanget, das ſonſt ohn-
moͤglich ſchien zu erhalten. Dieſer Gehorſam,
und das man nichts verdaͤchtiges gefunden hat,
nebſt Herrn Solmes Vorbitte ‒ ‒
Machen ſie nicht, daß ich Herrn Solmes
verpflichtet ſeyn muß. Jch kan ihm meine
Schuld nicht anders als mit einem Danck be-
zahlen, und zwar unter der Bedingung, daß er
von ſeinem Geſuch abſtehen will. Jch bitte ſie,
mein Herr, wenn ſie noch ein menſchliches Hertz,
wenn ſie noch einige Werthachtung fuͤr mich ha-
ben, ſo ſuchen ſie meinen Danck zu verdienen.
Jch bitte ſie inſtaͤndigſt.
O Fraͤulein (ſchrie er) glauben, glauben,
glau-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/350>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.