ging aber voran hinein, und sagte: rührt etwas an, wenn ihr es euch untersteht.
Meine Base Dorthgen kam dazu. Das liebe guthertzige Kind sprach weinend und mit gebrochenen Worten: Fräulein, Fräulein: Sie müssen - - - sie müssen wahrhaftig - - - es an Elisabeth geben -, ihr Feder und Dinte geben.
Muß ich es thun? meine liebe Fräulein Ba- se! So will es ihnen geben, und nicht dem drei- sten Mädchen.
Jch gab ihr mein Schreib-Zeug.
Es thut mir leid, sehr leyd (sagte die Fräu- lein) daß ich es ausrichten muß. Jhr Herr Vater will nicht, daß sie länger mit ihm in ei- nem Hause bleiben sollen. Sie sollen morgen, oder höchstens auf den Sonnabend wegreisen. Jhr Schreib-Zeug wird ihnen deswegen abge- fodert, damit sie niemanden Nachricht von die- ser Entschliessung geben können.
Das liebe Kind ging mit Weinen von mir weg, und trug mein Dinten-Fuß mit aller Zu- behör und noch ein Bund Federn herunter, die sie mir insonderheit abfodern muste, weil man sie bey der grosen Durchsuchung gesehen hat. Jch hatte keine davon gebraucht, weil ich hin und her ein halb Dutzend Raben-Federn versteckt hat- te: und weil sie sie vorhin übergezählt haben mochten, so kan dieses ein glücklicher Umstand für mich seyn.
Eli-
Die Geſchichte
ging aber voran hinein, und ſagte: ruͤhrt etwas an, wenn ihr es euch unterſteht.
Meine Baſe Dorthgen kam dazu. Das liebe guthertzige Kind ſprach weinend und mit gebrochenen Worten: Fraͤulein, Fraͤulein: Sie muͤſſen ‒ ‒ ‒ ſie muͤſſen wahrhaftig ‒ ‒ ‒ es an Eliſabeth geben ‒, ihr Feder und Dinte geben.
Muß ich es thun? meine liebe Fraͤulein Ba- ſe! So will es ihnen geben, und nicht dem drei- ſten Maͤdchen.
Jch gab ihr mein Schreib-Zeug.
Es thut mir leid, ſehr leyd (ſagte die Fraͤu- lein) daß ich es ausrichten muß. Jhr Herr Vater will nicht, daß ſie laͤnger mit ihm in ei- nem Hauſe bleiben ſollen. Sie ſollen morgen, oder hoͤchſtens auf den Sonnabend wegreiſen. Jhr Schreib-Zeug wird ihnen deswegen abge- fodert, damit ſie niemanden Nachricht von die- ſer Entſchlieſſung geben koͤnnen.
Das liebe Kind ging mit Weinen von mir weg, und trug mein Dinten-Fuß mit aller Zu- behoͤr und noch ein Bund Federn herunter, die ſie mir inſonderheit abfodern muſte, weil man ſie bey der groſen Durchſuchung geſehen hat. Jch hatte keine davon gebraucht, weil ich hin und her ein halb Dutzend Raben-Federn verſteckt hat- te: und weil ſie ſie vorhin uͤbergezaͤhlt haben mochten, ſo kan dieſes ein gluͤcklicher Umſtand fuͤr mich ſeyn.
Eli-
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Die Geſchichte
ging aber voran hinein, und ſagte: ruͤhrt etwas
an, wenn ihr es euch unterſteht.
Meine Baſe Dorthgen kam dazu. Das
liebe guthertzige Kind ſprach weinend und mit
gebrochenen Worten: Fraͤulein, Fraͤulein: Sie
muͤſſen ‒ ‒ ‒ ſie muͤſſen wahrhaftig ‒ ‒ ‒ es
an Eliſabeth geben ‒, ihr Feder und Dinte
geben.
Muß ich es thun? meine liebe Fraͤulein Ba-
ſe! So will es ihnen geben, und nicht dem drei-
ſten Maͤdchen.
Jch gab ihr mein Schreib-Zeug.
Es thut mir leid, ſehr leyd (ſagte die Fraͤu-
lein) daß ich es ausrichten muß. Jhr Herr
Vater will nicht, daß ſie laͤnger mit ihm in ei-
nem Hauſe bleiben ſollen. Sie ſollen morgen,
oder hoͤchſtens auf den Sonnabend wegreiſen.
Jhr Schreib-Zeug wird ihnen deswegen abge-
fodert, damit ſie niemanden Nachricht von die-
ſer Entſchlieſſung geben koͤnnen.
Das liebe Kind ging mit Weinen von mir
weg, und trug mein Dinten-Fuß mit aller Zu-
behoͤr und noch ein Bund Federn herunter, die
ſie mir inſonderheit abfodern muſte, weil man ſie
bey der groſen Durchſuchung geſehen hat. Jch
hatte keine davon gebraucht, weil ich hin und
her ein halb Dutzend Raben-Federn verſteckt hat-
te: und weil ſie ſie vorhin uͤbergezaͤhlt haben
mochten, ſo kan dieſes ein gluͤcklicher Umſtand
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 374. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/380>, abgerufen am 22.11.2024.
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