"ein solcher Ehe-Contract entworffen ist, den die- "ser billigen wird, und ich deutliche und unwider- "sprechliche Proben seiner Besserung habe.
Was das anlanget, daß ein Frauenzimmer von meinem Charakter es sich für nachtheilig an- sehen könnte, ihres Vaters Haus zu verlassen, bemerckt er, und ich fürchte, daß seine Anmer- ckung nur allzurichtig sey: "daß jedermann da- "von redet, daß mir so übel begegnet wird, und "dennoch gebe mir die Welt Recht: selbst mei- "ne Anverwanten erwarteten es, daß ich mir "(wie er es nennet) Recht verschaffen würde; "sonst würden sie mich nicht so einschliessen. "Bey einer solchen Aufführung würde mir nie- "mand verdencken, wenn ich mich in die Frey- "heit setzte, dazu ich Recht habe, und aus mei- "nes Vaters Hause in mein eigenes zöge, (wenn "ich anders diesen Vorschlag billigte) oder mich "in fremden Schutz begäbe, um in den Besitz des "Meinigen gesetzt zu werden. Allen Schimpf, "der auf mich fallen könnte, hätten mir die Mei- "nigen schon angethan. Er und seine gantze "Familie würden für meine Ehre eben so besorgt "seyn, als ich es seyn könnte, wenn er einige Hoff- "nung hätte, mich dereinst die Seinige zu nen- "nen. Er untersteht sich zu behaupten, daß mir "keine Familie den Verlust meiner Bluts-Freun- "de besser ersetzen kan, als seine; auf was für "Weise ich ihnen auch die Ehre thue, mich ih- "res oder seines Schutzes zu bedienen."
"Er wiederhohlt das, was er mir schon sonst
ge-
der Clariſſa.
„ein ſolcher Ehe-Contract entworffen iſt, den die- „ſer billigen wird, und ich deutliche und unwider- „ſprechliche Proben ſeiner Beſſerung habe.
Was das anlanget, daß ein Frauenzimmer von meinem Charakter es ſich fuͤr nachtheilig an- ſehen koͤnnte, ihres Vaters Haus zu verlaſſen, bemerckt er, und ich fuͤrchte, daß ſeine Anmer- ckung nur allzurichtig ſey: „daß jedermann da- „von redet, daß mir ſo uͤbel begegnet wird, und „dennoch gebe mir die Welt Recht: ſelbſt mei- „ne Anverwanten erwarteten es, daß ich mir „(wie er es nennet) Recht verſchaffen wuͤrde; „ſonſt wuͤrden ſie mich nicht ſo einſchlieſſen. „Bey einer ſolchen Auffuͤhrung wuͤrde mir nie- „mand verdencken, wenn ich mich in die Frey- „heit ſetzte, dazu ich Recht habe, und aus mei- „nes Vaters Hauſe in mein eigenes zoͤge, (wenn „ich anders dieſen Vorſchlag billigte) oder mich „in fremden Schutz begaͤbe, um in den Beſitz des „Meinigen geſetzt zu werden. Allen Schimpf, „der auf mich fallen koͤnnte, haͤtten mir die Mei- „nigen ſchon angethan. Er und ſeine gantze „Familie wuͤrden fuͤr meine Ehre eben ſo beſorgt „ſeyn, als ich es ſeyn koͤnnte, wenn er einige Hoff- „nung haͤtte, mich dereinſt die Seinige zu nen- „nen. Er unterſteht ſich zu behaupten, daß mir „keine Familie den Verluſt meiner Bluts-Freun- „de beſſer erſetzen kan, als ſeine; auf was fuͤr „Weiſe ich ihnen auch die Ehre thue, mich ih- „res oder ſeines Schutzes zu bedienen.„
„Er wiederhohlt das, was er mir ſchon ſonſt
ge-
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der Clariſſa.
„ein ſolcher Ehe-Contract entworffen iſt, den die-
„ſer billigen wird, und ich deutliche und unwider-
„ſprechliche Proben ſeiner Beſſerung habe.
Was das anlanget, daß ein Frauenzimmer
von meinem Charakter es ſich fuͤr nachtheilig an-
ſehen koͤnnte, ihres Vaters Haus zu verlaſſen,
bemerckt er, und ich fuͤrchte, daß ſeine Anmer-
ckung nur allzurichtig ſey: „daß jedermann da-
„von redet, daß mir ſo uͤbel begegnet wird, und
„dennoch gebe mir die Welt Recht: ſelbſt mei-
„ne Anverwanten erwarteten es, daß ich mir
„(wie er es nennet) Recht verſchaffen wuͤrde;
„ſonſt wuͤrden ſie mich nicht ſo einſchlieſſen.
„Bey einer ſolchen Auffuͤhrung wuͤrde mir nie-
„mand verdencken, wenn ich mich in die Frey-
„heit ſetzte, dazu ich Recht habe, und aus mei-
„nes Vaters Hauſe in mein eigenes zoͤge, (wenn
„ich anders dieſen Vorſchlag billigte) oder mich
„in fremden Schutz begaͤbe, um in den Beſitz des
„Meinigen geſetzt zu werden. Allen Schimpf,
„der auf mich fallen koͤnnte, haͤtten mir die Mei-
„nigen ſchon angethan. Er und ſeine gantze
„Familie wuͤrden fuͤr meine Ehre eben ſo beſorgt
„ſeyn, als ich es ſeyn koͤnnte, wenn er einige Hoff-
„nung haͤtte, mich dereinſt die Seinige zu nen-
„nen. Er unterſteht ſich zu behaupten, daß mir
„keine Familie den Verluſt meiner Bluts-Freun-
„de beſſer erſetzen kan, als ſeine; auf was fuͤr
„Weiſe ich ihnen auch die Ehre thue, mich ih-
„res oder ſeines Schutzes zu bedienen.„
„Er wiederhohlt das, was er mir ſchon ſonſt
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 379. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/385>, abgerufen am 22.11.2024.
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