in einer Sache, welche mir so sehr am Hertzen lag, empfinden muß.
Ueberlegen Sie es, mein Hertz, ob ich Jhnen worinnen dienen kan. Wenn Sie es mir er- lauben, so versprech ich Jhnen! ich will ins- geheim mit Jhnen davon gehen, und wir wollen zusammen leben und sterben. Dencken Sie darauf: überlegen Sie diesen Vorschlag, und befehlen Sie mir frey.
Jch muß hier ein wenig abbrechen. Jch ha- be das Frühstück leicht so lange aufschieben kön- nen, da ich von einer so wichtigen Sache schrei- be.
London soll der beste Ort in der Welt seyn, wenn man sich wo verborgen und in der Stille aufzuhalten gedenckt. Jch habe vorhin nichts geschrieben, als was ich erfüllen will, so bald Sie es befehlen. Das Frauenzimmer hat bisweilen eben so grosse Lust, die irrende Ritterschaft zu versuchen, als Mannspersonen zu dieser Lebens- art zu bringen. Allein, in dem was ich Jhnen vorschlage, ist nichts, das einer irrenden Ritter- schaft ähnlich siehet. Jch werde dadurch in den Stand gesetzet werden, meiner ohne Schuld un- glücklichen Freundin das zu erweisen, was wei- ter nichts als meine Pflicht in dem strengsten Verstande ist, nehmlich ihr zu dienen, und sie aufzurichten: und Sie werden Jhre Anna Ho-
we
der Clariſſa.
in einer Sache, welche mir ſo ſehr am Hertzen lag, empfinden muß.
Ueberlegen Sie es, mein Hertz, ob ich Jhnen worinnen dienen kan. Wenn Sie es mir er- lauben, ſo verſprech ich Jhnen! ich will ins- geheim mit Jhnen davon gehen, und wir wollen zuſammen leben und ſterben. Dencken Sie darauf: uͤberlegen Sie dieſen Vorſchlag, und befehlen Sie mir frey.
Jch muß hier ein wenig abbrechen. Jch ha- be das Fruͤhſtuͤck leicht ſo lange aufſchieben koͤn- nen, da ich von einer ſo wichtigen Sache ſchrei- be.
London ſoll der beſte Ort in der Welt ſeyn, wenn man ſich wo verborgen und in der Stille aufzuhalten gedenckt. Jch habe vorhin nichts geſchrieben, als was ich erfuͤllen will, ſo bald Sie es befehlen. Das Frauenzimmer hat bisweilen eben ſo groſſe Luſt, die irrende Ritterſchaft zu verſuchen, als Mannsperſonen zu dieſer Lebens- art zu bringen. Allein, in dem was ich Jhnen vorſchlage, iſt nichts, das einer irrenden Ritter- ſchaft aͤhnlich ſiehet. Jch werde dadurch in den Stand geſetzet werden, meiner ohne Schuld un- gluͤcklichen Freundin das zu erweiſen, was wei- ter nichts als meine Pflicht in dem ſtrengſten Verſtande iſt, nehmlich ihr zu dienen, und ſie aufzurichten: und Sie werden Jhre Anna Ho-
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der Clariſſa.
in einer Sache, welche mir ſo ſehr am Hertzen
lag, empfinden muß.
Ueberlegen Sie es, mein Hertz, ob ich Jhnen
worinnen dienen kan. Wenn Sie es mir er-
lauben, ſo verſprech ich Jhnen! ich will ins-
geheim mit Jhnen davon gehen, und wir wollen
zuſammen leben und ſterben. Dencken Sie
darauf: uͤberlegen Sie dieſen Vorſchlag, und
befehlen Sie mir frey.
Jch muß hier ein wenig abbrechen. Jch ha-
be das Fruͤhſtuͤck leicht ſo lange aufſchieben koͤn-
nen, da ich von einer ſo wichtigen Sache ſchrei-
be.
London ſoll der beſte Ort in der Welt ſeyn,
wenn man ſich wo verborgen und in der Stille
aufzuhalten gedenckt. Jch habe vorhin nichts
geſchrieben, als was ich erfuͤllen will, ſo bald Sie
es befehlen. Das Frauenzimmer hat bisweilen
eben ſo groſſe Luſt, die irrende Ritterſchaft zu
verſuchen, als Mannsperſonen zu dieſer Lebens-
art zu bringen. Allein, in dem was ich Jhnen
vorſchlage, iſt nichts, das einer irrenden Ritter-
ſchaft aͤhnlich ſiehet. Jch werde dadurch in den
Stand geſetzet werden, meiner ohne Schuld un-
gluͤcklichen Freundin das zu erweiſen, was wei-
ter nichts als meine Pflicht in dem ſtrengſten
Verſtande iſt, nehmlich ihr zu dienen, und ſie
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 395. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/401>, abgerufen am 22.11.2024.
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