andere noch liebere Freunde hören es mit an, die noch vor wenig Monathen so besorgt waren, wenn mich nur ein Lüfftgen anwehete.
Elisabeth hat in solchen Dingen ein unver- gleichliches Gedächtniß, das muß ich ihr nach- rühmen. Sie läßt kein Wort aus, wenn sie es gleich zehn mahl erzählt, und sie macht die Mine eines jeden so natürlich nach, daß man nie fragen darf, wer dieses oder jenes gesagt hat.
Freytags um sechs Uhr.
Meine Frau Base, die diesesmahl wieder hier übernachtet, ist eben von mit gegangen. Sie kam, um mit den Schluß anzukündigen, der in dem Rath meiner Freunde über mich gefasset ist.
Den künftigen Mittewochen früh werden sie alle beysammen seyn: mein Vater, meine Onck- les, sie selbst, jhr Mann, mein Bruder und meine Schwester; meine liebe Frau Nor- ton soll auch mit zugelassen werden; und der D. Lewin soll in der Nähe seyn, um mich zu ermahnen, wenn man es nöthig findet. Sie weiß aber nicht gewiß, ob er sich mit in der Ge- sellschaft befinden, oder warten soll, bis er her- ein gebeten wird.
Wenn sich dieses fürchterliche Gericht nieder- gelassen haben wird, so soll die arme Sünderin in Begleitung und unter dem Beystand der Frau Norton erscheinen. Diese aber wird vor-
her
Die Geſchichte
andere noch liebere Freunde hoͤren es mit an, die noch vor wenig Monathen ſo beſorgt waren, wenn mich nur ein Luͤfftgen anwehete.
Eliſabeth hat in ſolchen Dingen ein unver- gleichliches Gedaͤchtniß, das muß ich ihr nach- ruͤhmen. Sie laͤßt kein Wort aus, wenn ſie es gleich zehn mahl erzaͤhlt, und ſie macht die Mine eines jeden ſo natuͤrlich nach, daß man nie fragen darf, wer dieſes oder jenes geſagt hat.
Freytags um ſechs Uhr.
Meine Frau Baſe, die dieſesmahl wieder hier uͤbernachtet, iſt eben von mit gegangen. Sie kam, um mit den Schluß anzukuͤndigen, der in dem Rath meiner Freunde uͤber mich gefaſſet iſt.
Den kuͤnftigen Mittewochen fruͤh werden ſie alle beyſammen ſeyn: mein Vater, meine Onck- les, ſie ſelbſt, jhr Mann, mein Bruder und meine Schweſter; meine liebe Frau Nor- ton ſoll auch mit zugelaſſen werden; und der D. Lewin ſoll in der Naͤhe ſeyn, um mich zu ermahnen, wenn man es noͤthig findet. Sie weiß aber nicht gewiß, ob er ſich mit in der Ge- ſellſchaft befinden, oder warten ſoll, bis er her- ein gebeten wird.
Wenn ſich dieſes fuͤrchterliche Gericht nieder- gelaſſen haben wird, ſo ſoll die arme Suͤnderin in Begleitung und unter dem Beyſtand der Frau Norton erſcheinen. Dieſe aber wird vor-
her
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Die Geſchichte
andere noch liebere Freunde hoͤren es mit an,
die noch vor wenig Monathen ſo beſorgt waren,
wenn mich nur ein Luͤfftgen anwehete.
Eliſabeth hat in ſolchen Dingen ein unver-
gleichliches Gedaͤchtniß, das muß ich ihr nach-
ruͤhmen. Sie laͤßt kein Wort aus, wenn ſie
es gleich zehn mahl erzaͤhlt, und ſie macht die
Mine eines jeden ſo natuͤrlich nach, daß man
nie fragen darf, wer dieſes oder jenes geſagt
hat.
Freytags um ſechs Uhr.
Meine Frau Baſe, die dieſesmahl wieder hier
uͤbernachtet, iſt eben von mit gegangen. Sie
kam, um mit den Schluß anzukuͤndigen, der in
dem Rath meiner Freunde uͤber mich gefaſſet
iſt.
Den kuͤnftigen Mittewochen fruͤh werden ſie
alle beyſammen ſeyn: mein Vater, meine Onck-
les, ſie ſelbſt, jhr Mann, mein Bruder und
meine Schweſter; meine liebe Frau Nor-
ton ſoll auch mit zugelaſſen werden; und der
D. Lewin ſoll in der Naͤhe ſeyn, um mich
zu ermahnen, wenn man es noͤthig findet. Sie
weiß aber nicht gewiß, ob er ſich mit in der Ge-
ſellſchaft befinden, oder warten ſoll, bis er her-
ein gebeten wird.
Wenn ſich dieſes fuͤrchterliche Gericht nieder-
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in Begleitung und unter dem Beyſtand der
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 444. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/450>, abgerufen am 22.11.2024.
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