Trauung vor Mittewochens Abends vollzogen seyn. Jch will aber noch eins dazu setzen, daß mir nicht aufgetragen ist, zu sagen: Herr Solmes hat versprechen müssen, wenn die Trauung vor- bey und Lovelacen dadurch alle Hoffnung be- nommen ist, und sie ihn darum bitten, sie in ih- res Vaters Hause zu lassen, und alle Abend nach seinem Hause zurück zu kehren, bis sie ihre Pflicht besser erkennen lernen, und selbst darein willi- gen, seinen Nahmen zu tragen.
Jch konte gegen eine solche Rede meinen Mund nicht aufthun: ich blieb gantz stumm.
Das sind die Leute, die mir (zum wenigsten einige unter ihnen) Schuld gaben, ich wäre ein Mädchen, wie sie in den Romainen beschrieben würden. Das sind Anschläge meines phanta- stischen Bruders und meiner weisen Schwester, wenn sie die Köpfe zusammen stecken. Und doch erzählt mir meine Base, daß sich meine Mutter am meisten durch das letzte in dem er- wähnten Vorschlage habe einnehmen lassen, die noch vorhin immer behauptet hatte, die Trauung müsse aufgeschoben werden, wenn ihr Kind kranck würde, es möchte nun die Kranckheit aus Be- trübniß oder aus Eigensinn entstehen.
Was in diesen Vorschlägen gewaltsames ist, das entschuldigte meine Base alles durch die Nach- richten, die sie von Herrn Lovelaces Absichten
und
Die Geſchichte
Trauung vor Mittewochens Abends vollzogen ſeyn. Jch will aber noch eins dazu ſetzen, daß mir nicht aufgetragen iſt, zu ſagen: Herr Solmes hat verſprechen muͤſſen, wenn die Trauung vor- bey und Lovelacen dadurch alle Hoffnung be- nommen iſt, und ſie ihn darum bitten, ſie in ih- res Vaters Hauſe zu laſſen, und alle Abend nach ſeinem Hauſe zuruͤck zu kehren, bis ſie ihre Pflicht beſſer erkennen lernen, und ſelbſt darein willi- gen, ſeinen Nahmen zu tragen.
Jch konte gegen eine ſolche Rede meinen Mund nicht aufthun: ich blieb gantz ſtumm.
Das ſind die Leute, die mir (zum wenigſten einige unter ihnen) Schuld gaben, ich waͤre ein Maͤdchen, wie ſie in den Romainen beſchrieben wuͤrden. Das ſind Anſchlaͤge meines phanta- ſtiſchen Bruders und meiner weiſen Schweſter, wenn ſie die Koͤpfe zuſammen ſtecken. Und doch erzaͤhlt mir meine Baſe, daß ſich meine Mutter am meiſten durch das letzte in dem er- waͤhnten Vorſchlage habe einnehmen laſſen, die noch vorhin immer behauptet hatte, die Trauung muͤſſe aufgeſchoben werden, wenn ihr Kind kranck wuͤrde, es moͤchte nun die Kranckheit aus Be- truͤbniß oder aus Eigenſinn entſtehen.
Was in dieſen Vorſchlaͤgen gewaltſames iſt, das entſchuldigte meine Baſe alles durch die Nach- richten, die ſie von Herrn Lovelaces Abſichten
und
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Die Geſchichte
Trauung vor Mittewochens Abends vollzogen
ſeyn. Jch will aber noch eins dazu ſetzen, daß mir
nicht aufgetragen iſt, zu ſagen: Herr Solmes
hat verſprechen muͤſſen, wenn die Trauung vor-
bey und Lovelacen dadurch alle Hoffnung be-
nommen iſt, und ſie ihn darum bitten, ſie in ih-
res Vaters Hauſe zu laſſen, und alle Abend nach
ſeinem Hauſe zuruͤck zu kehren, bis ſie ihre Pflicht
beſſer erkennen lernen, und ſelbſt darein willi-
gen, ſeinen Nahmen zu tragen.
Jch konte gegen eine ſolche Rede meinen
Mund nicht aufthun: ich blieb gantz ſtumm.
Das ſind die Leute, die mir (zum wenigſten
einige unter ihnen) Schuld gaben, ich waͤre ein
Maͤdchen, wie ſie in den Romainen beſchrieben
wuͤrden. Das ſind Anſchlaͤge meines phanta-
ſtiſchen Bruders und meiner weiſen Schweſter,
wenn ſie die Koͤpfe zuſammen ſtecken. Und
doch erzaͤhlt mir meine Baſe, daß ſich meine
Mutter am meiſten durch das letzte in dem er-
waͤhnten Vorſchlage habe einnehmen laſſen, die
noch vorhin immer behauptet hatte, die Trauung
muͤſſe aufgeſchoben werden, wenn ihr Kind kranck
wuͤrde, es moͤchte nun die Kranckheit aus Be-
truͤbniß oder aus Eigenſinn entſtehen.
Was in dieſen Vorſchlaͤgen gewaltſames iſt,
das entſchuldigte meine Baſe alles durch die Nach-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 448. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/454>, abgerufen am 23.11.2024.
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