bey einer andern Gelegenheit gaben, weil ich es nicht unterlassen konnte/ meinen Witz zu zeigen/ wenn auch gleich Zärtlichkeit/ Freundschaft und Liebe dadurch verletzt werden solten.
Was hilft es, daß man seine Fehler erkennet, und sich doch nicht bessert? werden Sie sagen. Es ist wahr. Sie wissen aber, daß ich immer ein sonderbares Geschöpf gewesen bin, und im- mer nöthig gehabt habe, daß mir andere viel zu gute hielten. Jch weiß auch, daß ich diese Gü- tigkeit von meiner Clarissa Harlowe stets ge- nossen habe: ich getröste mich jetzt noch eben der- selben, da Sie zum wenigsten versichert sind, daß ich Sie liebe, und Sie (wo es möglich ist), mehr liebe als mich selbst. Glauben Sie mir dieses zu, und machen Sie daraus einen Schluß, wie sehr mich Jhre unglücklichen Umstände rühren müssen. Es ist eine Folge hievon, daß ich selbst die philosophische Gleichgültigkeit nicht ungeta- delt lassen kan, die Sie in Jhrer eigenen Sa- che beweisen, und doch nicht beweisen würden, wenn es eines andern Sache wäre. Selbst diese vortrefliche Eigenschaft, die jedermann be- wundert, erweckt aus Liebe zu Jhnen meinen Unwillen.
Es wird von nun an mein stündliches Ge- bet seyn, daß Sie aus diesen unglücklichen Um- ständen errettet werden mögen, ohne Jhren guten
Nah-
der Clariſſa.
bey einer andern Gelegenheit gaben, weil ich es nicht unterlaſſen konnte/ meinen Witz zu zeigen/ wenn auch gleich Zaͤrtlichkeit/ Freundſchaft und Liebe dadurch verletzt werden ſolten.
Was hilft es, daß man ſeine Fehler erkennet, und ſich doch nicht beſſert? werden Sie ſagen. Es iſt wahr. Sie wiſſen aber, daß ich immer ein ſonderbares Geſchoͤpf geweſen bin, und im- mer noͤthig gehabt habe, daß mir andere viel zu gute hielten. Jch weiß auch, daß ich dieſe Guͤ- tigkeit von meiner Clariſſa Harlowe ſtets ge- noſſen habe: ich getroͤſte mich jetzt noch eben der- ſelben, da Sie zum wenigſten verſichert ſind, daß ich Sie liebe, und Sie (wo es moͤglich iſt), mehr liebe als mich ſelbſt. Glauben Sie mir dieſes zu, und machen Sie daraus einen Schluß, wie ſehr mich Jhre ungluͤcklichen Umſtaͤnde ruͤhren muͤſſen. Es iſt eine Folge hievon, daß ich ſelbſt die philoſophiſche Gleichguͤltigkeit nicht ungeta- delt laſſen kan, die Sie in Jhrer eigenen Sa- che beweiſen, und doch nicht beweiſen wuͤrden, wenn es eines andern Sache waͤre. Selbſt dieſe vortrefliche Eigenſchaft, die jedermann be- wundert, erweckt aus Liebe zu Jhnen meinen Unwillen.
Es wird von nun an mein ſtuͤndliches Ge- bet ſeyn, daß Sie aus dieſen ungluͤcklichen Um- ſtaͤnden errettet werden moͤgen, ohne Jhren guten
Nah-
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der Clariſſa.
bey einer andern Gelegenheit gaben, weil ich
es nicht unterlaſſen konnte/ meinen Witz
zu zeigen/ wenn auch gleich Zaͤrtlichkeit/
Freundſchaft und Liebe dadurch verletzt
werden ſolten.
Was hilft es, daß man ſeine Fehler erkennet,
und ſich doch nicht beſſert? werden Sie ſagen.
Es iſt wahr. Sie wiſſen aber, daß ich immer
ein ſonderbares Geſchoͤpf geweſen bin, und im-
mer noͤthig gehabt habe, daß mir andere viel zu
gute hielten. Jch weiß auch, daß ich dieſe Guͤ-
tigkeit von meiner Clariſſa Harlowe ſtets ge-
noſſen habe: ich getroͤſte mich jetzt noch eben der-
ſelben, da Sie zum wenigſten verſichert ſind, daß
ich Sie liebe, und Sie (wo es moͤglich iſt), mehr
liebe als mich ſelbſt. Glauben Sie mir dieſes
zu, und machen Sie daraus einen Schluß, wie
ſehr mich Jhre ungluͤcklichen Umſtaͤnde ruͤhren
muͤſſen. Es iſt eine Folge hievon, daß ich ſelbſt
die philoſophiſche Gleichguͤltigkeit nicht ungeta-
delt laſſen kan, die Sie in Jhrer eigenen Sa-
che beweiſen, und doch nicht beweiſen wuͤrden,
wenn es eines andern Sache waͤre. Selbſt
dieſe vortrefliche Eigenſchaft, die jedermann be-
wundert, erweckt aus Liebe zu Jhnen meinen
Unwillen.
Es wird von nun an mein ſtuͤndliches Ge-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 475. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/481>, abgerufen am 26.11.2024.
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