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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748.

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der Clarissa.

Doch, so kurtz auch die Zeit ist, kan er noch
vielleicht den Brief abholen lassen. Vielleicht
hat er eine Hinderung gehabt, die ihn hinläng-
lich entschuldigen wird, wenn ich sie erfahre.

Nachdem ich vorhin mein Wort mehr als
einmahl zurück genommen habe, da ich ihm nur
versprochen hatte, mich mit ihm zu unterreden;
so dächte ich, er solte nothwendig jetzt begieriger
seyn, zu erfahren, ob von neuen eine Hinderniß
in den Weg gekommen wäre, und ob ich in die-
ser wichtigern Sache bey meinem Vorsatz bleibe.
Jch habe mich zwar übereilt, im zweiten Briefe
mein Versprechen zu wiederholen; und bin doch
herach anderer Meinung geworden.

Um neun Uhr.

Die Fräulein Dorthgen Hervey steckte mir
unvermerckt folgenden Brief zu, als ich aus dem
Garten kam, und vor ihr vorbey gieng:

"Liebste Fräulein!

"Jch habe von einer Person, die es (wie sie
"sagt) wissen kan, gehört, daß sie den Mitte-
"wochen früh gewiß mit Herrn Solmes getrau-
"et werden sollen. Es kan zwar seyn, daß sie
"es nur gesagt hat mich zu betrüben: denn es
"war die Elisabeth Barnes, die unartig ge-
"nug dazu ist. Sie sagt, der Trauschein sey schon
"angekommen: und sie ließ sich so weit heraus,

(doch
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der Clariſſa.

Doch, ſo kurtz auch die Zeit iſt, kan er noch
vielleicht den Brief abholen laſſen. Vielleicht
hat er eine Hinderung gehabt, die ihn hinlaͤng-
lich entſchuldigen wird, wenn ich ſie erfahre.

Nachdem ich vorhin mein Wort mehr als
einmahl zuruͤck genommen habe, da ich ihm nur
verſprochen hatte, mich mit ihm zu unterreden;
ſo daͤchte ich, er ſolte nothwendig jetzt begieriger
ſeyn, zu erfahren, ob von neuen eine Hinderniß
in den Weg gekommen waͤre, und ob ich in die-
ſer wichtigern Sache bey meinem Vorſatz bleibe.
Jch habe mich zwar uͤbereilt, im zweiten Briefe
mein Verſprechen zu wiederholen; und bin doch
herach anderer Meinung geworden.

Um neun Uhr.

Die Fraͤulein Dorthgen Hervey ſteckte mir
unvermerckt folgenden Brief zu, als ich aus dem
Garten kam, und vor ihr vorbey gieng:

„Liebſte Fraͤulein!

„Jch habe von einer Perſon, die es (wie ſie
„ſagt) wiſſen kan, gehoͤrt, daß ſie den Mitte-
„wochen fruͤh gewiß mit Herꝛn Solmes getrau-
„et werden ſollen. Es kan zwar ſeyn, daß ſie
„es nur geſagt hat mich zu betruͤben: denn es
„war die Eliſabeth Barnes, die unartig ge-
„nug dazu iſt. Sie ſagt, der Trauſchein ſey ſchon
„angekommen: und ſie ließ ſich ſo weit heraus,

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J i 3
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[501/0507] der Clariſſa. Doch, ſo kurtz auch die Zeit iſt, kan er noch vielleicht den Brief abholen laſſen. Vielleicht hat er eine Hinderung gehabt, die ihn hinlaͤng- lich entſchuldigen wird, wenn ich ſie erfahre. Nachdem ich vorhin mein Wort mehr als einmahl zuruͤck genommen habe, da ich ihm nur verſprochen hatte, mich mit ihm zu unterreden; ſo daͤchte ich, er ſolte nothwendig jetzt begieriger ſeyn, zu erfahren, ob von neuen eine Hinderniß in den Weg gekommen waͤre, und ob ich in die- ſer wichtigern Sache bey meinem Vorſatz bleibe. Jch habe mich zwar uͤbereilt, im zweiten Briefe mein Verſprechen zu wiederholen; und bin doch herach anderer Meinung geworden. Um neun Uhr. Die Fraͤulein Dorthgen Hervey ſteckte mir unvermerckt folgenden Brief zu, als ich aus dem Garten kam, und vor ihr vorbey gieng: „Liebſte Fraͤulein! „Jch habe von einer Perſon, die es (wie ſie „ſagt) wiſſen kan, gehoͤrt, daß ſie den Mitte- „wochen fruͤh gewiß mit Herꝛn Solmes getrau- „et werden ſollen. Es kan zwar ſeyn, daß ſie „es nur geſagt hat mich zu betruͤben: denn es „war die Eliſabeth Barnes, die unartig ge- „nug dazu iſt. Sie ſagt, der Trauſchein ſey ſchon „angekommen: und ſie ließ ſich ſo weit heraus, (doch J i 3

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 501. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/507>, abgerufen am 21.11.2024.