Jch schreibe noch einmahl, obgleich es mir mei- ne jüngere Schwester nachdrücklich verbo- ten hat. Eure Mutter hat mir befohlen es zu thun, damit Jhr bey Eurer Obstination ohne Ent- schuldigung seyn möget. Macht mich etwa dis Wort zum Pedanten gnädige Fräulein? Sie will Euch gern in allen nachgeben, was nur den Schein der Artigkeit hat, welche sie und alle ande- re ehemals an Euch bewunderten. Ehe Jhr mit Lovelace bekannt wurdet, muß ich auch zu Eurem Ruhm sagen, daß Jhr artig gewesen seyd. Sie und ihre Schwester Hervey (welche beyde so ge- neigt sind Euch das Wort zu reden, wenn sie nur könten) wollen es ein-vor allemal haben, daß die Schuld Eurer harten Antwort an mir liege. Sie können aber dabey nicht läugnen, daß die Ant- wort selbst sehr ungeziemend sey. Jhr sehet in- dessen, daß ich nun anfange zu lernen, und eine sanftere Sprache annehme, da Jhr sie ableget. Die Sache stehet so:
Sie ersuchen, sie bitten, sie flehen, (ist einer von diesen Ausdrücken starck genug Fräulein Clärchen?) daß Jhr Euch nicht wegern wollet, nach Eures Vaters Bruders Antons Gute zu reisen. Jch soll Euch anbey deutlich zu verstehen ge- ben, daß den Jnhalt meines letzten Briefes betref- fend, - - - doch man sollte dencken, sie hätten eben nicht nöthig zu ersuchen, zu bitten und zu flehen. - -
So
der Clariſſa.
An Fraͤulein Clariſſa Harlowe.
Dounerſtag Morgens.
Jch ſchreibe noch einmahl, obgleich es mir mei- ne juͤngere Schweſter nachdruͤcklich verbo- ten hat. Eure Mutter hat mir befohlen es zu thun, damit Jhr bey Eurer Obſtination ohne Ent- ſchuldigung ſeyn moͤget. Macht mich etwa dis Wort zum Pedanten gnaͤdige Fraͤulein? Sie will Euch gern in allen nachgeben, was nur den Schein der Artigkeit hat, welche ſie und alle ande- re ehemals an Euch bewunderten. Ehe Jhr mit Lovelace bekannt wurdet, muß ich auch zu Eurem Ruhm ſagen, daß Jhr artig geweſen ſeyd. Sie und ihre Schweſter Hervey (welche beyde ſo ge- neigt ſind Euch das Wort zu reden, wenn ſie nur koͤnten) wollen es ein-vor allemal haben, daß die Schuld Eurer harten Antwort an mir liege. Sie koͤnnen aber dabey nicht laͤugnen, daß die Ant- wort ſelbſt ſehr ungeziemend ſey. Jhr ſehet in- deſſen, daß ich nun anfange zu lernen, und eine ſanftere Sprache annehme, da Jhr ſie ableget. Die Sache ſtehet ſo:
Sie erſuchen, ſie bitten, ſie flehen, (iſt einer von dieſen Ausdruͤcken ſtarck genug Fraͤulein Claͤrchen?) daß Jhr Euch nicht wegern wollet, nach Eures Vaters Bruders Antons Gute zu reiſen. Jch ſoll Euch anbey deutlich zu verſtehen ge- ben, daß den Jnhalt meines letzten Briefes betref- fend, ‒ ‒ ‒ doch man ſollte dencken, ſie haͤtten eben nicht noͤthig zu erſuchen, zu bitten und zu flehen. ‒ ‒
So
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der Clariſſa.
An Fraͤulein Clariſſa Harlowe.
Dounerſtag Morgens.
Jch ſchreibe noch einmahl, obgleich es mir mei-
ne juͤngere Schweſter nachdruͤcklich verbo-
ten hat. Eure Mutter hat mir befohlen es zu
thun, damit Jhr bey Eurer Obſtination ohne Ent-
ſchuldigung ſeyn moͤget. Macht mich etwa dis
Wort zum Pedanten gnaͤdige Fraͤulein? Sie
will Euch gern in allen nachgeben, was nur den
Schein der Artigkeit hat, welche ſie und alle ande-
re ehemals an Euch bewunderten. Ehe Jhr mit
Lovelace bekannt wurdet, muß ich auch zu Eurem
Ruhm ſagen, daß Jhr artig geweſen ſeyd. Sie
und ihre Schweſter Hervey (welche beyde ſo ge-
neigt ſind Euch das Wort zu reden, wenn ſie nur
koͤnten) wollen es ein-vor allemal haben, daß die
Schuld Eurer harten Antwort an mir liege. Sie
koͤnnen aber dabey nicht laͤugnen, daß die Ant-
wort ſelbſt ſehr ungeziemend ſey. Jhr ſehet in-
deſſen, daß ich nun anfange zu lernen, und eine
ſanftere Sprache annehme, da Jhr ſie ableget.
Die Sache ſtehet ſo:
Sie erſuchen, ſie bitten, ſie flehen, (iſt einer
von dieſen Ausdruͤcken ſtarck genug Fraͤulein
Claͤrchen?) daß Jhr Euch nicht wegern wollet,
nach Eures Vaters Bruders Antons Gute zu
reiſen. Jch ſoll Euch anbey deutlich zu verſtehen ge-
ben, daß den Jnhalt meines letzten Briefes betref-
fend, ‒ ‒ ‒ doch man ſollte dencken, ſie haͤtten eben
nicht noͤthig zu erſuchen, zu bitten und zu flehen. ‒ ‒
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/51>, abgerufen am 21.11.2024.
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