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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748.

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der Clarissa.
te; und sagte: sie hoffete, daß dieses der letzte
Tag seyn würde, an dem die Meinigen meiner
Gesellschaft bey Tische entbähren müßten.

Sie können sich leicht vorstellen, was die be-
vorstehende Unterredung mit Lovelacen/ die
Furcht entdeckt zu werden, und der Jnhalt des
Briefes der Fräulein Dorthgen/ für sichtbare
Gemüths-Bewegungen bey mir erregten. Sie
bemerckte dieses: was für Seufzer! was für
tieffes Athemholen. (sagte sie, und klopfte mich
auf den Hals) Liebes Kind, wer hätte das glau-
ben sollen, daß bey so vieler natürlichen An-
nehmlichkeit doch so viel Eigensinn wohnen
könnte?

Jch konnte ihr nicht antworten. Sie fuhr
fort zu reden: ich habe etwas an sie zu bestellen,
das mich ihnen nicht sehr willkommen machen
wird. Wir haben gestern einiges gehört, daß
einem so verzweiffelten und trotzigen Wagehalse,
als in der Welt seyn kan, entfahren ist, daraus
ihr Herr Vater und wir alle mercken, daß sie
noch jetzt Mittel haben müssen, ausser Hause
zu schreiben. Herr Lovelace weiß alles was
hier vorgehet, und zwar den Augenblick: es ist
zu befürchten: daß er Unglück anstiftet, das sie
so wohl als alle andere zu vermeiden suchen müs-
sen. Jhre Mutter hat noch eine Beyforge, die
sie selbst näher angehet. Sie hoffet zwar, daß
diese Beysorge ungegründet sey: sie kan aber
doch nicht ruhig seyn, und andere werden ihr

keine

der Clariſſa.
te; und ſagte: ſie hoffete, daß dieſes der letzte
Tag ſeyn wuͤrde, an dem die Meinigen meiner
Geſellſchaft bey Tiſche entbaͤhren muͤßten.

Sie koͤnnen ſich leicht vorſtellen, was die be-
vorſtehende Unterredung mit Lovelacen/ die
Furcht entdeckt zu werden, und der Jnhalt des
Briefes der Fraͤulein Dorthgen/ fuͤr ſichtbare
Gemuͤths-Bewegungen bey mir erregten. Sie
bemerckte dieſes: was fuͤr Seufzer! was fuͤr
tieffes Athemholen. (ſagte ſie, und klopfte mich
auf den Hals) Liebes Kind, wer haͤtte das glau-
ben ſollen, daß bey ſo vieler natuͤrlichen An-
nehmlichkeit doch ſo viel Eigenſinn wohnen
koͤnnte?

Jch konnte ihr nicht antworten. Sie fuhr
fort zu reden: ich habe etwas an ſie zu beſtellen,
das mich ihnen nicht ſehr willkommen machen
wird. Wir haben geſtern einiges gehoͤrt, daß
einem ſo verzweiffelten und trotzigen Wagehalſe,
als in der Welt ſeyn kan, entfahren iſt, daraus
ihr Herr Vater und wir alle mercken, daß ſie
noch jetzt Mittel haben muͤſſen, auſſer Hauſe
zu ſchreiben. Herr Lovelace weiß alles was
hier vorgehet, und zwar den Augenblick: es iſt
zu befuͤrchten: daß er Ungluͤck anſtiftet, das ſie
ſo wohl als alle andere zu vermeiden ſuchen muͤſ-
ſen. Jhre Mutter hat noch eine Beyforge, die
ſie ſelbſt naͤher angehet. Sie hoffet zwar, daß
dieſe Beyſorge ungegruͤndet ſey: ſie kan aber
doch nicht ruhig ſeyn, und andere werden ihr

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[509/0515] der Clariſſa. te; und ſagte: ſie hoffete, daß dieſes der letzte Tag ſeyn wuͤrde, an dem die Meinigen meiner Geſellſchaft bey Tiſche entbaͤhren muͤßten. Sie koͤnnen ſich leicht vorſtellen, was die be- vorſtehende Unterredung mit Lovelacen/ die Furcht entdeckt zu werden, und der Jnhalt des Briefes der Fraͤulein Dorthgen/ fuͤr ſichtbare Gemuͤths-Bewegungen bey mir erregten. Sie bemerckte dieſes: was fuͤr Seufzer! was fuͤr tieffes Athemholen. (ſagte ſie, und klopfte mich auf den Hals) Liebes Kind, wer haͤtte das glau- ben ſollen, daß bey ſo vieler natuͤrlichen An- nehmlichkeit doch ſo viel Eigenſinn wohnen koͤnnte? Jch konnte ihr nicht antworten. Sie fuhr fort zu reden: ich habe etwas an ſie zu beſtellen, das mich ihnen nicht ſehr willkommen machen wird. Wir haben geſtern einiges gehoͤrt, daß einem ſo verzweiffelten und trotzigen Wagehalſe, als in der Welt ſeyn kan, entfahren iſt, daraus ihr Herr Vater und wir alle mercken, daß ſie noch jetzt Mittel haben muͤſſen, auſſer Hauſe zu ſchreiben. Herr Lovelace weiß alles was hier vorgehet, und zwar den Augenblick: es iſt zu befuͤrchten: daß er Ungluͤck anſtiftet, das ſie ſo wohl als alle andere zu vermeiden ſuchen muͤſ- ſen. Jhre Mutter hat noch eine Beyforge, die ſie ſelbſt naͤher angehet. Sie hoffet zwar, daß dieſe Beyſorge ungegruͤndet ſey: ſie kan aber doch nicht ruhig ſeyn, und andere werden ihr keine

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 509. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/515>, abgerufen am 24.11.2024.