Feuer an aus ihren Augen zu verlieren, daß man durch ihre sanfteren Blicke nicht mehr geblendet ward. Sie zitterte, und konnte die Bewegung eines Hertzens nicht ertragen, das ihr noch nie so unge- horsam gewesen war. Sie wollte niedersincken, als ich meine glücklichen Arme um sie schlug, sie zu halten. Was war das für ein unschätzbarer Au- genblick! Wie nahe, wie empfindlich nahe waren einander damahls die zwey schlagenden Freunde, die unsere Brust bedecket!
An ihrer Kleidung merckte ich, daß sie sich gar nicht zur Reise geschickt hätte. Weil ich leicht merckte, daß sie den Vorsatz hatte mich noch ein- mahl vergeblich kommen zu lassen, so wollte ich sie mit mir fortziehen. Hier erhub sich ein Streit, so hart, als ich ihn nie mit einem Frauenzimmer ge- habt habe. Dein freundschaffts-volles Hertz wür- de sich nur betrüben, wenn ich dir weitläuftig mel- den sollte, was dein Freund für saure Mühe hat anwenden müssen. Jch bat, ich flehete: auf meinen Knieen bat und flehete ich, daß sie ihr eige- nes Versprechen erfüllen möchte: allein alles war vergeblich. Wenn ich nicht zum Voraus auf die- sen Fall gedacht hätte, weil ich wol wußte, mit wem ich zu thun hätte, so würde ich gewiß meine Ab- sicht nicht erreichet haben: und eben so gewiß hät- te ich sie auch ohne dich und deine Brüder in ihres Vaters Haus begleiten wollen; und wer weiß, was die Folgen hievon gewesen seyn würden?
Der treue Kerl, den ich in der gantzen Sache gebraucht habe, verstand endlich, obwohl ein wenig
später
Feuer an aus ihren Augen zu verlieren, daß man durch ihre ſanfteren Blicke nicht mehr geblendet ward. Sie zitterte, und konnte die Bewegung eines Hertzens nicht ertragen, das ihr noch nie ſo unge- horſam geweſen war. Sie wollte niederſincken, als ich meine gluͤcklichen Arme um ſie ſchlug, ſie zu halten. Was war das fuͤr ein unſchaͤtzbarer Au- genblick! Wie nahe, wie empfindlich nahe waren einander damahls die zwey ſchlagenden Freunde, die unſere Bruſt bedecket!
An ihrer Kleidung merckte ich, daß ſie ſich gar nicht zur Reiſe geſchickt haͤtte. Weil ich leicht merckte, daß ſie den Vorſatz hatte mich noch ein- mahl vergeblich kommen zu laſſen, ſo wollte ich ſie mit mir fortziehen. Hier erhub ſich ein Streit, ſo hart, als ich ihn nie mit einem Frauenzimmer ge- habt habe. Dein freundſchaffts-volles Hertz wuͤr- de ſich nur betruͤben, wenn ich dir weitlaͤuftig mel- den ſollte, was dein Freund fuͤr ſaure Muͤhe hat anwenden muͤſſen. Jch bat, ich flehete: auf meinen Knieen bat und flehete ich, daß ſie ihr eige- nes Verſprechen erfuͤllen moͤchte: allein alles war vergeblich. Wenn ich nicht zum Voraus auf die- ſen Fall gedacht haͤtte, weil ich wol wußte, mit wem ich zu thun haͤtte, ſo wuͤrde ich gewiß meine Ab- ſicht nicht erreichet haben: und eben ſo gewiß haͤt- te ich ſie auch ohne dich und deine Bruͤder in ihres Vaters Haus begleiten wollen; und wer weiß, was die Folgen hievon geweſen ſeyn wuͤrden?
Der treue Kerl, den ich in der gantzen Sache gebraucht habe, verſtand endlich, obwohl ein wenig
ſpaͤter
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Feuer an aus ihren Augen zu verlieren, daß man
durch ihre ſanfteren Blicke nicht mehr geblendet
ward. Sie zitterte, und konnte die Bewegung eines
Hertzens nicht ertragen, das ihr noch nie ſo unge-
horſam geweſen war. Sie wollte niederſincken,
als ich meine gluͤcklichen Arme um ſie ſchlug, ſie zu
halten. Was war das fuͤr ein unſchaͤtzbarer Au-
genblick! Wie nahe, wie empfindlich nahe waren
einander damahls die zwey ſchlagenden Freunde,
die unſere Bruſt bedecket!
An ihrer Kleidung merckte ich, daß ſie ſich gar
nicht zur Reiſe geſchickt haͤtte. Weil ich leicht
merckte, daß ſie den Vorſatz hatte mich noch ein-
mahl vergeblich kommen zu laſſen, ſo wollte ich ſie
mit mir fortziehen. Hier erhub ſich ein Streit, ſo
hart, als ich ihn nie mit einem Frauenzimmer ge-
habt habe. Dein freundſchaffts-volles Hertz wuͤr-
de ſich nur betruͤben, wenn ich dir weitlaͤuftig mel-
den ſollte, was dein Freund fuͤr ſaure Muͤhe hat
anwenden muͤſſen. Jch bat, ich flehete: auf
meinen Knieen bat und flehete ich, daß ſie ihr eige-
nes Verſprechen erfuͤllen moͤchte: allein alles war
vergeblich. Wenn ich nicht zum Voraus auf die-
ſen Fall gedacht haͤtte, weil ich wol wußte, mit wem
ich zu thun haͤtte, ſo wuͤrde ich gewiß meine Ab-
ſicht nicht erreichet haben: und eben ſo gewiß haͤt-
te ich ſie auch ohne dich und deine Bruͤder in ihres
Vaters Haus begleiten wollen; und wer weiß,
was die Folgen hievon geweſen ſeyn wuͤrden?
Der treue Kerl, den ich in der gantzen Sache
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/100>, abgerufen am 22.12.2024.
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