Es fällt mir ein: würde es nicht rathsam seyn, daß unsere Obrigkeit andere Kirchen für die Manns-Personen und wiederum andere für das Frauenzimmer verordnete? Sie würden zu Beför- derung der wahren Frömmigkeit beyder Geschlech- ter eben so nützlich seyn, als die abgesonderten (+) Kost-Schulen zu ihrer Erziehung sind. Jch ziehe sie in diesem Stücke den Gegittern in der Synagoge noch vor.
Einige Kirchen sind schon den heiligen Weibern gewidmet. Wir haben S. Swithins, S. Ste- phans, S. Thomas, und des Ritters St. Ge- orgens Kirche: in diese könnten die Manns- Personen gehen. Die Kirche der H. Katharine, der H. Anne, die zur lieben Frauen u. s. w. würden den Frauens-Leuten verbleiben.
Wenn aber dieses auch geschähe, und der Tod darauf stünde, daß man sich in einer Kirche der Schönen betreten ließe, so würde ich dennoch als ein zweyter Clodius handeln und mich verkleiden, um meine Portiam und Calpurniam zu finden, wenn gleich die eine des Cato Tochter, und die an- dere eine Gemahlin des Cäsars wäre.
Wie
(+)Boarding - Schools sind bey den Engländern Schu- len in den junge Leute nicht allein unterrichtet werden, sondern auch in Haus und Kost sind. Dergleichen Schulen werden von Privat-Personen häufig errichtet, und zwar nicht allein für Knaben, sondern auch für Jungfern: Doch (wie der Leser vermuthen wird, ohne daß ich eine gelehrte Anmerckung mache) für jedes Ge- schlecht besonders.
Dritter Theil. K
Es faͤllt mir ein: wuͤrde es nicht rathſam ſeyn, daß unſere Obrigkeit andere Kirchen fuͤr die Manns-Perſonen und wiederum andere fuͤr das Frauenzimmer verordnete? Sie wuͤrden zu Befoͤr- derung der wahren Froͤmmigkeit beyder Geſchlech- ter eben ſo nuͤtzlich ſeyn, als die abgeſonderten (†) Koſt-Schulen zu ihrer Erziehung ſind. Jch ziehe ſie in dieſem Stuͤcke den Gegittern in der Synagoge noch vor.
Einige Kirchen ſind ſchon den heiligen Weibern gewidmet. Wir haben S. Swithins, S. Ste- phans, S. Thomas, und des Ritters St. Ge- orgens Kirche: in dieſe koͤnnten die Manns- Perſonen gehen. Die Kirche der H. Katharine, der H. Anne, die zur lieben Frauen u. ſ. w. wuͤrden den Frauens-Leuten verbleiben.
Wenn aber dieſes auch geſchaͤhe, und der Tod darauf ſtuͤnde, daß man ſich in einer Kirche der Schoͤnen betreten ließe, ſo wuͤrde ich dennoch als ein zweyter Clodius handeln und mich verkleiden, um meine Portiam und Calpurniam zu finden, wenn gleich die eine des Cato Tochter, und die an- dere eine Gemahlin des Caͤſars waͤre.
Wie
(†)Boarding - Schools ſind bey den Englaͤndern Schu- len in den junge Leute nicht allein unterrichtet werden, ſondern auch in Haus und Koſt ſind. Dergleichen Schulen werden von Privat-Perſonen haͤufig errichtet, und zwar nicht allein fuͤr Knaben, ſondern auch fuͤr Jungfern: Doch (wie der Leſer vermuthen wird, ohne daß ich eine gelehrte Anmerckung mache) fuͤr jedes Ge- ſchlecht beſonders.
Dritter Theil. K
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0159"n="145"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><p>Es faͤllt mir ein: wuͤrde es nicht rathſam ſeyn,<lb/>
daß unſere Obrigkeit andere Kirchen fuͤr die<lb/>
Manns-Perſonen und wiederum andere fuͤr das<lb/>
Frauenzimmer verordnete? Sie wuͤrden zu Befoͤr-<lb/>
derung der wahren Froͤmmigkeit beyder Geſchlech-<lb/>
ter eben ſo nuͤtzlich ſeyn, als die abgeſonderten <noteplace="foot"n="(†)"><hirendition="#aq">Boarding - Schools</hi>ſind bey den Englaͤndern Schu-<lb/>
len in den junge Leute nicht allein unterrichtet werden,<lb/>ſondern auch in Haus und Koſt ſind. Dergleichen<lb/>
Schulen werden von Privat-Perſonen haͤufig errichtet,<lb/>
und zwar nicht allein fuͤr Knaben, ſondern auch fuͤr<lb/>
Jungfern: Doch (wie der Leſer vermuthen wird, ohne<lb/>
daß ich eine gelehrte Anmerckung mache) fuͤr jedes Ge-<lb/>ſchlecht beſonders.</note><lb/>
Koſt-Schulen zu ihrer Erziehung ſind. Jch<lb/>
ziehe ſie in dieſem Stuͤcke den Gegittern in der<lb/>
Synagoge noch vor.</p><lb/><p>Einige Kirchen ſind ſchon den heiligen Weibern<lb/>
gewidmet. Wir haben S. <hirendition="#fr">Swithins,</hi> S. <hirendition="#fr">Ste-<lb/>
phans,</hi> S. <hirendition="#fr">Thomas,</hi> und des Ritters St. <hirendition="#fr">Ge-<lb/>
orgens</hi> Kirche: in dieſe koͤnnten die Manns-<lb/>
Perſonen gehen. Die Kirche der H. <hirendition="#fr">Katharine,</hi><lb/>
der H. <hirendition="#fr">Anne,</hi> die <hirendition="#fr">zur lieben Frauen</hi> u. ſ. w.<lb/>
wuͤrden den Frauens-Leuten verbleiben.</p><lb/><p>Wenn aber dieſes auch geſchaͤhe, und der Tod<lb/>
darauf ſtuͤnde, daß man ſich in einer Kirche der<lb/>
Schoͤnen betreten ließe, ſo wuͤrde ich dennoch als<lb/>
ein zweyter <hirendition="#fr">Clodius</hi> handeln und mich verkleiden,<lb/>
um meine <hirendition="#fr">Portiam</hi> und <hirendition="#fr">Calpurniam</hi> zu finden,<lb/>
wenn gleich die eine des <hirendition="#fr">Cato</hi> Tochter, und die an-<lb/>
dere eine Gemahlin des <hirendition="#fr">Caͤſars</hi> waͤre.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Wie</fw><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#fr">Dritter Theil.</hi> K</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[145/0159]
Es faͤllt mir ein: wuͤrde es nicht rathſam ſeyn,
daß unſere Obrigkeit andere Kirchen fuͤr die
Manns-Perſonen und wiederum andere fuͤr das
Frauenzimmer verordnete? Sie wuͤrden zu Befoͤr-
derung der wahren Froͤmmigkeit beyder Geſchlech-
ter eben ſo nuͤtzlich ſeyn, als die abgeſonderten (†)
Koſt-Schulen zu ihrer Erziehung ſind. Jch
ziehe ſie in dieſem Stuͤcke den Gegittern in der
Synagoge noch vor.
Einige Kirchen ſind ſchon den heiligen Weibern
gewidmet. Wir haben S. Swithins, S. Ste-
phans, S. Thomas, und des Ritters St. Ge-
orgens Kirche: in dieſe koͤnnten die Manns-
Perſonen gehen. Die Kirche der H. Katharine,
der H. Anne, die zur lieben Frauen u. ſ. w.
wuͤrden den Frauens-Leuten verbleiben.
Wenn aber dieſes auch geſchaͤhe, und der Tod
darauf ſtuͤnde, daß man ſich in einer Kirche der
Schoͤnen betreten ließe, ſo wuͤrde ich dennoch als
ein zweyter Clodius handeln und mich verkleiden,
um meine Portiam und Calpurniam zu finden,
wenn gleich die eine des Cato Tochter, und die an-
dere eine Gemahlin des Caͤſars waͤre.
Wie
(†) Boarding - Schools ſind bey den Englaͤndern Schu-
len in den junge Leute nicht allein unterrichtet werden,
ſondern auch in Haus und Koſt ſind. Dergleichen
Schulen werden von Privat-Perſonen haͤufig errichtet,
und zwar nicht allein fuͤr Knaben, ſondern auch fuͤr
Jungfern: Doch (wie der Leſer vermuthen wird, ohne
daß ich eine gelehrte Anmerckung mache) fuͤr jedes Ge-
ſchlecht beſonders.
Dritter Theil. K
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/159>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.