Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749.

Bild:
<< vorherige Seite


(Auf die Weise bin ich dem arglistigen Men-
schen noch einen Danck schuldig. Jch hörete vol-
ler Verwunderung zu; und er fuhr in seiner Er-
zählung fort:)

Was den letzten Umstand anbetrift, der ihnen
so üble Gedancken von mir beygebracht hat, so be-
kenne ich ihnen frey, daß ich zum voraus befürch-
tete, sie möchten ihr Wort zurück nehmen, und
nicht mit mir davon gehen wollen. Weil ich nun
entschlossen war, alle mögliche Mittel und Ueberre-
dungen anzuwenden, und glaubte, daß mir dieses
Zeit kosten würde, so hatte ich ihm aufgetragen,
andere abzuhalten, die uns verstören könnten,
und sich nicht all zu weit von der Garten-Thür zu
entfernen. - -

Hier fiel ich ihm in die Rede, und fragte: al-
lein wie konnten sie befürchten, daß ich mein Wort
zurück nehmen möchte? Jch hatte zwar einen Brief
für sie hingelegt, indem dieses geschahe, allein sie
hatten den Brief nicht bekommen. Da ich mir
vorbehalten hatte, daß ich mein Wort zurückneh-
men dürfte, so konnten sie nicht wissen, ob ich
nicht bey meinen Freunden etwas ausrichten, und
aus hinlänglichen Ursachen mich anders entschliessen
könnte.

Jch will (antwortete er) sehr aufrichtig zu Wer-
cke gehen. Sie hatten mir die Hoffnung gemacht,
daß sie mir mündlich die Ursachen sagen wollten,
wenn sie sich anders entschliessen müßten. Jch ging
an den gewöhnlichen Ort, und ich sahe den Brief
liegen. Jch wußte, daß ihre Freunde unbeweg-

lich


(Auf die Weiſe bin ich dem argliſtigen Men-
ſchen noch einen Danck ſchuldig. Jch hoͤrete vol-
ler Verwunderung zu; und er fuhr in ſeiner Er-
zaͤhlung fort:)

Was den letzten Umſtand anbetrift, der ihnen
ſo uͤble Gedancken von mir beygebracht hat, ſo be-
kenne ich ihnen frey, daß ich zum voraus befuͤrch-
tete, ſie moͤchten ihr Wort zuruͤck nehmen, und
nicht mit mir davon gehen wollen. Weil ich nun
entſchloſſen war, alle moͤgliche Mittel und Ueberre-
dungen anzuwenden, und glaubte, daß mir dieſes
Zeit koſten wuͤrde, ſo hatte ich ihm aufgetragen,
andere abzuhalten, die uns verſtoͤren koͤnnten,
und ſich nicht all zu weit von der Garten-Thuͤr zu
entfernen. ‒ ‒

Hier fiel ich ihm in die Rede, und fragte: al-
lein wie konnten ſie befuͤrchten, daß ich mein Wort
zuruͤck nehmen moͤchte? Jch hatte zwar einen Brief
fuͤr ſie hingelegt, indem dieſes geſchahe, allein ſie
hatten den Brief nicht bekommen. Da ich mir
vorbehalten hatte, daß ich mein Wort zuruͤckneh-
men duͤrfte, ſo konnten ſie nicht wiſſen, ob ich
nicht bey meinen Freunden etwas ausrichten, und
aus hinlaͤnglichen Urſachen mich anders entſchlieſſen
koͤnnte.

Jch will (antwortete er) ſehr aufrichtig zu Wer-
cke gehen. Sie hatten mir die Hoffnung gemacht,
daß ſie mir muͤndlich die Urſachen ſagen wollten,
wenn ſie ſich anders entſchlieſſen muͤßten. Jch ging
an den gewoͤhnlichen Ort, und ich ſahe den Brief
liegen. Jch wußte, daß ihre Freunde unbeweg-

lich
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0210" n="196"/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>(Auf die Wei&#x017F;e bin ich dem argli&#x017F;tigen Men-<lb/>
&#x017F;chen noch einen Danck &#x017F;chuldig. Jch ho&#x0364;rete vol-<lb/>
ler Verwunderung zu; und er fuhr in &#x017F;einer Er-<lb/>
za&#x0364;hlung fort:)</p><lb/>
          <p>Was den letzten Um&#x017F;tand anbetrift, der ihnen<lb/>
&#x017F;o u&#x0364;ble Gedancken von mir beygebracht hat, &#x017F;o be-<lb/>
kenne ich ihnen frey, daß ich zum voraus befu&#x0364;rch-<lb/>
tete, &#x017F;ie mo&#x0364;chten ihr Wort zuru&#x0364;ck nehmen, und<lb/>
nicht mit mir davon gehen wollen. Weil ich nun<lb/>
ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en war, alle mo&#x0364;gliche Mittel und Ueberre-<lb/>
dungen anzuwenden, und glaubte, daß mir die&#x017F;es<lb/>
Zeit ko&#x017F;ten wu&#x0364;rde, &#x017F;o hatte ich ihm aufgetragen,<lb/>
andere abzuhalten, die uns ver&#x017F;to&#x0364;ren ko&#x0364;nnten,<lb/>
und &#x017F;ich nicht all zu weit von der Garten-Thu&#x0364;r zu<lb/>
entfernen. &#x2012; &#x2012;</p><lb/>
          <p>Hier fiel ich ihm in die Rede, und fragte: al-<lb/>
lein wie konnten &#x017F;ie befu&#x0364;rchten, daß ich mein Wort<lb/>
zuru&#x0364;ck nehmen mo&#x0364;chte? Jch hatte zwar einen Brief<lb/>
fu&#x0364;r &#x017F;ie hingelegt, indem die&#x017F;es ge&#x017F;chahe, allein &#x017F;ie<lb/>
hatten den Brief nicht bekommen. Da ich mir<lb/>
vorbehalten hatte, daß ich mein Wort zuru&#x0364;ckneh-<lb/>
men du&#x0364;rfte, &#x017F;o konnten &#x017F;ie nicht wi&#x017F;&#x017F;en, ob ich<lb/>
nicht bey meinen Freunden etwas ausrichten, und<lb/>
aus hinla&#x0364;nglichen Ur&#x017F;achen mich anders ent&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en<lb/>
ko&#x0364;nnte.</p><lb/>
          <p>Jch will (antwortete er) &#x017F;ehr aufrichtig zu Wer-<lb/>
cke gehen. Sie hatten mir die Hoffnung gemacht,<lb/>
daß &#x017F;ie mir mu&#x0364;ndlich die Ur&#x017F;achen &#x017F;agen wollten,<lb/>
wenn &#x017F;ie &#x017F;ich anders ent&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en mu&#x0364;ßten. Jch ging<lb/>
an den gewo&#x0364;hnlichen Ort, und ich &#x017F;ahe den Brief<lb/>
liegen. Jch wußte, daß ihre Freunde unbeweg-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">lich</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[196/0210] (Auf die Weiſe bin ich dem argliſtigen Men- ſchen noch einen Danck ſchuldig. Jch hoͤrete vol- ler Verwunderung zu; und er fuhr in ſeiner Er- zaͤhlung fort:) Was den letzten Umſtand anbetrift, der ihnen ſo uͤble Gedancken von mir beygebracht hat, ſo be- kenne ich ihnen frey, daß ich zum voraus befuͤrch- tete, ſie moͤchten ihr Wort zuruͤck nehmen, und nicht mit mir davon gehen wollen. Weil ich nun entſchloſſen war, alle moͤgliche Mittel und Ueberre- dungen anzuwenden, und glaubte, daß mir dieſes Zeit koſten wuͤrde, ſo hatte ich ihm aufgetragen, andere abzuhalten, die uns verſtoͤren koͤnnten, und ſich nicht all zu weit von der Garten-Thuͤr zu entfernen. ‒ ‒ Hier fiel ich ihm in die Rede, und fragte: al- lein wie konnten ſie befuͤrchten, daß ich mein Wort zuruͤck nehmen moͤchte? Jch hatte zwar einen Brief fuͤr ſie hingelegt, indem dieſes geſchahe, allein ſie hatten den Brief nicht bekommen. Da ich mir vorbehalten hatte, daß ich mein Wort zuruͤckneh- men duͤrfte, ſo konnten ſie nicht wiſſen, ob ich nicht bey meinen Freunden etwas ausrichten, und aus hinlaͤnglichen Urſachen mich anders entſchlieſſen koͤnnte. Jch will (antwortete er) ſehr aufrichtig zu Wer- cke gehen. Sie hatten mir die Hoffnung gemacht, daß ſie mir muͤndlich die Urſachen ſagen wollten, wenn ſie ſich anders entſchlieſſen muͤßten. Jch ging an den gewoͤhnlichen Ort, und ich ſahe den Brief liegen. Jch wußte, daß ihre Freunde unbeweg- lich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/210
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/210>, abgerufen am 22.12.2024.