"Lebzeiten ist keine Klage erhoben worden, weil sie es "selbst nicht zugeben wollte: sind das nicht artige "Umstände, wenn man auf Nothzucht klagen will? "Jch sage es nochmahls, ich hatte sie hertzlich lieb: "Jhre unmenschlichen Freunde nahmen sie mir "weg, als unsere Freude kaum angegangen war. "Doch genug von meiner lieben Jungfer Better- "ton. Die liebe Jungfer! der Todt macht sie mir "nur noch lieber. Gott gebe ihr eine sanfte Ruhe "in der Erde! Hier ging ein tiefer Seufzer nach "meiner guten Jungfer Betterton hin.
"Er ermahnt ihn er sollte nur frey schertzen - - "Das Schertzen schickt sich vor einen armen Mann "besser als wenn er Grillen im Kopf hat. Alles was "wir sagen, alles was wir thun, alles was wir "wünschen ist ein Schertz. Wer es nicht so nimmt "ist ein Narre, und quält sich selbst nur. Der ver- "dient selbst keine fröliche Stunde, wer armen Leu- "ten ihre Freude misgönnet.
Er lobt ihn wegen seiner Liebe zu seiner Fräu- lein: beruft sich darauf, daß er keine andere als ehrliche Absichten habe; rühmet sich, daß er sein Wort immer halte, und fragt den Joseph, ob dieses nicht wahr sey." Jhr wißt selbst, Joseph, "daß ich immer mehr gethan, als versprochen habe. "Dieses ist meine Art gegen jederman: das thue ich, "damit niemand mich vor einen Knicker halten mö- "ge. Ein ehrlicher Mann hält sein Wort: ein Ca- "valier aber thut noch mehr als er verspricht. Das "ist meine Regul.
Er
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„Lebzeiten iſt keine Klage erhoben worden, weil ſie es „ſelbſt nicht zugeben wollte: ſind das nicht artige „Umſtaͤnde, wenn man auf Nothzucht klagen will? „Jch ſage es nochmahls, ich hatte ſie hertzlich lieb: „Jhre unmenſchlichen Freunde nahmen ſie mir „weg, als unſere Freude kaum angegangen war. „Doch genug von meiner lieben Jungfer Better- „ton. Die liebe Jungfer! der Todt macht ſie mir „nur noch lieber. Gott gebe ihr eine ſanfte Ruhe „in der Erde! Hier ging ein tiefer Seufzer nach „meiner guten Jungfer Betterton hin.
„Er ermahnt ihn er ſollte nur frey ſchertzen ‒ ‒ „Das Schertzen ſchickt ſich vor einen armen Mann „beſſer als wenn er Grillen im Kopf hat. Alles was „wir ſagen, alles was wir thun, alles was wir „wuͤnſchen iſt ein Schertz. Wer es nicht ſo nimmt „iſt ein Narre, und quaͤlt ſich ſelbſt nur. Der ver- „dient ſelbſt keine froͤliche Stunde, wer armen Leu- „ten ihre Freude misgoͤnnet.
Er lobt ihn wegen ſeiner Liebe zu ſeiner Fraͤu- lein: beruft ſich darauf, daß er keine andere als ehrliche Abſichten habe; ruͤhmet ſich, daß er ſein Wort immer halte, und fragt den Joſeph, ob dieſes nicht wahr ſey.„ Jhr wißt ſelbſt, Joſeph, „daß ich immer mehr gethan, als verſprochen habe. „Dieſes iſt meine Art gegen jederman: das thue ich, „damit niemand mich vor einen Knicker halten moͤ- „ge. Ein ehrlicher Mann haͤlt ſein Wort: ein Ca- „valier aber thut noch mehr als er verſpricht. Das „iſt meine Regul.
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„Lebzeiten iſt keine Klage erhoben worden, weil ſie es
„ſelbſt nicht zugeben wollte: ſind das nicht artige
„Umſtaͤnde, wenn man auf Nothzucht klagen will?
„Jch ſage es nochmahls, ich hatte ſie hertzlich lieb:
„Jhre unmenſchlichen Freunde nahmen ſie mir
„weg, als unſere Freude kaum angegangen war.
„Doch genug von meiner lieben Jungfer Better-
„ton. Die liebe Jungfer! der Todt macht ſie mir
„nur noch lieber. Gott gebe ihr eine ſanfte Ruhe
„in der Erde! Hier ging ein tiefer Seufzer nach
„meiner guten Jungfer Betterton hin.
„Er ermahnt ihn er ſollte nur frey ſchertzen ‒ ‒
„Das Schertzen ſchickt ſich vor einen armen Mann
„beſſer als wenn er Grillen im Kopf hat. Alles was
„wir ſagen, alles was wir thun, alles was wir
„wuͤnſchen iſt ein Schertz. Wer es nicht ſo nimmt
„iſt ein Narre, und quaͤlt ſich ſelbſt nur. Der ver-
„dient ſelbſt keine froͤliche Stunde, wer armen Leu-
„ten ihre Freude misgoͤnnet.
Er lobt ihn wegen ſeiner Liebe zu ſeiner Fraͤu-
lein: beruft ſich darauf, daß er keine andere als
ehrliche Abſichten habe; ruͤhmet ſich, daß er ſein
Wort immer halte, und fragt den Joſeph, ob
dieſes nicht wahr ſey.„ Jhr wißt ſelbſt, Joſeph,
„daß ich immer mehr gethan, als verſprochen habe.
„Dieſes iſt meine Art gegen jederman: das thue ich,
„damit niemand mich vor einen Knicker halten moͤ-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 361. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/375>, abgerufen am 22.12.2024.
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