zimmer durch die Gestalt und durch die Munter- keit seines Verstandes blenden lassen, und ihn da- durch eiteler und eingebildeter machen: so müssen Sie sich zu frieden geben, bis graue Haare und Ver- stand zugleich wachsen. Sie können nicht bey ei- nem Manne alle gute Eigenschaft verlangen.
Jch glaube nicht, daß Herr Hickmann krumme Wege gehet, sondern er hincket nur auf die unan- genehmste Weise, wenn er ebene Wege vor sich hat. Weder Augen noch Ohr werden durch ihn ver- gnügt, aber auch nicht beleidiget. Jhr Lovelace wird, wie ich schon neulich gesagt habe, sein Frauen- zimmer stets wachsam und in Aufmerksamkeit er- halten: Sie werden nie einschlaffen, wenn Sie mit ihn zu thun haben, ob er sie gleich mehr durch Furcht als durch Freude wachend erhalten wird. Hick- mann hingegen wird nichts sagen, das einem auf eine angenehme Weise den Schlaff aus den Augen treibt, und nichts thun, das einem die Nächte un- ruhig macht.
Jch glaube, das ich nun errathen kann, wel- chen von diesen beyden Leuten ein so kluges Frauen- zimmer als Sie sind würde gewählt haben: und Sie werden auch errathen können, auf wen meine Wahl gefallen seyn würde. Allein wir mögen so hochmüthig seyn als wir wollen: so darf doch das hochmüthigste Frauenzimmer nichts weiter thun, als nein sagen: und wie manche müssen einen Freyer annehmen, der ihnen nur halb anständig ist, damit sich nicht ein noch schlechterer um sie melden möge.
Wenn
Dritter Theil. D d
zimmer durch die Geſtalt und durch die Munter- keit ſeines Verſtandes blenden laſſen, und ihn da- durch eiteler und eingebildeter machen: ſo muͤſſen Sie ſich zu frieden geben, bis graue Haare und Ver- ſtand zugleich wachſen. Sie koͤnnen nicht bey ei- nem Manne alle gute Eigenſchaft verlangen.
Jch glaube nicht, daß Herr Hickmann krumme Wege gehet, ſondern er hincket nur auf die unan- genehmſte Weiſe, wenn er ebene Wege vor ſich hat. Weder Augen noch Ohr werden durch ihn ver- gnuͤgt, aber auch nicht beleidiget. Jhr Lovelace wird, wie ich ſchon neulich geſagt habe, ſein Frauen- zimmer ſtets wachſam und in Aufmerkſamkeit er- halten: Sie werden nie einſchlaffen, wenn Sie mit ihn zu thun haben, ob er ſie gleich mehr durch Furcht als durch Freude wachend erhalten wird. Hick- mann hingegen wird nichts ſagen, das einem auf eine angenehme Weiſe den Schlaff aus den Augen treibt, und nichts thun, das einem die Naͤchte un- ruhig macht.
Jch glaube, das ich nun errathen kann, wel- chen von dieſen beyden Leuten ein ſo kluges Frauen- zimmer als Sie ſind wuͤrde gewaͤhlt haben: und Sie werden auch errathen koͤnnen, auf wen meine Wahl gefallen ſeyn wuͤrde. Allein wir moͤgen ſo hochmuͤthig ſeyn als wir wollen: ſo darf doch das hochmuͤthigſte Frauenzimmer nichts weiter thun, als nein ſagen: und wie manche muͤſſen einen Freyer annehmen, der ihnen nur halb anſtaͤndig iſt, damit ſich nicht ein noch ſchlechterer um ſie melden moͤge.
Wenn
Dritter Theil. D d
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zimmer durch die Geſtalt und durch die Munter-
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durch eiteler und eingebildeter machen: ſo muͤſſen
Sie ſich zu frieden geben, bis graue Haare und Ver-
ſtand zugleich wachſen. Sie koͤnnen nicht bey ei-
nem Manne alle gute Eigenſchaft verlangen.
Jch glaube nicht, daß Herr Hickmann krumme
Wege gehet, ſondern er hincket nur auf die unan-
genehmſte Weiſe, wenn er ebene Wege vor ſich hat.
Weder Augen noch Ohr werden durch ihn ver-
gnuͤgt, aber auch nicht beleidiget. Jhr Lovelace
wird, wie ich ſchon neulich geſagt habe, ſein Frauen-
zimmer ſtets wachſam und in Aufmerkſamkeit er-
halten: Sie werden nie einſchlaffen, wenn Sie mit
ihn zu thun haben, ob er ſie gleich mehr durch Furcht
als durch Freude wachend erhalten wird. Hick-
mann hingegen wird nichts ſagen, das einem auf
eine angenehme Weiſe den Schlaff aus den Augen
treibt, und nichts thun, das einem die Naͤchte un-
ruhig macht.
Jch glaube, das ich nun errathen kann, wel-
chen von dieſen beyden Leuten ein ſo kluges Frauen-
zimmer als Sie ſind wuͤrde gewaͤhlt haben: und
Sie werden auch errathen koͤnnen, auf wen meine
Wahl gefallen ſeyn wuͤrde. Allein wir moͤgen ſo
hochmuͤthig ſeyn als wir wollen: ſo darf doch das
hochmuͤthigſte Frauenzimmer nichts weiter thun, als
nein ſagen: und wie manche muͤſſen einen Freyer
annehmen, der ihnen nur halb anſtaͤndig iſt, damit
ſich nicht ein noch ſchlechterer um ſie melden moͤge.
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 417. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/431>, abgerufen am 22.12.2024.
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