Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749.

Bild:
<< vorherige Seite


Ziehet einen Schlüssel wieder aus dem Schlüs-
sel-Loche heraus und steckt ihn bey: an dessen Stel-
le aber steckt meinen, der vor der Thür liegen wird,
von innen in das Schloß, daß es scheinen möge,
als hätte sie selbst inwendig aufgemacht, und die
Thür offen gelassen. Sie werden wohl glauben,
daß ich ihr den Schlüssel hätte machen lassen, weil
er neu ist.

Jch wollte gern, daß die Jhrigen glauben
möchten, sie sey von freyen Stücken mit mir da-
von gegangen, damit es ihnen nicht in den Sinn
komme, uns zu verfolgen, oder zu versuchen, ob
sie sie nicht überreden können, wieder zurück zu
kommen. Jhr wißt, daß hieraus Unglück entste-
hen könnte.

Eins müßt ihr wohl mercken: Jhr sollt die
Thür nur in dem Fall aufschließen, wenn niemand
aus dem Hause uns zu früh über den Hals kommt
ehe wir gantz weg sind. Denn wenn dieses ge-
schehen sollte, so werdet ihr aus dem folgenden sehen,
daß ihr gar nicht aufschließen müßt. Sie mögen
in solchem Fall die Thür aufbrechen oder über die
Mauer steigen, und meinen Schlüssel vor der
Thür auf der Erde finden.

Wenn uns niemand zu früh überfällt, und ihr
herauskommt, so folget uns in der Ferne nach,
lauft mit aufgehabenen Händen und so ungebärdig
ihr könnt hin und wieder, als wenn ihr auf Hülfe
wartetet, damit ihr uns nicht so nahe kommt.
Ruft: Hülfe! Hülfe! Geschwind! Unterdes-
sen werden wir schon bey dem Wagen seyn.

Jn


Ziehet einen Schluͤſſel wieder aus dem Schluͤſ-
ſel-Loche heraus und ſteckt ihn bey: an deſſen Stel-
le aber ſteckt meinen, der vor der Thuͤr liegen wird,
von innen in das Schloß, daß es ſcheinen moͤge,
als haͤtte ſie ſelbſt inwendig aufgemacht, und die
Thuͤr offen gelaſſen. Sie werden wohl glauben,
daß ich ihr den Schluͤſſel haͤtte machen laſſen, weil
er neu iſt.

Jch wollte gern, daß die Jhrigen glauben
moͤchten, ſie ſey von freyen Stuͤcken mit mir da-
von gegangen, damit es ihnen nicht in den Sinn
komme, uns zu verfolgen, oder zu verſuchen, ob
ſie ſie nicht uͤberreden koͤnnen, wieder zuruͤck zu
kommen. Jhr wißt, daß hieraus Ungluͤck entſte-
hen koͤnnte.

Eins muͤßt ihr wohl mercken: Jhr ſollt die
Thuͤr nur in dem Fall aufſchließen, wenn niemand
aus dem Hauſe uns zu fruͤh uͤber den Hals kommt
ehe wir gantz weg ſind. Denn wenn dieſes ge-
ſchehen ſollte, ſo werdet ihr aus dem folgenden ſehen,
daß ihr gar nicht aufſchließen muͤßt. Sie moͤgen
in ſolchem Fall die Thuͤr aufbrechen oder uͤber die
Mauer ſteigen, und meinen Schluͤſſel vor der
Thuͤr auf der Erde finden.

Wenn uns niemand zu fruͤh uͤberfaͤllt, und ihr
herauskommt, ſo folget uns in der Ferne nach,
lauft mit aufgehabenen Haͤnden und ſo ungebaͤrdig
ihr koͤnnt hin und wieder, als wenn ihr auf Huͤlfe
wartetet, damit ihr uns nicht ſo nahe kommt.
Ruft: Huͤlfe! Huͤlfe! Geſchwind! Unterdeſ-
ſen werden wir ſchon bey dem Wagen ſeyn.

Jn
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0052" n="38"/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>Ziehet einen Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el wieder aus dem Schlu&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;el-Loche heraus und &#x017F;teckt ihn bey: an de&#x017F;&#x017F;en Stel-<lb/>
le aber &#x017F;teckt meinen, der vor der Thu&#x0364;r liegen wird,<lb/>
von innen in das Schloß, daß es &#x017F;cheinen mo&#x0364;ge,<lb/>
als ha&#x0364;tte &#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t inwendig aufgemacht, und die<lb/>
Thu&#x0364;r offen gela&#x017F;&#x017F;en. Sie werden wohl glauben,<lb/>
daß ich ihr den Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el ha&#x0364;tte machen la&#x017F;&#x017F;en, weil<lb/>
er neu i&#x017F;t.</p><lb/>
          <p>Jch wollte gern, daß die Jhrigen glauben<lb/>
mo&#x0364;chten, &#x017F;ie &#x017F;ey von freyen Stu&#x0364;cken mit mir da-<lb/>
von gegangen, damit es ihnen nicht in den Sinn<lb/>
komme, uns zu verfolgen, oder zu ver&#x017F;uchen, ob<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;ie nicht u&#x0364;berreden ko&#x0364;nnen, wieder zuru&#x0364;ck zu<lb/>
kommen. Jhr wißt, daß hieraus Unglu&#x0364;ck ent&#x017F;te-<lb/>
hen ko&#x0364;nnte.</p><lb/>
          <p>Eins mu&#x0364;ßt ihr wohl mercken: Jhr &#x017F;ollt die<lb/>
Thu&#x0364;r nur in dem Fall auf&#x017F;chließen, wenn niemand<lb/>
aus dem Hau&#x017F;e uns zu fru&#x0364;h u&#x0364;ber den Hals kommt<lb/>
ehe wir gantz weg &#x017F;ind. Denn wenn die&#x017F;es ge-<lb/>
&#x017F;chehen &#x017F;ollte, &#x017F;o werdet ihr aus dem folgenden &#x017F;ehen,<lb/>
daß ihr gar nicht auf&#x017F;chließen mu&#x0364;ßt. Sie mo&#x0364;gen<lb/>
in &#x017F;olchem Fall die Thu&#x0364;r aufbrechen oder u&#x0364;ber die<lb/>
Mauer &#x017F;teigen, und meinen Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el vor der<lb/>
Thu&#x0364;r auf der Erde finden.</p><lb/>
          <p>Wenn uns niemand zu fru&#x0364;h u&#x0364;berfa&#x0364;llt, und ihr<lb/>
herauskommt, &#x017F;o folget uns in der Ferne nach,<lb/>
lauft mit aufgehabenen Ha&#x0364;nden und &#x017F;o ungeba&#x0364;rdig<lb/>
ihr ko&#x0364;nnt hin und wieder, als wenn ihr auf Hu&#x0364;lfe<lb/>
wartetet, damit ihr uns nicht &#x017F;o nahe kommt.<lb/>
Ruft: <hi rendition="#fr">Hu&#x0364;lfe! Hu&#x0364;lfe! Ge&#x017F;chwind!</hi> Unterde&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en werden wir &#x017F;chon bey dem Wagen &#x017F;eyn.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Jn</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[38/0052] Ziehet einen Schluͤſſel wieder aus dem Schluͤſ- ſel-Loche heraus und ſteckt ihn bey: an deſſen Stel- le aber ſteckt meinen, der vor der Thuͤr liegen wird, von innen in das Schloß, daß es ſcheinen moͤge, als haͤtte ſie ſelbſt inwendig aufgemacht, und die Thuͤr offen gelaſſen. Sie werden wohl glauben, daß ich ihr den Schluͤſſel haͤtte machen laſſen, weil er neu iſt. Jch wollte gern, daß die Jhrigen glauben moͤchten, ſie ſey von freyen Stuͤcken mit mir da- von gegangen, damit es ihnen nicht in den Sinn komme, uns zu verfolgen, oder zu verſuchen, ob ſie ſie nicht uͤberreden koͤnnen, wieder zuruͤck zu kommen. Jhr wißt, daß hieraus Ungluͤck entſte- hen koͤnnte. Eins muͤßt ihr wohl mercken: Jhr ſollt die Thuͤr nur in dem Fall aufſchließen, wenn niemand aus dem Hauſe uns zu fruͤh uͤber den Hals kommt ehe wir gantz weg ſind. Denn wenn dieſes ge- ſchehen ſollte, ſo werdet ihr aus dem folgenden ſehen, daß ihr gar nicht aufſchließen muͤßt. Sie moͤgen in ſolchem Fall die Thuͤr aufbrechen oder uͤber die Mauer ſteigen, und meinen Schluͤſſel vor der Thuͤr auf der Erde finden. Wenn uns niemand zu fruͤh uͤberfaͤllt, und ihr herauskommt, ſo folget uns in der Ferne nach, lauft mit aufgehabenen Haͤnden und ſo ungebaͤrdig ihr koͤnnt hin und wieder, als wenn ihr auf Huͤlfe wartetet, damit ihr uns nicht ſo nahe kommt. Ruft: Huͤlfe! Huͤlfe! Geſchwind! Unterdeſ- ſen werden wir ſchon bey dem Wagen ſeyn. Jn

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/52
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/52>, abgerufen am 22.12.2024.