[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749.chens insgesamt, und ich unter andern, der ich da- mals noch Batzebube war, glaubten auch festi- glich, daß sein Scherz sehr empfindlich sey! Heyrathen! - - O wer wollte das um der ganzen Welt willen thun? Welcher verständige Mann könnte sich eine Frau nehmen, die so herrschsüchtig und so kostbar zu erhalten seyn würde? Er würde das nicht ertragen können, daß ein Frauenzimmer von gleichem Stande, und vielleicht von größern Vorzügen und Verstande, sich berechtiget hielte, das Vermögen, zu dem sie ihre Mitgift gebracht hätte, als ein gemeinschaftliches Vermögen anzu- sehen. Nachdem er zwey bis drey Jahr mit diesen hatte,
chens insgeſamt, und ich unter andern, der ich da- mals noch Batzebube war, glaubten auch feſti- glich, daß ſein Scherz ſehr empfindlich ſey! Heyrathen! ‒ ‒ O wer wollte das um der ganzen Welt willen thun? Welcher verſtaͤndige Mann koͤnnte ſich eine Frau nehmen, die ſo herrſchſuͤchtig und ſo koſtbar zu erhalten ſeyn wuͤrde? Er wuͤrde das nicht ertragen koͤnnen, daß ein Frauenzimmer von gleichem Stande, und vielleicht von groͤßern Vorzuͤgen und Verſtande, ſich berechtiget hielte, das Vermoͤgen, zu dem ſie ihre Mitgift gebracht haͤtte, als ein gemeinſchaftliches Vermoͤgen anzu- ſehen. Nachdem er zwey bis drey Jahr mit dieſen hatte,
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0146" n="140"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> chens insgeſamt, und ich unter andern, der ich da-<lb/> mals noch Batzebube war, glaubten auch feſti-<lb/> glich, daß ſein Scherz ſehr empfindlich ſey!<lb/><hi rendition="#fr">Heyrathen!</hi> ‒ ‒ O wer wollte das um der ganzen<lb/> Welt willen thun? Welcher verſtaͤndige Mann<lb/> koͤnnte ſich eine Frau nehmen, die ſo herrſchſuͤchtig<lb/> und ſo koſtbar zu erhalten ſeyn wuͤrde? Er wuͤrde<lb/> das nicht ertragen koͤnnen, daß ein Frauenzimmer<lb/> von gleichem Stande, und vielleicht von groͤßern<lb/> Vorzuͤgen und Verſtande, ſich berechtiget hielte,<lb/> das Vermoͤgen, zu dem ſie ihre Mitgift gebracht<lb/> haͤtte, als ein gemeinſchaftliches Vermoͤgen anzu-<lb/> ſehen.</p><lb/> <p>Nachdem er zwey bis drey Jahr mit dieſen<lb/> Gedanken in London herumgeſchwaͤrmet hatte,<lb/> (in welcher gantzen Zeit niemand eine ſo gute Mei-<lb/> nung von ihm hegete, als er ſelbſt) vergaffte er ſich<lb/> in eines Fechtmeiſters Tochter, und ward ſeiner<lb/> Sache mit ihr eins. Er miethet fuͤr ſie ein paar<lb/> Stuben in <hi rendition="#fr">Hackney;</hi> beſucht ſie heimlich und wie<lb/> ein Dieb der eben ſtehlen will: denn beyde waren<lb/> noch ſehr beſorgt fuͤr ihre Ehre, die in der That<lb/> ſehr geringe war, die ſie aber dennoch nicht ganz<lb/> verlieren wollten: denn liederliche Leute von bey-<lb/> den Geſchlechtern pflegen die letzten zu ſeyn, die<lb/> das allgemeine Urtheil der Welt uͤber ſich billigen.<lb/> Er bekam und gab keinen Beſuch. Er erfuhr<lb/> alles Ungemach eines Diebes, oder eines der von<lb/> ſeinen Schuldleuten geplaget wird, und ſich nicht<lb/> unterſtehet, aus dem Hauſe zu gehen. Das Leben<lb/> waͤhrete 12. Jahr. Ob er gleich ſchoͤne Guͤter<lb/> <fw place="bottom" type="catch">hatte,</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [140/0146]
chens insgeſamt, und ich unter andern, der ich da-
mals noch Batzebube war, glaubten auch feſti-
glich, daß ſein Scherz ſehr empfindlich ſey!
Heyrathen! ‒ ‒ O wer wollte das um der ganzen
Welt willen thun? Welcher verſtaͤndige Mann
koͤnnte ſich eine Frau nehmen, die ſo herrſchſuͤchtig
und ſo koſtbar zu erhalten ſeyn wuͤrde? Er wuͤrde
das nicht ertragen koͤnnen, daß ein Frauenzimmer
von gleichem Stande, und vielleicht von groͤßern
Vorzuͤgen und Verſtande, ſich berechtiget hielte,
das Vermoͤgen, zu dem ſie ihre Mitgift gebracht
haͤtte, als ein gemeinſchaftliches Vermoͤgen anzu-
ſehen.
Nachdem er zwey bis drey Jahr mit dieſen
Gedanken in London herumgeſchwaͤrmet hatte,
(in welcher gantzen Zeit niemand eine ſo gute Mei-
nung von ihm hegete, als er ſelbſt) vergaffte er ſich
in eines Fechtmeiſters Tochter, und ward ſeiner
Sache mit ihr eins. Er miethet fuͤr ſie ein paar
Stuben in Hackney; beſucht ſie heimlich und wie
ein Dieb der eben ſtehlen will: denn beyde waren
noch ſehr beſorgt fuͤr ihre Ehre, die in der That
ſehr geringe war, die ſie aber dennoch nicht ganz
verlieren wollten: denn liederliche Leute von bey-
den Geſchlechtern pflegen die letzten zu ſeyn, die
das allgemeine Urtheil der Welt uͤber ſich billigen.
Er bekam und gab keinen Beſuch. Er erfuhr
alles Ungemach eines Diebes, oder eines der von
ſeinen Schuldleuten geplaget wird, und ſich nicht
unterſtehet, aus dem Hauſe zu gehen. Das Leben
waͤhrete 12. Jahr. Ob er gleich ſchoͤne Guͤter
hatte,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |